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Newsletter für das Sozialmanagement
Von 1997 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2014 war Dietmar Krüger als Mitglied des Vorstandes der Bank für Sozialwirtschaft AG zuständig für das Kreditgeschäft und die Unternehmenssteuerung. Zuvor hatte er unter anderem die Geschäftsstelle Hannover und die Kreditzentrale der Bank aufgebaut. Als er 1974 als Kreditsachbearbeiter bei der Bank eintrat, machte sich diese gerade auf den Weg vom Treuhandkreditinstitut zur Universalbank und Fachbank der Freien Wohlfahrtspflege. Dietmar Krüger berichtet im Zeitzeugeninterview zum 100-jährigen Jubiläum der SozialBank von engen Beziehungen zu den Wohlfahrtsverbänden, einer europäischen Perspektive und davon, wie sinnhaft es ist, etwas Gutes zu finanzieren.
Mein erster Arbeitstag war am 1. April 1974. Die Bank verwaltete anfangs nur öffentliche Gelder, öffnete sich dann dem Universalbankgeschäft. Der damalige Geschäftsführer Klerx hat sich sehr früh mit dem elektronischen Zahlungsverkehr auseinandergesetzt.
Ich erinnere mich, in dieser Anfangszeit hatten wir eine Behindertenwerkstatt, bei der es Zahlungsverzögerungen mit den Kostenträgern gab. Da standen die Weihnachtsgehälter zur Disposition und wir haben Wege gesucht, sie doch noch auszahlen zu können. Wir haben es gemeinsam geschafft und die Werkstatt gibt es heute noch, sie floriert und ist gut situiert
Nein, ich bin 1980 nach Hannover gegangen. Da haben wir eine neue Filiale aufgemacht. Da war ich zehn, zwölf Jahre. Und dann hatte ich eine Phase, wo ich mal in Berlin war und mal in Köln, um alle Abteilungen kennenzulernen als Vorbereitung auf meine Vorstandstätigkeit.
Der Aufbau wurde von den Kollegen in Berlin und Köln intensiv vorbereitet, auch mit Kundenveranstaltungen. Es wurde ein regionaler Beirat aus den Wohlfahrtsverbänden gesucht. Wir hatten einen sehr wohlwollenden Beirat in Niedersachsen, der uns viele Türen geöffnet hat.
Das ist überall ein bisschen anders. Ein Grund, dass wir in den jeweiligen Bundesländern Filialen haben, liegt darin, dass sich die Landesgesetzgebung überall unterscheidet. Unsere Kunden sind oft abhängig von öffentlichen Geldern und als Bank hängen wir mit dran, wenn die Gelder verzögert oder gar nicht kommen. Das kann man aus der Distanz nicht so gut einschätzen, wie wenn man vor Ort ist.
Die Beziehung der Bank zu den Wohlfahrtsverbänden wurde immer sehr intensiv gepflegt. Wir haben auch unsere Mitarbeiter ermutigt, in gemeinnützigen Organisationen in die Vorstände zu gehen. Viele hatten Ehrenämter, als Schatzmeister oder ähnliches, und zu den Spitzenverbänden selbst hatten wir auch immer sehr intensive Kontakte. Ich war zum Beispiel lange Jahre Gast im Finanzausschuss der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege.
Das Kreditgeschäft wurde früher regional betrieben. Die Filialen waren kleine Banken, die relativ autonom arbeiteten. Doch die Kunden waren teilweise bundesweit tätig. Es kam vor, dass ein Träger in Köln eine Einrichtung und Kredite hatte, aber auch in Hannover Einrichtungen betrieb oder in Hessen. Da mussten wir die Daten zusammenführen. Dazu wurde die Kreditzentrale aufgebaut. Das war eine meiner zentralen Aufgaben, nachdem ich in Hannover als Filialleiter aufgehört hatte. Die Kreditzentale prüfte die Engagements auf Sachlichkeit und richtige Daten, gab eine Risikobewertung und eine Empfehlung ab.
