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Demenz-WGs, Wohnangebote für pflegebedürftige Migranten, Paar-Wohnen – das Angebot an neuen Wohnformen für pflegebedürftige Menschen wird immer bunter. 53 zukunftsweisende Wohnprojekte wurden kürzlich von der Prognos AG und dem Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) im Auftrag des GKV-Spitzenverbands untersucht und wissenschaftlich ausgewertet. Das Bundesgesundheitsministerium hat diese Bestandaufnahme mit zehn Millionen Euro unterstützt. Erstes Fazit: Die Projekte berücksichtigen das Alter und die Bedürfnisse von Pflegebedürftigen gezielter, sind nutzerorientiert und stärken die Selbstbestimmung. Optimierungsbedarf besteht bei der Finanzierung: Projektträger kritisieren beispielsweise die uneinheitliche Bewilligungspraxis der Pflegekassen und Sozialhilfeträger.
Wie vielfältig das Angebot ist, zeigt eine kleine Auswahl aus den 53 Wohnprojekten:
Im Rahmen des Modellprogramms wurde untersucht, wie die einzelnen Projekte die Nutzerinteressen berücksichtigen und wie es um ihre Wirtschaftlichkeit, Qualität und Nachhaltigkeit steht. Von den befragten Bewohnern/Nutzern der ambulanten Wohnangebote sind rund 75 Prozent weiblich, 53 Prozent 80 Jahre und älter, 29 Prozent haben einen Migrationshintergrund. Befragt wurden neben den Nutzern auch ihre Angehörigen sowie die Projektträger. Dabei stellte sich heraus, dass ambulante Wohnformen teuer sind: Im Vergleich mit stationärer Pflege und professioneller ambulanter Pflege weisen sie die höchsten Kosten auf – was vor allem am höheren Personalschlüssel liegt. So kommen bei ambulanten Wohnformen 1,19 Bewohner auf eine Vollzeitstelle, in der stationären Pflege sind es 1,49, in der ambulanten Pflege 2,9 Bewohner.
Die durchschnittlichen Kosten pro Bewohner und Jahr beziffern die Träger mit rund 32.000 Euro für das Personal, 5.660 Euro für Räume/Gebäude und 4.500 Euro für Sonstiges. Die höheren Kosten werden zum größten Teil über Leistungen der Häuslichen Krankenpflege finanziert. Die Projektträger (68 % freigemeinnützig, 27 % privatgewerblich) kommen laut Studie überwiegend auf ein ausgeglichenes oder positives betriebswirtschaftliches Ergebnis. War das Ergebnis negativ, lag dies meist an der mangelnden Auslastung der Wohnangebote.
Was die Qualität alternativer Wohnformen betrifft, entsprechen die Projekte im hohen Maß den Bedürfnissen der Bewohner. Diese schätzen die hohe Versorgungssicherheit und die vielen Möglichkeiten der Selbstbestimmung – wünschen sich jedoch noch mehr Kontakte und soziale Einbindung. Auch hätten sie gerne mehr Mitspracherecht bei der Auswahl von Mitbewohnern und Personal. Angehörige fühlen sich in vielen Bereichen – beispielsweise der Pflege – sehr gut unterstützt. Sie sind jedoch verantwortlich in die Betreuung eingebunden, was rund ein Drittel als belastend empfindet.
Bei der Abfrage der Zufriedenheit ist die Wahrnehmung der Nutzer und der Angehörigen unterschiedlich: Letztere sehen die Angebote meist kritischer, zum Beispiel, was die Qualität der sozialen Einbindung, der Alltagshilfen oder der Pflege betrifft. So finden rund 86 Prozent der Nutzer, dass das Pflegepersonal genügend Zeit für sie hat, die Angehörigen sind nur zu 75 Prozent dieser Meinung.
Insgesamt rechnen die meisten der 53 untersuchten Projekte mit einem Fortbestand ihres Angebotes – auch wenn vielfach die uneinheitliche Bewilligungspraxis der Leistungsträger und das Fehlen von geeignetem Betreuungspersonal bemängelt werden. Um gute Voraussetzungen für die Verstetigung der Projekte oder neue Angebote zu schaffen, empfehlen die Studienautoren daher folgende Maßnahmen:
Für die praktische Umsetzung wird das KDA bis Frühjahr 2019 eine Arbeitshilfe auf Grundlage vorliegender Ergebnisse erstellen.
Modellprogramm zur Weiterentwicklung neuer Wohnformen nach
§ 45f SGB XI. Konzeptionelle Grundlagen und methodische Vorgehensweise der wissenschaftlichen Begleitung. KDA und Prognos AG im Auftrag des GKV-Spitzenverbands, Freiburg, Köln 2018, 114 Seiten, Download
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