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Kaspar Pfister kannte die Bank für Sozialwirtschaft, ehe er sich mit seinem Pflege-Unternehmen „BeneVit“ selbständig gemacht hat – und nach langer Suche nach einem Finanzier war es die Sozialbank, die bereit war, das vor 20 Jahren noch unbekannte Hausgemeinschaftskonzept in der Altenhilfe zu finanzieren. Daraus hat sich eine vertrauensvolle Geschäftsbeziehung entwickelt, getragen von einem sehr guten persönlichen Kontakt und den Branchenkenntnissen der Bank. Auch aktuell finanziert die Sozialbank ein innovatives Konzept des Familienunternehmers: Das Konzept „BeneVit LebenPlus“. Im Zeitzeugen-Interview blickt Kaspar Pfister auf die Unterteilung zwischen stationärer, ambulanter und teilstationärer Pflege und auf gemeinsame Projekte mit der Sozialbank.
Ich bin Diplom-Verwaltungswirt und war 20 Jahre im Kommunaldienst, Hauptamtsleiter und Kämmerer. Danach war ich Geschäftsführer einer kirchlichen Organisation, der St. Anna-Hilfe bei der Stiftung Liebenau. Schon während meiner kommunalen Zeit hat mich das Thema Pflege sehr fasziniert. Heute profitiere ich von dieser Erfahrung, weil Pflege auch ein kommunales Thema ist. Vor knapp 20 Jahren habe ich die Firma „BeneVit“ gegründet. BeneVit ist eine Wortkreation zwischen zwei Begriffen, nämlich Bene Vitalis, gutes Leben. Bei Vorträgen in Pflegeheimen habe ich unsere Kunden über den Firmennamen entschieden lassen.
BeneVit ist eine Firma, die in der Altenpflege tätig ist. Unser Angebotsspektrum erstreckt sich von ambulanten Diensten, Essen auf Rädern, bis hin zu Wohnformen. Der Schwerpunkt liegt auf dem stationären Bereich. Als 1995 die Pflegeversicherung in Kraft getreten ist, hat sich das Kuratorium Deutsche Altershilfe auch damit auseinandergesetzt. Damals habe ich zum ersten Mal etwas von Hausgemeinschaften gehört und fand diese Idee sehr faszinierend. Gleichzeitig war ich jedoch davon überzeugt, das rechnet sich nicht. Mehrere Jahre war ich auf der Suche, wie man diese gute Idee anpassen kann, dass es auch bezahlbar ist.
Als Geschäftsführer bei der St. Anna-Hilfe bin ich mit der Bank für Sozialwirtschaft in Kontakt gekommen. Damals war die Bank eine bekannte Größe in der Finanzierung solcher Projekte. Auch auf Veranstaltungen und Vorträgen ist die Bank für Sozialwirtschaft mir immer wieder begegnet. Als ich die BeneVit in Deutschland gründete und das erste Projekt realisieren wollte, war ich auf der Suche nach der richtigen Bank. Ich kann mich noch gut entsinnen, dass mich Herr Belzner von der Geschäftsstelle Karlsruhe angerufen hat und meinte, die Bank für Sozialwirtschaft geht diesen Weg mit. Insofern ist die Bank für Sozialwirtschaft einer der wichtigsten Gründungsväter für BeneVit. Ohne diese Finanzierung wäre das Projekt „BeneVit-Hausgemeinschaft“ nicht entstanden. Das Projekt umfasste ein Volumen von rund sieben Millionen Euro, die ich nicht hatte. Die Bank für Sozialwirtschaft hatte den Mut, ein solches Startup mit bekannten Personen und einem neuen Konzept zu finanzieren.
Die Zusammenarbeit mit der Bank für Sozialwirtschaft ist sehr vielfältig. Die Bank für Sozialwirtschaft war von Beginn an unsere Hausbank. Wir wickeln unseren kompletten Zahlungsverkehr, sprich Geschäftsbetrieb, mit ihr ab. Wir haben etliche Projekte gemeinsam mit der Bank finanziert. Das jüngste Projekt ist ein Pflegeheim in Baden-Württemberg. Das sogenannte Projekt „BeneVit LebenPlus“ als Fortsetzung von stambulant.
