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Bereits jetzt sind die Auswirkungen des Klimawandels deutlich spürbar und bedrohen die Lebensgrundlage vieler Menschen, warnt der Weltklimarat IPCC. Doch angesichts der Energiekrise als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine hat es der Klimaschutz zurzeit offenbar schwer. Vor diesem Hintergrund ist das „Soziale Nachhaltigkeitsbarometer der Energie- und Verkehrswende“ besonders aufschlussreich: Trotz aller Belastungen spricht sich der überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung dafür aus, nicht nur rasch, sondern auch umfassend zu handeln. Ein Selbstläufer ist diese Zustimmung jedoch keineswegs, sondern sie hängt von unterschiedlichen Voraussetzungen ab.
Im Rahmen des Projekts „Ariadne“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, geht das Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam folgenden Fragen nach:
Wie bewerten die Menschen in Deutschland die Energie- und Verkehrswende im Einzelnen? Mit welchen Herausforderungen sehen sich die Bürger*innen in diesem Zuge konfrontiert und welche politischen Maßnahmen erwarten sie? Zu diesem Zweck wird – in Zusammenarbeit mit forsa – eine bundesweit repräsentative Online-Panelbefragung von 6.500 Personen durchgeführt. Im Frühjahr 2022 fand sie zum insgesamt fünften Mal statt.
Wie die Ergebnisse zeigen, wird die Energie- und Verkehrswende von den Bürger*innen zunehmend befürwortet. Entsprechend stoßen die Pläne der Bundesregierung, mehr in den Schienen- als in den Straßenverkehr zu investieren und zwei Prozent der Fläche Deutschlands für Windkraft bereitzustellen, auf eine wachsende Akzeptanz. Darüber hinaus nimmt die Bereitschaft zu, eigene Verhaltensweisen zugunsten des Klimaschutzes zu verändern. Allerdings gerät die politische Umsetzung der geplanten Maßnahmen immer öfter in die Kritik. Drei von fünf befragten Personen haben den Eindruck, dass das Tempo zu gering ist.
„Grundsätzlich wünschen sich zwei Drittel der befragten Menschen mehr und gezieltere Maßnahmen für den Klimaschutz“, sagt Ingo Wolf vom IASS. „Gleichzeitig kommen immer mehr Menschen aufgrund der steigenden Energiepreise an ihre finanziellen Grenzen.“
Deshalb kann die Energie- und Verkehrswende, so die Überzeugung der Forschenden, nur ein Erfolg werden, wenn sie sich am „positiven Leitbild einer Sozialen Nachhaltigkeit“ orientiert. Es müsse gelingen, die Wünsche, Bedürfnisse und Wertvorstellungen der Bürger*innen zu berücksichtigen, um sozialverträgliche und faire Lösungen zu finden.
Wie groß der Handlungsbedarf ist, zeigt sich insbesondere beim Thema „Heizkosten“.
Eine Mehrheit von 69 Prozent ist dafür, mehr finanzielle Mittel in die Energiewende investieren, um zukünftige Kosten durch Klimaschäden zu reduzieren. Ähnlich sieht es im Bereich der Verkehrswende aus. Hier sind 67 Prozent der befragten Personen der Meinung, zusätzliches Geld sei aus diesem Grund nötig.
Weitgehend einig sind sich die Bürger*innen darin, dass es sich bei der Energie- und Verkehrswende um komplexe Aufgaben handelt, die nur durch gemeinsames Handeln zu stemmen sind. Aufgrund der umfassenden Veränderungen sorgt sich fast die Hälfte der Menschen um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland. Auf der kommunalen Ebene kommen derartige Befürchtungen jedoch seltener vor. Eine große Mehrheit der Befragten gab an, dass etwa Projekte zur Energiewende in ihrer Stadt bzw. ihrer Gemeinde nahezu konfliktfrei realisiert werden.
Mehr als zwei Drittel gehen der Untersuchung zufolge davon aus, dass sich die Energie- und Verkehrswende positiv auf die Lebensqualität in ihrer Region auswirkt. Auffallend ist der Befund, dass Bürger*innen vor allem dann eine Vorreiterrolle ihrer Kommune als wichtig erachten, wenn sie sich eng mit ihrem Wohnort verbunden fühlen. Eine breite Mehrheit – mit leicht abnehmender Tendenz – wünscht sich außerdem mehr Mitsprachemöglichkeiten für Betroffene, um auf energie- oder verkehrspolitische Entscheidungen in der eigenen Kommune Einfluss nehmen zu können.
„Die Politik sollte trotz gerade überlappender Krisen jetzt nicht nachlassen, die geplanten Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen“, rät Ortwin Renn vom IASS. „Die Ergebnisse des Barometers können als Unterstützung und Aufforderung von der Bevölkerung an die politischen Vertreterinnen und Vertretern verstanden werden, die Krisen nicht gegenseitig auszuspielen, sondern im Sinne des Gemeinwohls Energiesouveränität und Klimaschutz gemeinsam zu sehen und entsprechende Maßnahmen umzusetzen.“
Weiterführende Links
https://ariadneprojekt.de/publikation/soziales-nachhaltigkeitsbarometer-2022/
Gesundheit
Wenn der Klimawandel auf die Seele schlägt
Nachhaltigkeit
Soziales Nachhaltigkeitsbarometer 2022: Die Klima- und Verkehrswende aus Sicht der Bürger*innen
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