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Millionen Menschen in Deutschland rauchen oder sind alkoholabhängig. Neue Süchte wie Computerspielsucht und das Dampfen von E-Zigaretten kommen hinzu. Der aktuelle DAK-Gesundheitsreport mit dem Schwerpunkt „Sucht 4.0“ untersucht, welche Formen und Folgen dieses Suchtverhalten in der Arbeitswelt hat. Heraus kommt ein unschönes Bild, das auch die Chefs nicht kalt lassen dürfte: Von allen Erwerbstätigen sind 6,5 Millionen abhängige Raucher, 400.000 erfüllen die Kriterien der Computerspielsucht (Internet Gaming Disorder) und 160.000 Mitarbeiter sind alkoholabhängig.
Der Report basiert auf Daten zur Arbeitsunfähigkeit von rund 2,5 Millionen erwerbstätigen Versicherten der Krankenkasse DAK-Gesundheit. Hinzu kommen eine repräsentative Befragung von 5.000 Beschäftigten, eine Expertenbefragung zu Verbreitung und Umgang mit verschiedenen Suchtmitteln sowie Analysen zur ambulanten und stationären Versorgung. Das IGES Institut in Berlin wertete die Daten aus.
Jeder zehnte Arbeitnehmer hierzulande hat einen „riskanten Alkoholkonsum“, d. h. vier Millionen Menschen setzen sich der Gefahr aus, durch Alkohol krank oder abhängig zu werden. Unter jungen Erwerbstätigen (18-29 Jahre) ist jeder Sechste betroffen und damit doppelt so viele Personen wie bei den 40- bis 49-Jährigen.
Als suchtgefährdet gilt laut der Krankenkasse, wer als Mann täglich mehr als zwei Gläser Bier à 0,3 Liter und als Frau mehr als ein Glas trinkt und nicht an zwei Tagen in der Woche abstinent bleiben kann. Männer seien häufiger betroffen als Frauen: Unter den männlichen Erwerbstätigen hätten 14 Prozent einen riskanten Alkoholkonsum, unter den Frauen seien es knapp sechs Prozent. Folgen für die Arbeitswelt:
Worin liegen die Gründe für Alkoholmissbrauch? Der DAK-Report nennt arbeitsbedingte Risikofaktoren wie Überforderung, starker Termin- und Leistungsdruck sowie emotional belastende Situationen. „Der riskante Umgang mit Alkohol ist weiterhin ein zentrales Problem in unser Gesellschaft, das auch gravierende Folgen in der Arbeitswelt hat“, fasst der Report zusammen.
Rauchen ist laut DAK-Report die verbreitetste Sucht in der Arbeitswelt – 22 Prozent der Beschäftigten greifen zur Zigarette. Allerdings gibt es auch einen Lichtblick: Jüngere Mitarbeiter rauchen seltener als ihre älteren Kollegen. Von den 18- bis 29-Jährigen greifen 16,3 % zum Glimmstängel, bei den 60- bis 65-Jährigen fast jeder Vierte (23,7 %). „Fast jeder zweite Raucher raucht auch während der Arbeitszeit, also außerhalb der Arbeitspausen“, konstatiert die Untersuchung.
Der DAK-Gesundheitsreport warnt vor der neuen Form des Rauchens, dem sogenannten Dampfen. Mittlerweile greifen rund fünf Prozent der Erwerbstätigen nach E-Zigaretten, oft parallel zur herkömmlichen Zigarette. „Dampfer finden sich fast nur unter Rauchern und Ex-Rauchern. Wer nie geraucht hat, dampft nicht“, heißt es. 85 Prozent der Nutzer konsumieren Liquid mit Nikotin. „Dampfen mit Nikotin oder Tabak führt in die Abhängigkeit, genau wie herkömmliche Zigaretten", warnt DAK -Vorsitzender Andreas Storm und fordert: „Weil E-Zigaretten gesundheitsgefährdende Suchtmittel sind, dürfen sie nicht vom geplanten Tabakwerbeverbot der Bundesregierung ausgenommen werden.“
Erstmals untersucht der DAK-Report die Auswirkungen des Computerspielens (Gaming) auf die Arbeitswelt. Demnach werden 2,6 Millionen Menschen als „riskante Gamer“ eingestuft; vor allem junge Erwerbstätige und Männer gehören dazu. Der Anteil unter jüngeren Erwerbstätigen bis 39 Jahre lag bei deutlich über 60 Prozent.Folgen für die Arbeitswelt:
Ob Trinken, Spielen oder Rauchen: Menschen, die suchtgefährdet oder bereits suchtabhängig sind, haben einen doppelt so hohen Krankenstand (7,6 %), wie ihre Kollegen ohne diese Probleme, ermittelte die Studie. Bei jungen Leuten wird ein „Substanzgebrauch“, wie es im Fachjargon heißt, besonders häufig als Diagnose bei Arbeitsunfähigkeit genannt. Oft aber nimmt die Krankschreibung nicht auf das Suchtverhalten Bezug, sondern auf eine Reihe von Folgeerkrankungen: psychische Leiden, Muskel-Skelett-Erkrankungen, Rückenschmerzen und Atemwegserkrankungen.
Bei der öffentlichen Vorstellung der Studie wandte sich DAK-Chef Storm gegen jede Stigmatisierung: „Sucht ist eine Krankheit, die jeden treffen kann. (…). Wir müssen hinsehen, hinhören und handeln, um Betroffene nicht allein zu lassen. Ist es Genuss, Gewohnheit oder bereits Sucht?“ Auch Vorgesetzte sind aufgefordert, im Betrieb genau hinzuschauen und Betroffene diskret anzusprechen – im Interesse des Einzelnen und des Unternehmens.
Die DAK-Gesundheit greift das Thema Alkoholsucht auf und bietet das Online-Coaching „Vorvida“ kostenlos für ihre Mitglieder an. Der Ansatz sei völlig neu. Das Programm habe nicht zwingend eine Abstinenz zum Ziel, sondern helfe bei der Einschränkung des Trinkens. Eine Studie des Uni-Klinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) zur Wirksamkeit des Selbsthilfe-Programms belege, dass 75 Prozent der Teilnehmer dieses Ziel erreicht hätten.
DAK-Gesundheitsreport 2019, Alte und neue Süchte im Betrieb, Seiten 32-190
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