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Wenn die Krise eine Chance ist, dann hat die Sozialwirtschaft sie vorbildlich genutzt. Die Pandemie habe den sozialen Einrichtungen hart zugesetzt, doch ihre Digitalisierung merklich vorangebracht, machen die Autoren des neue IT-Reports, Helmut Kreidenweis und Dietmar Wolff, deutlich. „All die Argumente dagegen, die wir vor der Pandemie oft hörten, lösten sich auf einmal in Luft auf: mangelnde Mitarbeitendenakzeptanz, zu hohe Kosten, fehlende Funkanbindungen und vieles mehr.“ Plötzlich war das nötige Geld da, „ohne dass die Organisationen deshalb Insolvenz anmelden mussten.“ Also schauen wir einmal näher hin: Wie sehr hat sich die Sozialwirtschaft in den zwei Jahren des Corona-Ausnahmezustandes digital neu erfunden?
Der aktuelle IT-Report wurde von der Arbeitsstelle für Sozialinformatik derKatholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und der Hochschule Hof erstellt. Er erscheint seit 2007. Die Befragungszeitpunkte Ende 2018 und Ende 2021 erlauben eine valide Einschätzung der Digitalentwicklung der Branche während der Pandemie. Der erste Teil des Reports basiert auf der Befragung von bundesweit 162 sozialen Einrichtungen und Organisationen und soll hier mit wichtigen Ergebnissen vorgestellt werden. Der zweite Teil geht auf die Anbieter von Branchen-Softwarelösungen ein und bleibt hier unberücksichtigt.
Wo es in vorpandemischen Zeiten kaum zur Videokonferenz für Mitarbeitende und Klienten reichte, sorgten neue Notebooks, Smartphones und Tablets in kürzester Zeit für eine Flexibilisierung des IT-Einsatzes, so ein Ergebnis der Studie. Zentrale Ergebnisse in Schlaglichtern:
Leider bedurfte es erst der Pandemie mit der Tragik hoher menschlicher Belastungen und Verluste, um den schon seit Langem beschworenen digitalen Innovationsschub in der Sozialwirtschaft zu befeuern. Die Autoren Kreidenweis und Wolff mahnen darüber hinaus einen unverändert hohen Handlungsbedarf bei der Professionalisierung von IT-Strukturen in den Einrichtungen an. Hierbei nehmen sie vor allem die Spitzen- und Fachverbände der Branche mit klaren Worten in die Pflicht. Hier fehle es oft an konkreter Unterstützung, insbesondere bei Fragen des Outsourcings von IT-Leistungen, der Digitalisierung von Arbeitsprozessen, der Ausschöpfung von Software-Potenzialen und bei Datenschutz und IT-Sicherheit. „Schon länger fragen wir uns, warum es hier kaum gelingt, Kräfte zu bündeln. Denn unsere Daten zeigen, dass Probleme und Lösungen bei AWO, Caritas, Diakonie, Rotem Kreuz oder Paritätern meist exakt die Gleichen sind. Offensichtlich hat sich noch nicht genügend herumgesprochen, dass der Wettbewerb in Sachen Digitalität nicht beim Nachbarverband, sondern bei den privatwirtschaftlichen, oft international agierenden Leistungsanbietern – derzeit vor allem noch in der Altenhilfe – zu suchen ist.“
Diese Konzerne trieben den digitalen Ausbau in einem Tempo voran, mit dem die Wohlfahrt trotz aller Fortschritte immer weniger mithalten könne. „Die Folge wird eine wachsende Produktivitätslücke sein, die sich irgendwann auch auf Kunden- und Kostenseite bemerkbar machen wird.“
Helmut Kreidenweis / Dietmar Wolff, IT-Report für die Sozialwirtschaft 2022, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Hochschule für angewandte Wissenschaften Hof, 77 Seiten
Kostenpflichtiger Bezug:
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Arbeitsstelle für Sozialinformatik
Tel.: 08421 93-21472, Mail: christine.vetter(at)ku.de
Informationen unter www.sozialinformatik.de
Siehe zum Thema auch Trendinfo 11/2020 zum BFS-Branchenreport
„Erfolgsfaktor Digitalisierung – Auf dem Weg zur Sozialwirtschaft 4.0“
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Digitalisierung
IT-Report Sozialwirtschaft: Digitaler Booster dank Corona-Virus
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