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Alt und raus war gestern. Für Unternehmen erweist sich der Erfahrungsschatz älterer Mitarbeitender zunehmend als wertvolle Ressource. Wenn sich diese aber als Opfer von Altersdiskriminierung wahrnehmen, unterbleibt der Wissenstransfer an jüngere Kolleg*innen und wichtiges Know-how geht verloren. Schlecht für die Betroffenen, schlecht für das Unternehmen. Die Arbeitspsychologinnen Dr. Ulrike Fasbender von der Justus-Liebig-Universität in Gießen und Prof. Fabiola Gerpott von der Otto Beisheim School of Management untersuchen das Phänomen und fragen: Kann kluges Personalmanagement (HR) das Problem lösen?
Die Wissenschaftler*innen führten zwei Studien mit mehr als 600 Beschäftigten im Alter zwischen 20 und 71 Jahren durch. Die Teilnehmer*innen äußerten sich zur selbst erlebten altersbezogenen Diskriminierung und ihrer Bereitschaft, Wissen, Erfahrung und professionelle Kontakte mit den Kolleg*innen zu teilen. Dabei kam heraus: Ältere Mitarbeitende verinnerlichen diskriminierende Zuschreibungen am Arbeitsplatz. Die Folge kann schwindendes Selbstvertrauen sein und Zweifel, ob ihr Fachwissen bei Jüngeren gefragt ist. Ein Teufelskreis: Die Jüngeren müssen auf Wissen verzichten, es fehlt an Kommunikation und Verständnis zwischen den Generationen, die Unternehmen verbuchen den Verlust von Wissen, das zum Geschäftserfolg beitragen könnte.
Jeder fünfte Mensch hierzulande hat bereits Situationen erlebt, in denen er wegen seines Alters herabgesetzt wurde, vermeldet die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Manchmal in beleidigender Weise, häufig durch altersbegrenzte Kriterien. Im Arbeitsleben zum Beispiel, wenn Beförderung, Gehaltserhöhung und Fortbildung erst ab oder nur bis zu einem bestimmten Alter vergeben werden. Altersdiskriminierung kann also auch Jüngere treffen. Teil des Problems ist, dass altersbezogene Benachteiligung häufig nicht offen zutage tritt, sondern ein unterschwelliger, gleichwohl wirkmächtiger Teil der Unternehmenskultur ist. Als sich selbsterfüllende Prophezeiung untergräbt fortwährende Stigmatisierung dann auch noch die Motivation und Leistungsfähigkeit.
Angesichts einer alternden Gesellschaft tun Unternehmen gut daran, Fach- und Führungskräfte möglichst lange an Bord zu halten und deren Erfahrungswissen der nachrückenden Generation zukommen zu lassen. Eine altersangepasste Personalentwicklung, so die Autorinnen, sollte unterstützend wirken. Folgende bereits erforschte Human-Resources-Strategien kamen dazu auf den Prüfstand:
Die Bewertung solcher HR-Maßnahmen fiel „insgesamt eher ernüchternd aus“, heißt es seitens der Forscherinnen: Zwar fördere Weiterbildung die Selbsteinschätzung beruflicher Fähigkeiten und damit indirekt den Wissenstransfer. Zugeständnisse etwa bei den zeitlichen Ressourcen wirkten in dieselbe Richtung. Insgesamt aber seien damit die nachteiligen Effekte von Altersdiskriminierung nicht grundlegend ausgeschaltet.
Womöglich zielführender ist ein Konzept, das auf einen wechselseitigen Erfahrungs- und Wissenstausch zwischen den Generationen setzt – die Wissenschaft spricht vom „bi-direktionalem Ansatz“. Studienleiterin Ulrike Fasbender sagt gegenüber Trendinfo: „Wir sollten nicht fälschlicherweise glauben, dass es nur die Älteren sind, die Wissen haben, das es weiterzugeben gilt. Dasselbe betrifft auch die Jüngeren.“ Wie wichtig das Konzept des Erfahrungs- und Wissenstauschs zwischen den Generationen ist, belegt die Gießener Forscherin gerade in einer Folgestudie, die kurz vor der Veröffentlichung steht.
Ulrike Fasbender / Fabiola H. Gerpott, To share or not to share: A social-cognitive internalization model to explain how age discrimination impairs older employees’ knowledge sharing with younger colleagues. European Journal of Work and Organizational Psychology, 30 (1)/2021, Seiten 125-142, Download
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