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An den stillen Gedenktagen im November rückt uns die eigene Vergänglichkeit besonders nah. An Allerheiligen und Allerseelen gedenken viele Menschen ihrer Verstorbenen, schmücken die Gräber und zünden ein ewiges Licht an. Doch die Deutschen wünschen sich nicht nur in der dunklen Jahreszeit eine intensivere Auseinandersetzung mit den Themen Sterben, Tod und Trauer. Sie möchten eine ehrliche Diskussion um Grundfragen am Lebensende und wünschen sich mehr öffentlichen Diskurs um Sterbebegleitung, Hospiz- und Palliativarbeit. Diese Anliegen ermittelte eine repräsentative Befragung von mehr als 1.000 Menschen im Auftrag des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands e.V. (DHPV).
Nicht zuletzt die Diskussion der vergangenen Jahre um die Strafbarkeit der Beihilfe zur Selbsttötung hat die Bürger sensibilisiert. Das dennoch große Informationsdefizit und das Bedürfnis nach einem kompetenten Gegenüber bei Fragen zur Begleitung am Lebensende sind auch Symptome einer wachsenden Zahl alleinlebender Menschen in der alternden Gesellschaft. Interessanterweise ermöglichen die Ergebnisse der aktuellen Befragung den Vergleich mit einer gleichlautenden Erhebung des DHPV von 2012.
Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer möchte laut aktueller Studie in den eigenen vier Wänden sterben (58 %; 2012: 66 %), 27 Prozent präferieren eine Einrichtung zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen – neun Prozent mehr als 2012. „Diese Anstieg lässt sich als Folge der besseren Bekanntheit stationärer Hospiz- und Palliativangebote (stationäres Hospiz, Palliativstation) und allgemein als Anerkennung der Hospizarbeit lesen“, interpretiert die Studie. Nur vier Prozent (2012: 3 %) möchten im Krankenhaus sterben.
Soweit die Wünsche der Befragten. Tatsächlich aber stirbt mehr als die Hälfte der Menschen im Krankenhaus, 19 Prozent im Pflegeheim und nur rund 23 Prozent zuhause. Aus dieser Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit leitet die Studie den Auftrag an die Verantwortlichen zum Ausbau von ambulanten und stationären Versorgungsstrukturen der Sterbebegleitung ab.
Die gesellschaftliche Beschäftigung mit Krankheit, Sterben und Tod halten 56 Prozent der Befragten für unzureichend. Für den DHPV ein bemerkenswerter Befund: Schließlich seien diese Aspekte bereits rund um die Verabschiedung des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung und des Hospiz- und Palliativgesetzes (beide 2015) intensiv diskutiert worden.
Der Wunsch nach mehr Diskussion korrespondiert mit einem erheblichen Informationsdefizit. So kennt ein Viertel der Bevölkerung den Begriff „Palliativ“ nicht. Von denjenigen, die ihn schon einmal gehört haben, kann ihn laut Umfrage nur die Hälfte korrekt erklären. Mehr noch: Nicht einmal jeder Fünfte (18 %; 2012: 11 %) weiß, dass die Angebote der ambulanten Hospizdienste und der stationären Hospize für die Betroffenen kostenfrei sind.
Dagegen hat die Zahl der Menschen, die eine Patientenverfügung verfasst haben, in den vergangenen fünf Jahren stark zugenommen – von 26 auf 43 Prozent. Weitere 32 Prozent haben schon einmal ernsthaft darüber nachgedacht. Diese Steigerung wertet die Studie als Indiz für ein verstärktes Interesse der Menschen, sich mit Fragen des Lebensendes und der Vorsorge auseinanderzusetzen.
Es sei nicht allein Aufgabe der Hospizbewegung, dem Informationsbedürfnis weiter Bevölkerungskreise nachzukommen, meint der DHPV. „Hieran müssen sich auch die Verantwortlichen aus Politik und dem Gesundheitssystem beteiligen.“ Denkbar sei eine bundesweite Aufklärungskampagne nach dem Vorbild der Impf-, Aids- oder Transplantationsthematik. Dem gestiegenen Interesse an der Patientenverfügung solle „dringend“ mit einem weiteren Ausbau der Beratung zur Vorsorgeplanung begegnet werden. Die Studie mahnt die entsprechende Umsetzung des Hospiz- und Palliativgesetzes an (§132g SGB V), das Betroffenen den Anspruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) zuspricht. „Aber auch die ambulanten Hospiz- und Palliativdienste verzeichnen eine steigende Zahl an Beratungsanfragen zur Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht und bieten diese – bisher ohne entsprechende Finanzregelungen – an.“
Bei allen Anliegen rund um Hospiz- und Palliativdienste ist der Hausarzt gefragter Ansprechpartner, ermittelte die Umfrage. 23 Prozent der Befragten würden ihn bei der Suche nach einem Hospiz, 35 Prozent bei der Suche nach einer Palliativeinrichtung konsultieren. Die wichtige Türöffnerrolle erfordert bei den Ärzten selbst einen qualifizierten Informationsstand zum Thema. Die jüngst erfolgte Anpassung des Vergütungssystems (EBM) für Leistungen der ambulanten palliativmedizinischen Versorgung beurteilt der DHPV als „sinnvolle Maßnahme“. Die Hausärzte sehen das anders, meldet die Ärzte Zeitung. Geforderte Fortbildungen seien bereits mit der Weiterbildung erbracht, moniert der Hausärzteverband.
Deutscher Hospiz- und PalliativVerband (DHPV): Wissen und Einstellungen der Menschen in Deutschland zum Sterben. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung im Auftrag des DHPV, Berlin 2017, 6 Seiten
Ärzte Zeitung online vom 09.10.2017: Wo sterben? Wirklichkeit und Wunsch klaffen auseinander
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