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Nicht integrierbar, so heißt es bisweilen, wenn hierzulande über Flüchtlinge gestritten wird – über Eigenes und Fremdes, Leitkultur und Multikulti. Als Beleg gilt der pauschale Hinweis auf die Herkunft der meisten Zuwanderer aus muslimischen Ländern mit patriarchalischer Gesellschaftsordnung. Während die Integration auf dem Bildungs- und Arbeitsmarkt statistisch messbar vorangeht, sind Fragen von kultureller Integration und Integrierbarkeit weitaus schwieriger zu fassen. Eine Studie u. a. der Robert-Bosch-Stiftung nähert sich diesem schwierigen Unterfangen, indem sie Geflüchtete selbst befragt.
Was ist diesen Menschen von den Wertvorstellungen in ihrer neuen Umgebung vertraut, was ungewöhnlich oder fremd? Wie gehen sie damit um und welche Konsequenzen sollte die Mehrheitsgesellschaft daraus zu ziehen? Darum geht es in der gemeinsamen Untersuchung der Robert-Bosch-Stiftung und des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). Zugrunde liegt das SVR-Integrationsbarometer 2018, das 369 Flüchtlinge befragte, die seit 2014 eingereist sind und Asyl beantragt haben. Die Gruppe sei nicht repräsentativ für alle Asylsuchenden in Deutschland, spiegele aber die wichtigsten Herkunftsländer wider, darunter Afghanistan, Syrien, Irak, Iran und Eritrea, erklärt Studienautor Timo Tonassi
Das Wichtigste vorweg: Ein beträchtlicher Anteil der Geflüchteten nimmt deutliche Unterschiede bei vorherrschen kulturellen Werten in ihren Herkunftsländern und Deutschland wahr. Mit einigen können sie gut umgehen, mit anderen tun sie sich schwer. Im Einzelnen:
Zwar sähen Flüchtlinge bei den Rechts- und Verhaltensnormen hierzulande und in ihrem jeweiligen Herkunftsland teils beträchtliche Unterschiede. So enthielten Themen wie Gleichberechtigung der Geschlechter und Homosexualität durchaus Konfliktpotenzial. Allerdings nähmen die Befragten Deutschland überwiegend als liberal, demokratisch und rechtsstaatlich wahr und seien mehrheitlich zuversichtlich, sich hierzulande einfinden zu können, fasst die Studie zusammen. „Eine Unfähigkeit oder fehlende Bereitschaft, sich auf kulturelle Unterschiede einzustellen, kann aus dem Antwortverhalten der Befragten nicht abgeleitet werden.“
Soweit es um gezielte Integrationsmaßnahmen gehe, argumentiert der Autor, müsse noch stärker auf Aspekte der sexuellen Orientierung und der emotionalen Bedeutung der Familie eingegangen werden. Allerdings dürfe nicht überschätzt werden, inwieweit Flüchtlinge durch Kurse und Info-Materialien wirklich beeinflusst werden könnten. Kulturelle Integration sei nunmal ein zivilgesellschaftliches Unterfangen auf Augenhöhe. Sie lebe insbesondere durch alltagsnahe Projekte und Begegnungsräume in Kindergärten, Schulen und Nachbarschaft. Außerdem sollten Potenziale, die die Geflüchteten aus ihrer Heimat mitbringen, gezielter genutzt werden. So könne die hohe Wertschätzung für Familie und Alter stärker genutzt werden, um Geflüchtete für die Arbeit in Pflegeberufen zu gewinnen.
Timo Tonassi, Andere Länder, andere Sitten? Welche kulturellen Unterschiede Flüchtlinge wahrnehmen – und wie sie damit umgehen. Hgg. Robert-Bosch-Stiftung und Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration, (SVR), Policy Brief des SVR-Forschungsbereichs 2/2019, Berlin, 30 Seiten, Download
So blicken Flüchtlinge auf die Gesellschaft. Interview mit Migrationsforscher Timo Tonassi, Spiegel online vom 20.9.2019
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