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Einsamkeit könnte zur neuen Alterskrankheit werden, Kontaktarmut zur größten Armut. Mit den geburtenstarken Jahrgängen der Babyboomer steht eine große Zahl von Menschen vor dem Ruhestand, für die Alterseinsamkeit zum Problem werden kann. Vor diesem Hintergrund thematisiert eine Expertise der Körber-Stiftung die zentrale Rolle der Kommunen: Bänke und schwellenfreie Übergänge im öffentlichen Raum sind gut, besser sind soziale Einbindung und Altersfreundlichkeit im Mittelpunkt allen Planens. Ein ermutigendes Praxisbeispiel lockt nach Aarhus.
Die vorliegende Analyse der Körber-Stiftung zusammen mit dem Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung beruht auf dem Symposium „(Gem)einsame Stadt? Kommunen gegen soziale Isolation im Alter“. Darin schälen sich zunächst folgende Handlungsschwerpunkte heraus:
Die Publikation der Körber-Stiftung schließt mit dem Bericht über eine Exkursion zusammen mit Vertretern deutscher Kommunen nach Aarhus 2019. Die zweitgrößte Stadt im nördlichen Nachbarland steht mit ihrer aktiven Bürgerpolitik für eine umfassende Strategie, „die lebendiges Miteinander fördert und soziale Isolation bekämpft“.
Bürger sollen fern bleiben: Auch wenn es paradox klingt – die Verantwortlichen der Stadt wollen die Bürger*innen fernhalten. Wie das gemeint ist, erklärt Hosea-Che Dutschke, Leiter des zentralen Health and Care Department (HCD): Je besser die Bürger*innen leben, desto weniger nehmen sie die Serviceleistungen der Kommune in Anspruch.
Postkarten weisen den Weg: Dafür sorgen die Planer mit einem dichten Netz von Maßnahmen. Digitale und analoge Begegnungsorte in Aarhus ziehen Menschen aller Herkunft und Altersklassen an. So fördert die Onlineplattform genlydaarhus.dk Kontakte zwischen Bürger*innen. Sozialarbeiter*innen unterstützen die Kontaktaufnahme, überall in der Stadt platzierte Postkarten weisen auf die Plattform hin. Ärzte und Apotheker dürfen mit Einverständnis der Betroffenen deren Kontaktdaten an das HCD weitergeben, damit Fachkräfte auf sie zukommen.
Begegnungsorte auf Schritt und Tritt: Mitten in Aarhus bieten das Dokk1, die größte Bibliothek Skandinaviens, und das Folkestedet, ein Quartierstreff mit Café, Bühne und Seminarräumen, reichlich Gelegenheit für organisierte und lockere Treffen und städtische Dienstleistungen. 38 solcher Begegnungsorte verteilen sich über die ganze Stadt.
Technik für ein gutes Leben: Ein neu errichtetes Mehrgenerationenwohnhaus bietet Studierenden, Familien, Älteren und Pflegebedürftige Platz, außerdem sind dort eine Kita und eine multifunktionale Theaterfläche untergebracht. Das „Center for Assisted Living Technologies“ präsentiert vieles, was gutes Leben im Alter technisch unterstützt, beschreibt der Bericht: von der Treppe, die zur Hebebühne wird, bis zum tremorsicheren Essbesteck. Räumlichkeiten für Start-up-Unternehmen locken die Gründerszene an. Kooperationen mit der Universität vor Ort machen Aarhus zum Innovationsstandort in einem Zukunftsmarkt.
Wohlfahrt, kein Selbstbedienungsladen: Mit diesem präzise durchdachten Konzept gilt Aarhus als Modellstadt des demografischen Wandels. Grundgedanke ist die Abkehr vom Verständnis eines „sozialen Selbstbedienungsladens“, wonach die Verwaltung den Bürger*innen eine wohlfahrtsstaatliche Rundumversorgung zu bieten hat, heißt es. Positiv gewendet: Der öffentliche Sektor muss für den Rahmen sorgen. Aber das, was „Wohlfahrt“ ausmacht, kann nur gemeinsam von der Verwaltung und den Bürger*innen geschaffen werden, zeigen sich die Verantwortlichen in Aarhus überzeugt.
Zwar ist das dänische Beispiel nicht einfach exportfähig, es kann aber Ansporn und ideenreicher Anstoß für eine altenfreundliche Stadt auch hierzulande geben.
Ann-Kathrin Schewe / Tanja Kiziak / Catherina Hinz:
(Gem)einsame Stadt? Kommunen gegen soziale Isolation im Alter, Hamburg: Körber-Stiftung und Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, November 2019, 25 Seiten
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