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Wenn von Arbeit 4.0 die Rede ist, geht es vor allem um Digitalisierung in der Industrie. Doch schrittweise dringt das Thema auch in weniger technikorientierte Branchen vor. Bestes Beispiel ist die Pflege. Während sie im Krankenhaus bereits Gegenstand digitaler Prozesse ist, steht die Digitalisierung im ambulanten Bereich erst am Anfang. Hier kommt moderne Technik bislang kaum über den klassischen Hausnotruf zur Unterstützung pflegebedürftiger Menschen in der eigenen Wohnung hinaus zum Einsatz. Doch wie sieht es auf der anderen Seite aus, bei Pflegeeinrichtungen und deren Beschäftigten? Antworten gibt eine aktuelle Studie des IGES-Instituts im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums.
In der Digitalisierung sehen viele Fachleute eine Chance, den mit den Pflegestärkungsgesetzen bezweckten Ausbau der ambulanten Versorgung voranzutreiben. Auf diese Weise könnten enorme Rationalisierungspotenziale erschlossen und dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden, malt die Studie aus. Das Problem: Technikgestützte Dienstleistungen lassen für die großen Pflegethemen Mobilität, Körperpflege und Sicherheit zwar erheblichen Nutzen erwarten, dennoch hapert es vielfach an alltagstauglichen Lösungen.
Hier hakt die IGES-Studie nach. Sie befragt bundesweit 145 Pflegedienste zu den „Chancen und Hemmnissen der Digitalisierung“. Drei Kernbereiche ambulanter Dienstleister stehen im Fokus: innerbetriebliche Prozesse (vernetzte Tourenplanung und Leistungserfassung, vTL), Leistungserbringung beim Patienten vor Ort (elektronische Pflegedokumentation, ePD) sowie die Vernetzung mit weiteren an der Versorgung beteiligten Akteuren (Nachbarschafts-Netzwerk Pflege, NNP). Zentrale Ergebnisse sind:
Systeme der Tourenplanung und Pflegedokumentation schlagen sich der Befragung zufolge in optimierten administrativen Abläufen, höherer Wirtschaftlichkeit und weniger Arbeitsstress für die Beschäftigten nieder. Auch die Verbesserung der Pflege sowie eine höhere Kundenzufriedenheit werden häufig genannt.
Die Befragung förderte auch gravierende Hemmnisse zutage. Diese liegen in Unklarheiten bei den gesetzlichen Vorgaben im Umgang mit digitalen Gesundheitsdaten und in mangelnden Möglichkeiten der sicheren Vernetzung mit weiteren Akteuren. Hinzu kommen nach Meinung der befragten Pflegedienste die Unübersichtlichkeit des Marktes für branchenspezifische IT-Lösungen und die geringe Technikaffinität der betagten Zielgruppe.
Die Befragten machten auf den hohen Schulungsbedarf für die sachgerechte Anwendung neuer Technologien aufmerksam. In diesem Punkt geben die Empfehlungen der Gesellschaft für Informatik e. V. zum Erwerb digitaler Kompetenzen in der Pflegeausbildung nützliche Hilfestellungen. Berufstätige Pflegekräfte können in ihrer Fort- und Weiterbildung von Konzepten des arbeitsplatzbasierten Lernens und von E-Learning profitieren.
Entscheidungsrelevante Informationen: Die Studien-Autorinnen fordern eine Transparenzoffensive, die alle praxistauglichen Produkte und Dienstleistungen nutzerorientiert beschreibt und durch klare Preisangaben vergleichbar macht. Workshops unter Einbeziehung von Pflegediensten mit Praxiserfahrungen könnten nützliche Dienste leisten. Staatliche Förderprogramme sollten ebenfalls deutlich kommuniziert werden, regt die Studie an. Im Folgenden seien weitere Strategien genannt.
Unabhängige Beratung: Pflegedienste sollten die Chance haben, sich bei der Einführung neuer IT-Systeme von unabhängigen Experten beraten zu lassen. Als Beispiel bietet sich das BMWI-Programm „go digital“ an: Es begleitet den Mittelstand mit den Info- und Beratungsmodulen „Digitalisierte Geschäftsprozesse“, „Digitale Markterschließung“ und „IT-Sicherheit“ (http://www.innovation-beratung-foerderung.de/INNO/Navigation/DE/go-digital/go-digital.html).
Entwicklung von Geschäftsmodellen: Das Beispiel der theoretisch hoch geschätzten, aber noch nirgendwo etablierten nachbarschaftlichen Pflegenetzwerke macht den Mangel beispielgebender Geschäftsmodelle deutlich. Staatliche Förderung sollte für Abhilfe sorgen, um die Versorgung voranzutreiben.
Grit Braeseke / Sinja Henrike Meyer-Rötz / Claudia Pflug / Friederike Haaß, Studie zur Digitalisierung in der ambulanten Pflege – Chancen und Hemmnisse, IGES Institut GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, Berlin 2017
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