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Dr.-Ing. Herbert Günther war von 1992 bis 2019 alleiniger Geschäftsführer der sächsischen DRK-Krankenhäuser und lange Mitglied des Zentralbeirates der Bank für Sozialwirtschaft. Seine Zusammenarbeit mit der Bank begann 1991 in der Geschäftsstelle Dresden. Im Interview blickt er zurück auf eine langjährige vertrauensvolle Geschäftsbeziehung. Diese startete mit der Existenzsicherung seines Unternehmens und der Begleitung beim Ausgleich von Nachholbedarfen nach der Wende. Sie setzte sich fort mit verschiedensten Investitionsvorhaben für den Aufbau und die Entwicklung der DRK-Krankenhäuser und mündete ab 2000 in die Realisierung eines Gesundheitszentrums mit Ärztehäusern und weitere Projekten.
Mein Werdegang ist sicherlich sehr von der Wende geprägt, wie das bei vielen Ostdeutschen der Fall ist. Ich habe meine Berufsausbildung zum Elektronikfacharbeiter gemacht und bin nach der Armee nach Ilmenau gegangen zum Studium. Danach hat es mich wieder nach Sachsen gezogen. Dort habe ich im sogenannten Gesundheitswesen Wismut als Medizintechniker gearbeitet und nebenbei meine Doktorarbeit geschrieben. Dann kam die Wende und ich bin von den Mitarbeitern des Krankenhauses in der Umbruchzeit als Verwaltungsleiter etabliert worden, weil sich das Gesundheitswesen Wismut quasi über Nacht aufgelöst hat und wir Kontakte zum Roten Kreuz hatten. So bin ich von einer eher technischen Tätigkeit hin in eine verwaltende Position gekommen.
Im Sommer 1991 haben wir die Krankenhaus GmbH Sachsen gegründet. 1992 bin ich alleiniger Geschäftsführer der Sächsischen DRK-Krankenhäuser geworden und bis Ende 2019 geblieben. Seitdem bin ich noch ein wenig beratend für die Liga der Wohlfahrtsverbände und für den Arbeitgeberverband tätig.
Es gab Kontakt zum Roten Kreuz und dann ist die Idee entstanden, dass man das Haus als DRK-Krankenhaus weiterführen könnte. Das ist natürlich ein längerer Weg gewesen, bis die GmbH gegründet werden konnte. Dieses Jahr dazwischen war Geschäftsführung ohne Auftrag, aber das hat in der damaligen Umbruchzeit niemanden interessiert. Es ging darum, ein Krankenhaus zu erhalten, Arbeitsplätze zu erhalten und irgendwo eine Perspektive zu entwickeln.
Wir haben das erste halbe Jahr 1991 quasi ohne Krankenhausträger absolviert. Das war insofern ein schwieriger Prozess, weil wir nach Auflösung des Gesundheitswesens Wismut eine Bank brauchten, es musste ja Zahlungsverkehr abgewickelt werden. Mein erster Weg war zu den damals in unmittelbarer Umgebung vorhandenen Banken, aber diese Gespräche sind nicht erfolgreich verlaufen. Insofern war ich froh, als es im Sommer 1991 den Kontakt zur Bank für Sozialwirtschaft gegeben hat, die in Dresden eine Geschäftsstelle eingerichtet hatte. Da ist es problemlos gelungen, eine Bankverbindung aufzubauen.
Die ersten Monate haben wir quasi ohne Geld realisiert. Wir hatten das Geld, das in der Portokasse lag und es gab drei Monate lang keinen Lohn und kein Gehalt, weil wir das gar nicht zahlen konnten. Da haben alle Mitarbeitenden ganz einfach weitergearbeitet, weil sie im Krankenhaus ihren Arbeitsplatz erhalten wollten. Im März kam ein Anruf von der AOK, dass man uns die erste Anschubfinanzierung bringt. Dann kam abends um acht eine Mitarbeiterin der AOK und drückte mir einen Scheck über 300.000 DM in die Hand. Das waren Dinge, wo deutlich geworden ist, wie wichtig ein geordneter Zahlungsverkehr ist.
In den ersten Jahren ging es vor allem um die Sicherung der Existenz, der Liquidität und des Zahlungsverkehrs. In den 90er Jahren hatten wir einen sehr hohen Nachholbedarf an medizintechnischer Ausstattung, an Baulichkeiten und an Organisation im Krankenhauswesen. Es gab ein Krankenhausinvestitionsprogramm für die neuen Bundesländer. Die neuen Ideen und Projekte sind ab den 2000er Jahren gekommen.
Ab 2000 haben wir schrittweise gemeinsam mit der Bank für Sozialwirtschaft das aufgebaut, was man heute als Gesundheitszentrum bezeichnet. Also nicht nur ein Krankenhaus mit stationärer Versorgung, sondern auch mit Ärztehäusern und ambulanten Angeboten. Mit dem Aufbau der Krankenpflegeschule kam das Thema Ausbildung hinzu, auch die Kontakte in Richtung Pflege. Der Standort Chemnitz hat mittlerweile über 35 niedergelassene Vertragsarztpraxen in der Region. Die brauchen Räumlichkeiten für ihre Praxis.
