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Die meisten Menschen wünschen sich, auch im Alter dort zu wohnen, wo sie in ihren aktiven Jahren gelebt haben. Dort kennt und hilft man sich, dort ist man zu Hause. Doch es könnte ganz anders kommen, malt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus. Schon seit geraumer Zeit müssen Senioren einen wachsenden Rentenanteil für Miete und Nebenkosten ausgeben. Mit bitterer Folge: Weil sie die Miete nicht mehr zahlen können, sehen sie sich zum Umzug gezwungen. Die Autoren warten mit einem speziellen Vorschlag gegen die sogenannte graue Wohnungsnot auf.
Der Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA) liegen Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und des Deutschen Alterssurveys (DEAS) zugrunde. Betrachtet wurden die Wohnkosten von Haushalten, in denen mindestens ein Bewohner 65 Jahre oder älter ist.
Steigende Wohnkosten erschweren älteren Menschen immer mehr die Suche nach bezahlbarem Wohnraum. Zumal die Mieten in den vergangenen Jahren stärker als die Renten gestiegen sind. Der Anteil der Seniorenhaushalte, die für Miete und Nebenkosten 30 Prozent ihres Nettoeinkommens oder mehr benötigen, stieg zwischen 1996 und 2016 von 38 auf 63 Prozent. Bei 38 Prozent der Haushalte lag diese Quote sogar bei 40 Prozent oder mehr (2016). Diese Menschen müssen, wenn kein Vermögen vorhanden ist, ihren Konsum zugunsten der Miete einschränken, merkt die Studie an.
„Allerdings sind nicht alle Personengruppen in gleicher Weise von dieser Entwicklung betroffen“, beschreiben die Autoren. Erstens sind die Mieten in den Großstädten stärker gestiegen als auf dem Land. Zweitens können Eigentümer von steigenden Immobilienpreisen profitieren. Der Mietanstieg trifft in besonders jene Personen, die umziehen oder von der Modernisierung ihrer Wohnung betroffen sind. Überdies tragen alleinwohnende Menschen eine relativ höhere Mietbelastung als Paarhaushalte.
Positiv vermeldet die Studie den starken Rückgang von Mieter- zugunsten von Eigentümerhaushalten von 56 auf 45 Prozent (1996-2016). „Somit ist es zu einer Polarisierung von Haushalten mit Personen ab 65 Jahren beim Wohnstatus gekommen“, stellt die Studie fest. Je höher das Einkommen älterer Haushalte, desto häufiger haben sie selbstgenutztes, schuldenfreies Wohneigentum, wenngleich auch sie die gestiegenen Nebenkosten (v.a. fürs Heizen) spüren. Diese Polarisierung hat auch einen regionalen Aspekt: Die Eigentümerquote ist im Westen höher als in Ostdeutschland (59 vs. 37 %).
Die spontane Idee, doch einfach in eine kleinere Wohnung umzuziehen, erweist sich nicht zwingend als gute Lösung. Generell werden kleine, preiswerte Wohnungen in den Städten kaum angeboten. Zwar betrug die Miete bei einer Wohnung unter 40 Quadratmetern pro Person lediglich 33 Prozent des Einkommens, bei einer Wohnfläche von 60 und mehr Quadratmetern dagegen 39 Prozent. Die Wohnkostenbelastung ist in kleinen Mietwohnungen jedoch deutlich stärker als in großen Wohnungen gestiegen (1996-2016: 36 vs. 14 %). „Dies zeigt, dass es für ältere Menschen schwieriger geworden ist, durch einen Umzug in eine kleinere Wohnung die Wohnkostenbelastung deutlich zu reduzieren“, hält die Studie fest, zumal nach einem Umzug von höheren Neumieten gegenüber den Bestandsmieten auszugehen ist.
Die Untersuchung macht auf das bekannte Dilemma von Wohnkosten und Wohnkomfort in puncto seniorengerechter Ausstattung hin. Teurere Mietwohnungen sind häufiger barrierearm (21 %) als preiswerte Wohnungen (13 %). Sie sind damit altersgerecht, besser an den öffentlichen Nahverkehr angebunden und verfügen über mehr Arztpraxen in ihrem Umfeld. Wo allerdings eine geringere Mietbelastung mit langer Wohndauer einhergeht, bestehen oft auch enge Nachbarschaftskontakte in einem als sicher empfundenen Umfeld, besagt die Studie. Es ist wohl nur im Einzelfall zu entscheiden, inwieweit nachbarschaftliche Nähe und Unterstützung den Nachteil einer nicht seniorengerechten Ausstattung ausgleichen können.
Aus der Alterung der Gesellschaft und der Zunahme von Menschen mit geringen Alterseinkünften leiten die Autoren einen steigenden Bedarf an kleineren, barrierefreien Sozialwohnungen ab. Sie sollten so lokalisiert sein, dass sie den Verbleib in der gewohnten Umgebung ermöglichen. Mit dem Umzug in eine solche Wohnung könnten Senioren zugleich einen Beitrag zur Lösung eines weiteren Wohnproblems leisten: Die freiwerdende größere Wohnung böte jungen Familien den ersehnten Raum.
Laura Romeu Gordo / Markus M. Grabka / Alberto Lozana Alcántara u. a., Immer mehr ältere Haushalte sind von steigenden Wohnkosten schwer belastet, DIW-Wochenbericht Nr. 27/2019, S. 468-476, Download
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