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Wie erleben Menschen ihr Alter? Gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen? Mit dieser Frage befasst sich der Deutsche Alterssurvey 2017* zum Thema „Frauen und Männer in der zweiten Lebenshälfte – Älterwerden im sozialen Wandel“, den das Bundesfamilienministerium jetzt vorgelegt hat. Fakt ist: Frauen werden meist älter als Männer. Heute beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung von Neugeborenen 88 Jahre für Frauen und 84 Jahre für Männer. Die Gründe sind teilweise biologischer Natur, aber auch geschlechtertypische Verhaltensmuster und Einstellungen spielen mit – so achten Frauen oft besser auf ihre Gesundheit und vermeiden eher hohen Alkoholkonsum. Außerdem gehen sie öfter zum Arzt als Männer. Zugleich leiden sie aber auch häufiger unter depressiven Symptomen, Einsamkeit und einer schlechteren funktionalen Gesundheit als Männer.
Das zentrale Ergebnis des vom Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA) durchgeführten Surveys stimmt positiv: Die meisten Frauen und Männer sind mit ihrem Leben zufrieden, und sie bleiben es bis ins hohe Alter. Zudem engagieren sich Ältere immer häufiger: So stiegen die Ehrenamtsquoten in den vergangenen Jahren deutlich an. „Insgesamt ist mit einer Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes zu rechnen, da jüngere Generationen die positiven Auswirkungen des medizinischen Fortschritts, höherer Bildungsniveaus und eines teilweise gesünderen Lebensstils im Allgemeinen zu spüren bekommen“, schreiben die Autoren. Zum Beispiel funktioniere die Früherkennung vieler Krankheiten sehr gut und insgesamt trieben Menschen mehr Sport: In höheren Altersgruppen stieg die sportliche Betätigung zwischen 2008 und 2014 an.
Doch es gibt auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Frauen sind gesundheitlich stärker funktional eingeschränkt als Männer – sie sind zum Beispiel oft weniger mobil. Dies kann unter anderem daran liegen, dass Frauen häufiger von Krankheiten betroffen sind, die die Mobilität beeinflussen, zum Beispiel Arthrose und Osteoporose. Sie leiden zudem öfter unter Depressionen: Im Alter von 90 Jahren sind 16 Prozent der Frauen davon betroffen, aber nur sechs Prozent der Männer.
Zugleich sind Frauen meist besser sozial eingebunden. Fürsorge und Pflege im privaten Bereich ist immer noch überwiegend Frauensache, auch die Betreuung von Enkelkindern wird häufiger von Frauen übernommen. Allerdings haben Männer hier in den letzten Jahren aufgeholt.
Mit zunehmendem Alter wächst das Risiko der sozialen Isolierung: Bei Männern steigt es über die betrachtete Altersspanne zwischen 40 und 90 Jahren relativ gleichmäßig von fünf auf 20 Prozent an. Bei Frauen verläuft dieser Anstieg langsamer, beschleunigt sich aber im Rentenalter, so dass sie ab Ende 70 ähnlich häufig sozial isoliert sind wie Männer. Ab etwa 80 Jahren steigt auch das Einsamkeitsrisiko: Im Alter von 90 Jahren liegt es für Frauen bei 14 Prozent, für Männer bei neun Prozent. Da die Zahl der Hochbetagten zunehmen wird – bis 2050 auf mehr als zehn Millionen Menschen geschätzt – werden in Zukunft mehr Personen von sozialer Isolation und Einsamkeit betroffen sein, so die Studienautoren.
Sie empfehlen daher, diese Themen stärker in den Fokus der Senioren- und Gesundheitspolitik zu nehmen – eine Herausforderung für Unterstützungssysteme in der Nachbarschaft, im Quartier und in der Kommune. „Ein erster Schritt könnte eine Aufklärungskampagne sein, die das soziale Stigma bekämpft, das es den Menschen schwer macht, über ihre Einsamkeit zu reden und sich Hilfe zu holen – ohne gleichzeitig die Stereotypen vom einsamen Alter zu bedienen“, heißt es in der Studie. Weitere Maßnahmen sind niederschwellige Interaktions- und Teilhabeangebote vor Ort wie zum Beispiel die Förderung von Nachbarschaftskontakten. Diese sollten sich besonders auf das jüngere mittlere Lebensalter und das hohe Alter konzentrieren.
Ansätze gibt es bereits: Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. (BAGSO) hat im vergangenen Herbst gemeinsam mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den Wettbewerb „Einsam? Zweisam? Gemeinsam!" ausgelobt, bei dem innovative Initiativen gegen soziale Isolation und für gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen gesucht wurden. Die Ergebnisse wurden vor wenigen Wochen vorgestellt. Ende September 2018 startete in Berlin die lokal agierende Initiative „Silbernetz – Das Netz für vereinsamte oder isoliert lebende ältere Menschen“. Bis heute haben mehr als 3.000 Menschen dort angerufen.
Um noch mehr wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über Menschen ab 80 Jahren zu gewinnen, fördert das Bundesfamilienministerium aktuell eine Hochaltrigenstudie, die auch Pflegebedürftige, Menschen mit Demenz und Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen erreicht. Sie wird 2019 und 2020 von der Universität Köln und dem Deutschen Zentrum für Altersfragen durchgeführt. Ergebnisse sind für das Jahr 2021 zu erwarten.
*Der Deutsche Alterssurvey
Der Deutsche Alterssurvey ist eine repräsentative Langzeitstudie zu Lebenssituationen und Alternsverläufen von Frauen und Männern in Deutschland ab 40 Jahren, die erste Befragung fand 1996 statt. Er wird vom Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA) durchgeführt und aus Mitteln des Bundesseniorenministeriums mit insgesamt 1,6 Millionen Euro für die Jahre 2016 bis 2019 gefördert.
Frauen und Männer in der zweiten Lebenshälfte – Älterwerden im sozialen Wandel
Zentrale Befunde des Deutschen Alterssurveys (DEAS) 1996 bis 2017, hg.von Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Berlin 2019, 42 Seiten, Download
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