Ich denke mal, wir können für uns in Anspruch nehmen, den Begriff Gesundheitszentrum schon früh vorweggenommen zu haben. Mit unserer Entscheidung, Ärztehäuser zu bauen, eine Apotheke und Hörgeräteakustiker anzusiedeln, waren wir sehr weit vorne in der Entwicklung. Wir haben ein Gesundheitszentrum von der stationären Krankenhausversorgung her aufgebaut, teilstationäre Versorgung eingeführt und die Niederlassung von Ärzten unterstützt. Wir waren auch eines der ersten Krankenhäuser, das im Freistaat Sachsen ein medizinisches Versorgungszentrum gegründet hat.
Ja, das ist sicherlich richtig, dass es heute eine gewisse Renaissance der Polikliniken gibt. Sicherlich auch deshalb, weil das Modell mit Ärzten in freier Niederlassung sich, wie wir ja gerade erleben, immer schwieriger gestaltet. Junge Menschen wollen das wirtschaftliche Risiko einer Arztpraxis und das Arbeitsmodell eines klassischen Landarztes vielleicht heute nicht mehr so übernehmen. Die Lebensansichten sind ganz einfach im Umbruch. Und da finden sich viele in einem medizinischen Versorgungszentrum besser wieder, weil man dort einen geregelteren Ablauf hat. Insofern ist das eine gewisse Renaissance der Poliklinik, aber ich denke, davon wird die Gesundheitsversorgung in Deutschland mit Sicherheit eher profitieren.
Das Unternehmen hat in diesen 30 Jahren, wo ich Geschäftsführer sein durfte, natürlich sehr, sehr viele Veränderungen vollzogen. Wie gesagt, anfangs ging es um die reine Arbeitsplatzsicherung und zwischenzeitlich ist es gelungen, ein Gesundheitsunternehmen zu entwickeln, das breiter aufgestellt ist. Und ich bin froh, dass nach meinem Ausscheiden als Geschäftsführer die Dinge so weiter geführt werden. Die Marke DRK-Krankenhäuser hat rund um den Raum Chemnitz/Zwickau einen guten Namen und erfährt Anerkennung von den Menschen. Es geht ja darum, zuallererst für die Menschen, für die Bürger, für die Patienten da zu sein. Das ist ja unsere Kernaufgabe.
Das Besondere an der Bank für Sozialwirtschaft ist für mich, dass es die Bank war, die gemeinsam mit uns den Start vollzogen hat. Ich hatte ja gesagt, es war nicht jede Bank bereit, mit uns Geschäftsbeziehungen einzugehen. Die BFS hat das ganz einfach getan. Und natürlich auch, dass wir mit der Bank für Sozialwirtschaft eine Vielzahl von Investitionsvorhaben für das Krankenhaus, aber auch für die begleitenden Teile im Sinne des Gesundheitszentrums, Ärztehäuser etc., gestalten konnten.
Wir sind in einer Zeit angekommen, wo wir alle nicht wissen, was uns die Zukunft bringen wird. Die Herausforderungen, denen wir uns gegenüber sehen, haben wir vor 10, 15, 20 Jahren noch gar nicht wahrnehmen können. Ob das die Belastungen sind durch den Klimawandel oder durch die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine. Das sind Dinge, die auch das Leben in Deutschland verändern werden und am Ende auch nicht vor dem Gesundheitssystem haltmachen werden. Insofern sind stabile Geschäftsbeziehungen zu Partnern, zu einer Bank für mich umso wichtiger, um für die Zukunft die Dinge gemeinsam handhaben zu können.
Meine schönste Erinnerung an die Bank für Sozialwirtschaft sind die Weinfeste, die wir in Dresden feiern konnten. Das ist eine Gelegenheit, auch andere Kunden zu treffen, zu denen man sonst nicht ständig Kontakt hat. Aber auch Mitarbeiter der Bank zu treffen, den Vorstand der Bank zu treffen. Gerade solche Dinge sind wichtig für ein gutes Miteinander und für entsprechende Geschäftsbeziehungen.
Ich finde es gut, wenn die Bank für Sozialwirtschaft sich dahingehend aufstellt, dass sie für soziale Einrichtungen in der ganzen Bandbreite da ist. Ich denke, das ist der richtige Weg, um als Spezialbank in den Themen drin zu stehen. Wenn da eine Bank unterwegs ist mit einem speziell ausgewiesenen Knowhow neben den allgemeinen Geschäftsbanken, halte ich das für eine gute Entwicklung.
Ich würde mich freuen und hoffe sehr, dass es auch in 50 oder 100 Jahren eine Bank für Sozialwirtschaft mit diesen Aufgabenstellungen gibt, weil ich denke, es ist notwendig.
Das vollständige Zeitzeugen-Interview mit Dr. Herbert Günther ist abrufbar auf der Jubiläumswebsite gemeinsam-sozial-wirksam.de
Weitere Informationen zum Fortbildungsprogramm der BFS Service GmbH finden Sie unter
www.bfs-service.de/Seminare/
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