1996 wurde ich stellvertretender Geschäftsführer, 1997 wurde die AG gegründet, und Prof. Hammerschmidt, Herr Böge und ich wurden Vorstände. Meine Zuständigkeiten lagen im Bereich Kreditgeschäft, Rechnungswesen und Controlling. Der Bedarf an Kreditfinanzierung war sehr groß, und wir haben uns sehr engagiert. Die normalen Geschäftsbanken hatten den Bereich Altenpflege und Krankenhäuser temporär auch auf dem Radar. Aber irgendwann hieß es meistens, Healthcare ist nicht unser strategisches Geschäftsfeld, und dann waren sie wieder weg. Insofern waren wir sehr gefragt und das Kreditgeschäft ist jährlich sehr intensiv gestiegen. Es hat sich herumgesprochen, dass man bei der Bank für Sozialwirtschaft Ahnung von der Materie hat.
Die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft hat das Wachstum erst ermöglicht. Unsere Gesellschafter, die Wohlfahrtsverbände, konnten nicht einfach Spendengelder in eine Bank reinstecken. Wir sind ja ein steuerpflichtiges Unternehmen. Insofern konnte das Eigenkapital der Bank in der Vergangenheit immer nur aus den Gewinnen aufgestockt werden, aber das reichte irgendwann nicht mehr, um die Nachfrage nach Krediten zu erfüllen. Wir haben daraufhin eine Aktiengesellschaft gegründet, und Kunden legten einen Teil ihrer Anlagen in Aktien der Bank an. Dadurch konnten wir das Kreditgeschäft ausweiten.
Vielen Dank für die Beschreibung, dass ich ein „Vorstand zum Anfassen“ gewesen wäre. Mir war es wichtig zu sehen, wie die Leute drauf sind. Bei den Kunden war das genauso. Ich erinnere mich noch an ein Projekt: Von den Zahlen, Bildern, Gutachten passte alles, also guckten wir uns das Haus an. Wenn dann im Korridor noch der Blumenkohl von voriger Woche zu riechen ist und ein ehemaliger Stadtrat wie ein depperter Opa behandelt wird, dann habe ich mich gefragt, würdest du deine Mutter hier hinschicken? Nein. Und so war das auch, die Einrichtung ist nie richtig hochgekommen. Man muss manchmal alle Papiere beiseitelegen, der subjektive Eindruck ist mitunter das Wichtige. Wenn es um Kredite ging, kam irgendwann immer die Frage, was sagt unser Bauchgefühl? Dann passte das Bauchgefühl oft.
Es gab immer wieder Diskussionen mit externen Beratern, die meinten, wir hätten ein Klumpenrisiko, da wir nur in der Sozialwirtschaft tätig sind. Was passiert, wenn die öffentlichen Ausgaben gestrichen werden? Doch das ist nicht so einfach. Eine Behindertenwerkstatt tickt nach anderen Regeln als ein Krankenhaus. Und ein Altenpflegeheim ist etwas ganz anderes als eine Reha-Klinik. Insofern ist das keine Klumpenrisiko, sondern es sind verschiedene Marktsegmente. Ich glaube, unsere geringen Kreditausfälle belegen, dass wir es ganz gut gemacht haben.
Wir haben uns sehr früh umgeschaut, was die Bankkollegen außerhalb von Deutschland machen. Da gibt es Banken, die auch etwas abseits der klassischen Geschäftsbanken tätig sind. Crédit Coopératif in Frankreich oder die Banca Etica in Italien zum Beispiel. Wir wurden dann Mitglied bei FEBEA, der Fédération Européenne des Banques Ethiques et Alternatives. Das war eine Vereinigung von, ich glaube, 27 Banken aus ganz Europa. Man hat sich regelmäßig getroffen, ausgetauscht, versucht, gemeinsame Dinge zu machen. Es war interessant zu sehen, wie es woanders läuft. Crédit Coopératif hatten wir auch eingeladen, hier in Deutschland ein größeres Projekt mit uns gemeinsam zu finanzieren, aber das war sehr aufwändig.