Stambulant ist eine Wortschöpfung aus stationär und ambulant. Ich habe ein Pflegeheim in Wyhl gebaut und dort das Konzept stambulant umgesetzt. Wir sind in bestimmten Punkten eine stationäre Einrichtung, aber im Leistungsrecht ambulant. Es gibt keine Quoten oder Schlüssel, sondern eine fixe Personalstruktur, die die Grundleistungen für die Bewohner erbringt. Es gibt vier Wohngemeinschaften mit jeweils 14 Bewohnern, insgesamt 56 Plätze. Über diese Grundleistung hinaus werden Leistungen ambulant erbracht und auch ambulant abgerechnet. Das bedeutet ein höheres Budget für die Bewohner, deutlich mehr Freiheiten. Darüber hinaus können sich Angehörige einbringen, also Leistungen übernehmen, und bekommen, wie zu Hause auch, Pflegegeld. Im Endeffekt ist es nichts anderes als das ambulante Leistungsrecht, wie man es zu Hause kennt, übertragen auf eine Heimstruktur und das miteinander verknüpft.
Mich hat schon immer diese Aufteilung in der Pflegeversicherung zwischen stationär, ambulant und teilstationär gestört. Ich finde es nicht gerecht, dass die Leistungen der Pflegeversicherung nach der Wohnart definiert werden. Vor sieben Jahren gab es eine Änderung im SGB XI. Damit hatte die Politik rechtlich festgelegt, dass sie neue Modelle, also neue Wohnformen, erproben und fördern wollen. Wir haben uns beworben, ein solches Modellvorhaben zu machen und haben den Zuschlag bekommen. Nun haben wir es nicht nur entwickelt, sondern auch umgesetzt.
In meinen Einrichtungen haben wir zwischen 60 und 70 Prozent Bewohner, die eine diagnostizierte Demenz haben. Wir haben ungefähr 1.700 Bewohner im stationären Setting, davon wohnen rund 1.600 in stationären Hausgemeinschaften. Unser Konzept ist bewusst auf diese Personengruppe abgestimmt. In jeder Wohngemeinschaft wird der gesamte Alltag von Mitarbeitern und Bewohnern gestaltet. Das ist gerade auch für diesen Personenkreis ein Riesenvorteil. Insofern haben Bewohner bei uns eine Aufgabe. Das ist gerade für demenziell erkrankte Menschen immens wichtig.
Es ist ein großer Vorteil, mit einer Bank zusammenzuarbeiten, die weiß, wie eine Pflegeinvestition funktioniert und nicht nur das Alltagsgeschäft, sprich den Betrieb abwickelt. Banken, die damit nichts zu tun haben, brauchen einen gewissen Aufwand, bis sie diese Verstrickungen überhaupt verstehen. Das ist ein Nachteil des Systems. Manche tun so, aber verstehen es nicht. Mit der Bank für Sozialwirtschaft können wir eine andere Diskussion führen.
Seit Jahrzehnten versucht man mit mehr Personal und mehr Geld die Probleme zu lösen – welch ein Irrtum. Wir sind jetzt in einer Phase angekommen, in der es einfach nicht mehr Personal gibt, weder im Inland noch im Ausland. Ebenso erreichen die Sozialversicherungsbeiträge immer höhere Werte, was die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nicht gerade erleichtert. Es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass wir mit mehr Geld und Personal die Herausforderungen der Zukunft nicht lösen werden. Wir brauchen neue Konzepte, wie beispielsweise stambulant. Wir müssen endlich begreifen, dass wir mit begrenzten Personal- und Finanzmitteln die Versorgung sicherstellen müssen, aber das geht! Dazu braucht es in erster Linie unternehmerische Freiheit zur Umsetzung und eine Abkehr von der jetzigen Misstrauenskultur und maximaler Überregulierung in allen Bereichen. Außerdem das Vertrauen, eine deutliche Entschlackung und Vereinfachung des undurchsichtigen Pflegedschungels zwischen bundesweitem Leistungsrecht länderspezifischen Ordnungsrecht, einschließlich Auflösung der Sektoren. Und das sind nur die wesentlichen Punkte.
Ich habe gelernt, dass die Bank für Sozialwirtschaft im Gesundheitswesen einer der wenigen Spezialisten ist. Ich bin davon überzeugt, dass uns die Themen Gesundheit und Pflege noch ein paar Jahrzehnte beschäftigen wird und dafür braucht es Banken, die diese Themen verstehen.
Ich wünsche der Bank für Sozialwirtschaft, dass sie sich nicht zu sehr von Normen und Vorschriften und Vorgaben eingrenzen lässt und weiterhin kreativ und flexibel ist sowie den Mut hat, unkonventionelle Entscheidungen zu treffen. Eine Bank, die innovativ ist und Hürden angeht und meistert.
Herr Pfister, vielen Dank für das Gespräch!
Das vollständige Zeitzeugen-Interview mitKaspar Pfister ist abrufbar auf der Jubiläumswebsite gemeinsam-sozial-wirksam.de.
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Susanne Bauer
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