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Freunde per Mail kontaktieren, mit den Kindern und Enkeln skypen, den Urlaubsort vorab schon mal im Internet besuchen: Viele ältere Menschen erleben digitale Medien als Gewinn. Zugleich fremdeln sie gegenüber Smartphone, Tablet & Co., sind zögerlich und abwehrend. Damit bleiben Senioren häufig unter den Möglichkeiten, von diesen Errungenschaften zu profitieren. Das muss nicht sein, stellt eine neue Studie der Stiftung Digitale Chancen und Telefónica Deutschland fest, die den Umgang von Senioren mit dem Internet untersucht. Sie fordert gezielte Unterstützung für ältere Menschen, die ihnen Schwellenangst und Unsicherheit nimmt und die digitale Alterslücke in der Gesellschaft verringert.
Die Studie geht über einfache Befragungen hinaus und gründet sich auf konkrete Alltagserfahrungen der Senioren mit einem Tablet. 300 Altenheim-Bewohner in Berlin, Hamburg, Düsseldorf und München hatten Gelegenheit, acht Wochen lang kostenlos einen Tablet-PC mit mobilem Internetzugang zu nutzen. Die Erkenntnisse aus diesem Test ergeben zusammen mit persönlichen Interviews, Informationen zur Lebenssituation und moderierten Seniorendialogen ein detailliertes Bild zur Internetnutzung der Studienteilnehmer.
Mit der Familie, Freunden und Bekannten in Kontakt zu bleiben, sehen die Befragten als große Chance des Internets – 72 Prozent senden und empfangen E-Mails. Gleich danach folgt die Nutzung zugunsten von Mobilität und Unterhaltung: Fahrpläne oder Fahrzeiten von öffentlichen Verkehrsmitteln abrufen (66 %), Navigation (z. B. Google Maps; 53 %), Spielen (48 %) und Informationen zu Reisen und Unterkünften (46 %).
Für Social-Media-Dienste dagegen können sich Ältere weitaus seltener erwärmen. Nur 28 Prozent der Befragten nutzen WhatsApp, nur jeweils 13 Prozent tummeln sich in Sozialen Netzwerken wie Facebook oder nutzen Videotelefonie. Die Studie sieht daher einen „digitalen Graben zwischen Jung und Alt“: Nahezu alle 14- bis 19-Jährigen nutzen WhatsApp (lt. Digital-Indx 2016).
Nicht überraschend, aber wichtig für jede Strategie digitaler Inklusion ist die Abhängigkeit des Nutzerverhaltens von der persönlichen Lebenssituation, verdeutlicht die Studie. So führt etwa die Ausübung von Ehrenamt, Vereinstätigkeit und Hobbys zu merklicher Zunahme digitaler Kommunikation. Interessant ist auch die Familiensituation: Senioren, die Kinder und Enkel haben – also Angehörige im „Social Media-Alter“ – nutzen signifikant häufiger WhatsApp und Skype als Senioren ohne Kinder (41 vs. 27 %).
Wenn es um Kontaktpflege und Mobilität geht, zeigt die Befragung eine hohe Übereinstimmung zwischen dem, was sich die Senioren vom Internet erhoffen und ihrer tatsächlichen Nutzung. Anders ist es bei der Möglichkeit, sich durch das Internet Lauferei zu ersparen: Zwar sehen die Senioren diese Chance, halten sich bei Online-Shopping und -Banking zurück. Warum? Sie scheuen die Eingabe persönlicher Daten und finanzieller Online-Transaktionen, haben Sicherheitsbedenken und empfinden das Einrichten eines Benutzerkontos als beschwerlich, besagt die Studie.
Insgesamt zeigt sich: Digitale Medien unterstützen Senioren darin, länger aktiv, mobil und selbstständig zu bleiben. Um Älteren auf ihrem Weg ins Internet zu unterstützen, kommt es darauf an, Hemmungen, Sorgen und Unkenntnis durch spezielle Angebote für diese Nutzergruppe abzubauen. Analog zum Projekt „Schulen ans Netz“, das Schulen mit Internetanschlüssen und Computern ausstattet, könnte auch eine noch zu gründende Initiative „Senioren ans Netz“ für mehr Medienkompetenz sorgen. Weiterhin schlägt die Studie vor, mit Blick auf die Altersarmut Tablet-PCs innerhalb der Pflegeversicherung als technische Hilfsmittel zu finanzieren. Nutzerfreundliche PC-Features fördern Selbstvertrauen und Freude im Umgang mit digitalen Geräten; Computerclubs und Verbraucherzentralen könnten Training und Beratung anbieten.
Ältere Menschen können kaum Neues lernen, behauptet ein häufiges Vorurteil. Die Alternsforschung hält dagegen: Sie müssen es sich nur zutrauen! Hier liege die Schwierigkeit für Senioren im Vergleich zu jungen Menschen, sagte der Neurologe Dr. Magnus Heier auf einer Expertendiskussion anlässlich der Veröffentlichung der Studie. Ein Recht auf Verzicht auf das Internet stellte Heier in Frage. „Internetfreiheit ist in unserem Zeitalter so bedauerlich wie Analphabetismus.“ In Zeiten, in denen auf dem Land viele Arztpraxen schließen, müsse die Gesellschaft die digitalen Möglichkeiten der Telemedizin nutzen und Senioren dafür befähigen. „Im Grunde ist das Tablet der natürlichste Verbündete älterer Menschen, um der sozialen Isolation zu entkommen.“
Digital mobil im Alter. So nutzen Senioren das Internet. Zentrale Befunde einer Studie, herausgegeben von der Telefónica Deutschland Holding, Juli 2017, 51 Seiten.
Einen vertiefenden Einblick in die Studie liefert die Publikation „Nutzung und Nutzen des Internets im Alter. Empirische Befunde zur Alterslücke und Empfehlungen für eine inklusive Digitalisierungspolitik“, die für Herbst 2017 im Vistas-Verlag angekündigt ist.
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