Das Büro in Brüssel hatte die Aufgabe herauszufinden, was bei der EU an Fördermitteln möglich ist und was politisch in Vorbereitung ist. Wir haben einer Reihe von Kunden bei ihren Projekten geholfen, haben Türen geöffnet oder bestimmte Förderprogramme bekanntgemacht. Das war ein wichtiger Bestandteil unserer Research- und Beratungstätigkeit. Die Bank zeichnet ja aus, dass sie Research betreibt – auch in diesem Bereich – und Wissen an unsere Kunden weitergibt. Wir hatten schon Ende der neunziger Jahre eine eigene Online-Plattform dafür aufgebaut: EUFIS, unser EU-Förderinformationssystem. Das war eine gute Sache.
Die Stärken der Bank liegen in ihrer Konzentration auf die Sozialwirtschaft. Da wissen die Kunden, dass sie auch in zehn Jahren noch willkommen sind. Das ist die Kernkompetenz: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennen sich aus und sind vernetzt. Gehen Sie mal durchs Haus, wie viele schon zehn, zwanzig Jahre dabei sind. Da wachsen Kundenbeziehungen.
Wir haben Kunden, die etwas Gutes machen. Und wenn man den Kunden dabei hilft, das Gute zu finanzieren, dann, finde ich, ist das ein Gefühl, mit dem man abends ganz gut ins Bett gehen kann. Ich glaube, ein gutes Gefühl haben auch die Mitarbeiter, dass das, was sie tun, Sinn ergibt. Die Bank leistet einen guten Beitrag für die Sozialwirtschaft. Wie viele Projekte allein durch den Revolvingfonds des Bundes, den die Bank treuhänderisch verwaltet, ermöglicht worden sind, das ging in die Milliarden.
Wir haben schon erlebt, dass Banken gesagt haben, wenn die Bank für Sozialwirtschaft das finanziert, dann machen wir auch mit. Dass eine Sparkasse vor Ort sagt, wir kennen den Kunden schon seit Jahrzehnten. Das sind Ehrenmänner, die da arbeiten, aber von dem Geschäft verstehen wir nichts. Und wenn die SozialBank das geprüft hat, dann beteiligen wir uns an einem Konsozialkredit. Das war nicht selten. Sogar eine große Landesbank hat gesagt, wenn wir eine Krankenhausfinanzierung planen, holen wir euch gerne ins Boot. Und wenn ihr das durchgecheckt habt, dann wissen wir, dass das in Ordnung geht und machen mit. Ich glaube, dafür ist die Bank auch in Zukunft gut und wird den Kunden von Nutzen sein.
Ich wünsche der Bank für Sozialwirtschaft zum 100-jährigen Jubiläum, dass sie ihren Weg weiter findet, so wie sie ihn bis jetzt gefunden hat, zielorientiert in die Sozialwirtschaft hinein. Dass sie die sozialwirtschaftlichen Kunden begleitet und daraus ihr Ansehen und ihre Kernkompetenz ableitet. Und wenn irgendwo in Deutschland ein Altenheim- oder ein Krankenhausträger über eine Finanzierung nachdenkt, dann wünsche ich mir, dass er zwar vielleicht mit seiner Bank vor Ort redet, aber auf jeden Fall auch bei der Bank für Sozialwirtschaft anruft und fragt, was haltet ihr davon? Denn das ist schon ein Ritterschlag.
Das Zeitzeugeninterview mit Dietmar Krüger, ehemaliger Vorstand der Bank für Sozialwirtschaft AG, finden Sie auf der Jubiläumswebsite der SozialBank unter:
www.gemeinsam-sozial-wirksam.de/geschichte/dietmar-krueger-der-fruehere-vorstand
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