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Die Bürgerstiftung der Elbmetropole Hamburg sammelte im vergangenen Jahr mit drei Millionen Euro die bundesweit höchste Fördersumme für lokale Projekte ein. Doch Größe ist nicht alles: Ein Dorf schaffte es ebenfalls auf einen Spitzenplatz unter den erfolgreichsten Bürgerstiftungen. In der 1200-Seelen-Kommune Nindorf in Dithmarschen zahlen alle Bürger*innen im Durchschnitt jeweils 15 Euro in die örtliche Bürgerstiftung ein. Wer nach Gemeinsinn sucht, findet im Report Bürgerstiftungen 2021 der Stiftung Aktive Bürgerschaft reichlich Anschauungsmaterial. Die 420 Bürgerstiftungen hierzulande sammeln stetig mehr Geld ein – trotz Corona, Niedrigzinsen und gesellschaftlicher Polarisierung.
Ein anschauliches Beispiel für gemeinwohlorientiertes Wirken gibt die Bürgerstiftung Salzland-Region Schönebeck. Die Kleinstadt südlich von Magdeburg altert und schrumpft rapide. Als Antwort darauf gründete die Stiftung schon 2013 ein Demenznetzwerk als zentrale Anlaufstelle in der Region. Als nächstes kam ein Demenz-Servicezentrum mit Tagespflege und 18 Wohnungen dazu. Die Stiftung steuerte 76.000 Euro bei und konnte mit dem Pflegeanbieter Humanas und der Städtischen Wohnungsbau GmbH zwei starke Partner einbinden. Der angrenzende Lebensgarten Schönegarten steht allen Bürgern offen und ist mit seinen Hochbeeten auf die Bedürfnisse von Menschen mit Einschränkungen ausgerichtet. Aktuell steht die Einrichtung eines Bauerngartens mit Schafhaltung an. Immer wieder auftretende Hürden geht Stiftungsvorsitzende Britta Duschek gelassen an: „Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden“, sagt sie. Am wichtigsten ist ihr, Menschen mitzunehmen.
Bürgerstiftungen arbeiten vor Ort oder in der Region mit einem breit gefächerten Förderprofil. Der Löwenanteil dieses Stiftungstyps entfällt bundesweit auf die Bereiche Bildung und Erziehung (47 %), Kunst und Kultur (17 %) und Soziales (15 %). Die Stiftungen verstehen sich als Mitmach-Initiativen, in denen sich jedermann mit Geld, Hilfe und Ideen einbringen kann. Bundesweit 27.000 Ehrenamtliche sind in den Stiftungsprojekten und -gremien engagiert, mehr als 30.000 Bürger*innen und Unternehmen fungieren als Stifter. Einigendes Band aller 420 Initiativen sind die satzungsgemäß verankerten „10 Merkmale einer Bürgerstiftung“ des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. Leitmotiv: Bürger stehen für Bürger ein.
Das Stiftungskapital aller 420 Bürgerstiftungen beträgt zusammen 503 Mio. Euro. Seit den Anfängen der Bürgerstiftungen vor 25 Jahren (mit Gütersloh und Hannover) wurden Spenden von insgesamt 173 Mio. Euro eingenommen und gemeinnützige Projekte mit 210 Mio. Euro gefördert. Jonas Rugenstein, Programm-Manager bei der Stiftung Aktive Bürgerschaft, begründet die positive Entwicklung gegenüber Trendinfo: „Bürgerstiftungen haben sich das Vertrauen der Menschen durch ihre verlässliche und kontinuierliche Arbeit vor Ort erarbeitet. Die Krisenfestigkeit lässt sich auch dadurch begründen, dass Bürgerstiftungen von Vielen getragen werden und eben nicht nur von einem großen Spender abhängig sind.“
Wachstumstreiber sind jene Bürgerstiftungen, die Stiftungsfonds und Treuhandstiftungen anbieten – aktuell gibt es 867 dieser Finanzvehikel mit einem Gesamtkapital von 245 Mio. Euro. 94 Prozent aller jährlichen Zustiftungen fließen an Bürgerstiftungen. „Viele Menschen möchten gern etwas Bleibendes hinterlassen und ihre Herzensanliegen dauerhaft fördern. Stiftungsfonds und Treuhandstiftungen bieten ihnen die Möglichkeit, die Zustiftung mit dem eigenen Namen und bestimmten Zwecken zu verbinden“, sagt Bernadette Hellmann, stellvertretende Geschäftsführerin Stiftung Aktive Bürgerschaft. Bei der langfristigen Geldanlage bleibt das Vermögen erhalten, nur mit den Erträgen wird gearbeitet, und zwar vor Ort. Im Gegensatz dazu fließen Spenden vollständig in laufende Projekte.
Bürgerstiftungen zeigen in akuten Notsituationen rasch und zielgenau Flagge. So kamen seit Pandemiebeginn 80 Prozent der Stiftungen mit Hilfsangeboten auf die Bürger*innen vor Ort zu. Sie unterstützten Betroffene aus Stiftungsmitteln (58 %), richteten Hilfsfonds ein (34 %), berieten Bürger (26 %) und halfen besonders geforderten Berufsgruppen. Außerdem engagieren sich derzeit zahlreiche Stiftungen in den von der Flutkatastrophe heimgesuchten Regionen in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern: mit tatkräftigem Anpacken, Sonderfonds und finanziellen Soforthilfen für existentiell betroffene Menschen
Derzeit wird so viel Geld vererbt wie nie zuvor. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung spricht von einer „Erbschaftswelle“ hierzulande und schätzt, dass jährlich bis zu 400 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt werden. Eine gewaltige Summe, die bei Stiftungen Begehrlichkeiten weckt. Die Stiftung Aktive Bürgerschaft verfolgt eigenen Angaben zufolge drei Maßnahmen, um die eigene Arbeit auszubauen zu können:
Wie Dr. Stefan Nährlich, Geschäftsführer und Vorstand der Stiftung Aktive Bürgerschaft ausführt, sollen das Programm „sozialgenial - Schüler engagieren sich“ bundesweit ausgeweitet und Förderpartnerschaften attraktiver gestaltet werden. „Dabei verfolgen wir nachhaltig unsere Mission weiter, bürgerschaftliches Engagement und gemeinnützige Organisationen nachhaltig zu stärken.“
Report Bürgerstiftungen. Fakten und Trends 2021, Stiftung Aktive Bürgerschaft (Hg.), Berlin 2021
www.aktive-buergerschaft.de/buergerstiftungen/buergerstiftungen-in-zahlen/
Die gemeinnützige Stiftung Aktive Bürgerschaft ist das Kompetenzzentrum für Bürgerengagement der genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken. Sie unterstützt Bürgerstiftungen bei Managementaufgaben, Projekten und der Gewinnung von Stiftern und Aktiven: www.aktive-buergerschaft.de
Der „Bürgerstiftungsfinder” hilft beim Auffinden der nächstgelegenen Bürgerstiftung:
www.aktive-buergerschaft.de/buergerstiftungsfinder
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