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Wenn sich Eltern trennen, trifft es die Kinder oft am härtesten. Die familiäre Gemeinsamkeit zerbricht, eine vertrauensvolle Bindung an beide Elternteile ist gefährdet. Trennungseltern sorgen sich vor allem darum, bei wem ihre Kinder künftig leben und nach welchem Modus sie sich um deren Erziehung kümmern. Meistens teilen sich beide das Sorgerecht, die Kinder leben aber vorwiegend bei einem Elternteil, meist der Mutter („Residenzmodell“). Mittlerweile entscheiden sich immer mehr Trennungseltern für das Wechsel- oder Paritätsmodell. Dabei wohnt der Nachwuchs möglichst ausgewogen bei Mutter und Vater.
Darin wird der Wandel im Verständnis von Kindeswohl und partnerschaftlicher Erziehungspraxis deutlich: Die Trennungseltern möchten den Nachwuchs gemeinsam großziehen. Der Titel eines Ratgeberbuchs zum Thema bringt es auf den Punkt: „Als Paar getrennt, als Eltern zusammen“.* Immerhin ein Viertel der Mütter und Väter mit minderjährigen Kindern sind Trennungseltern – Alleinerziehende sowie Elternteile in neuen Partnerschaften.
Im Juli stellte die neue Bundesfamilienministerin Dr. Katarina Barley im Rahmen des hauseigenen Expertengesprächs „Gemeinsam getrennt erziehen“ erste Ergebnisse einer Befragung von Trennungseltern vor. Die Studie untersucht, inwieweit Kinder hierzulande nach der Trennung von den früheren Partnern gemeinsam erzogen werden und welche Chancen dieses Modell hat. Die Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach ergibt zusammengefasst folgendes Bild:
Wie sieht die Betreuungsrealität nach der Trennung tatsächlich aus? Auch dazu liefert die Studie nützliche Anhaltspunkte:
51 Prozent der Trennungseltern wünscht sich eine paritätische Aufteilung der Kinderbetreuung zwischen beiden Ex-Partnern. 48 Prozent der Trennungsväter befürworten eine Vergrößerung, 42 Prozent der -mütter eine Verringerung des eigenen Anteils. „Diese Wünsche entsprechen tendenziell den Idealvorstellungen der Gesamtbevölkerung“, ermittelte die Studie.
15 Prozent der getrennten Paare betreuen ihren Nachwuchs gemeinsam (s.o.), weitere 17 Prozent sind für diese Variante aufgeschlossen. Entscheidende Motive für die partnerschaftlich geteilte Versorgung sind das Kindeswohl und die Bereitschaft, dem anderen Elternteil sowohl einen fairen Anteil an der Erziehung der Kinder als auch an der Ausübung des eigenen Berufs zuzugestehen. Mehr als 90 Prozent der partnerschaftlich erziehenden Elternteile äußern sich positiv über dieses Modell (s.o.).
52 Prozent der Trennungseltern schließen das Modell der gemeinsamen Betreuung für sich aus, 16 Prozent sind unentschieden. Ausschlaggebend für eine ablehnende Haltung sind die Befürchtung von hohem Organisationsaufwand (37 %), von Nachteilen für das Kind infolge des häufigen Wechsels zwischen Mutter und Vater (38 %) sowie eine große Entfernung zwischen den elterlichen Wohnungen (35 %).
Generell sehen die Betroffenen ihre Leistungen vom Staat nicht hinreichend gewürdigt. Viele (64 %) wünschen sich Abhilfe, lediglich 17 Prozent sehen sich ausreichend gefördert. Auf dem Wunschzettel stehen finanzielle Unterstützung (68 %), stärkere steuerliche Berücksichtigung von Kosten im Zusammenhang mit der getrennten Erziehung (60 %), psychologische Betreuung für Trennungskinder (41 %) und Beratung für Eltern (40 %). Mütter brennt die bevorzugte Zuteilung von Betreuungsplätzen (50 %) auf den Nägeln, Väter erwarten vor eher bessere rechtliche Bedingungen für gemeinsam erziehende Trennungseltern, auch im Unterhaltsrecht.
Die Familie ist nach einer Trennung nicht einfach zu Ende, sie erfährt eine neue Daseinsform. Dabei gewinnen partnerschaftliche Betreuungsverhältnisse an Zuspruch. Vor allem Väter wollen sich mehr beteiligen. Allerdings basiert das dazu passende Wechselmodell auf speziellen Voraussetzungen. Wer nach der Trennung aus der gemeinsamen Wohnung auszieht, muss bei der Auswahl des neuen Domizils auch die Bedürfnisse des Nachwuchses einkalkulieren – und sich leisten können. Viele Väter hingegen ziehen bei der neuen Partnerin ein. Neue und alte Wohnung sollten nahe beieinander liegen sowie Schule und Freundeskreis des Kindes berücksichtigen. Trotz Trennung vom Ex-Partner ist eine gehörige Portion Einvernehmen gefragt.
*Joes Willems / Brigit Appeldoorn / Maaike Goyens: Als Paar getrennt, als Eltern zusammen. Wie eine gemeinsame Erziehung nach der Trennung gelingt,
Patmos, 2015, 239 Seiten, 18,99 Euro.
Gemeinsam getrennt erziehen. Kernergebnisse einer Befragung von Trennungseltern, Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Bundesministeriums für Familien, Frauen, Senioren (BMFSFJ), 30 Seiten.
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