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Oma und Opa haben oft eine ganz besondere Bedeutung im Leben ihrer Enkel. Sie haben Zeit und Geduld, sind verlässliche Ratgeber und Tröster. Großeltern sind enge emotionale Bezugspersonen und oft auch unverzichtbar in der Enkelbetreuung. Hier setzt eine Studie im Auftrag der Stiftung Ravensburger Verlag an: Macht der Kita-Ausbau der vergangenen Jahre Oma und Opa arbeitslos? Wie sehr schätzen junge Eltern die Enkelbetreuung? Und ist das Bild allzeit verfügbarer Großeltern überhaupt noch zeitgemäß?
Jedes zweite Kind hierzulande wird von den Großeltern mitbetreut. Die vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) erstellte Studie greift auf repräsentative Daten der Jahre 1997 bis 2019 zurück. Diese beziehen sich auf die Rolle der Großeltern bei der Betreuung von Enkeln bis zum Alter von zehn Jahren. Die Tendenz ist klar – je kleiner die Kinder, desto mehr Unterstützung leisten die Großeltern:
„Großelternbetreuung ist in den letzten Jahren trotz Kita-Ausbaus weitgehend konstant geblieben, sie ist eine wichtige Komponente im Leben von jungen Familien und hilft den Eltern“, ergibt das Forschungsprojekt „Oma und Opa gefragt?“. Und das, obwohl die professionellen Betreuungsangebote erheblich ausgebaut wurden, so dass neun von zehn Vorschulkindern eine Kita besuchen. Die Betreuungssituation hat sich für Kinder in den zurückliegenden Jahren signifikant verändert: „Professionelle Kinderbetreuung hat also Oma und Opa nicht verdrängt, vielmehr wird die Großelternbetreuung zunehmend Teil einer Betreuungs‐Kombination mit der Kita oder dem schulischen Ganztag.” Diese Entwicklung gilt unabhängig vom Bildungshintergrund, trifft allerdings nicht auf Familien mit Migrationshintergrund zu, wo Großelternbetreuung weniger relevant ist.
Ein weiterer Studienschwerpunkt galt der Frage, welche Auswirkungen die Großelternbetreuung auf das Wohlbefinden der Eltern und Kinder hat. Die Antwort ist eindeutig: Die Zufriedenheit der Mütter steigt um 14 Prozent, die der Väter um 21 Prozent. „Dieser Anstieg im Wohlbefinden der Eltern kann wiederum positive Effekte auf die kindliche Entwicklung haben“, führt die Studie aus.
Etwas anders – und vielleicht überraschend – sieht es in der direkten Beziehung der Großeltern zu ihren Enkeln aus: Das Wohlergehen des betreuten Nachwuchses nimmt kaum zu, jedenfalls nicht in der gemessenen sozio‐emotionalen Entwicklung oder bei den schulischen Leistungen. „Das könnte u.a. am geringen zeitlichen Umfang, den Großeltern im Betreuungsmix beisteuern, liegen“, mutmaßen die Autor*innen. Vereinzelte nachteilige Effekte finden sich lediglich bei bestimmten Gruppen, etwa eine sozio‐emotionale Instabilität bei Kita-Kindern. Hier zeigten sich nach Einschätzung der Eltern überdies gesundheitliche Probleme.
Diese mitunter nachteiligen Folgen führen die Studienautor*innen auf die Abfolge unterschiedlicher Betreuungskontexte zurück. Der Wechsel der Bezugspersonen von Eltern, Großeltern und pädagogischen Fachkräften geht nicht an allen Kindern spurlos vorüber. „Gleichwohl haben Eltern gute Gründe, sich zusätzlich zur Kita für eine Großelternbetreuung zu entscheiden“, argumentiert die Studie. „Sie können dadurch z.B. Randzeiten abdecken, an denen Kitas geschlossen sind. Sie ermöglichen ihren Kindern einen Kontakt mit ihren Großeltern, was für die Beziehung zwischen den Generationen sehr wertvoll sein kann. Und sie haben auch für sich selbst Zeit für Freizeit.“ Doch nicht immer wird etwa daraus, zum Beispiel wegen der räumlichen Entfernung der Großeltern, weil sie Pflegeleistungen erbringen oder berufstätig sind. Letzteres vor allem bei Familien in Ostdeutschland.
Um möglichen Nachteilen im Umgang mit wechselnden Bezugspersonen vorzubeugen, solle in Kitas und schulischem Ganztag eine stabile und förderliche Betreuung angeboten werden, raten die Wissenschaftler*innen. Ein attraktives Arbeitsumfeld der pädagogischen Fachkräfte helfe häufigen Jobwechsel zu vermeiden. Überdies könnten ehrenamtliche oder professionelle Großelterndienste jene Eltern unterstützen, denen niemand unter die Arme greift.
Angesichts großer Veränderungen in Arbeitswelt und Demografie sind junge Familien auf eine familienfreundliche Arbeitsorganisation angewiesen. Hinzu kommt: Mit zunehmendem Alter der Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes und ansteigender Erwerbstätigkeit von Müttern stehen künftig weniger Großeltern für die Enkelbetreuung zur Verfügung. Schon heute ist die Erwerbstätigkeit der Großeltern für 60 Prozent der Eltern, die sich deren stärkere Einbindung wünschen, der Grund, warum sie keine Unterstützung bekommen. Nur eines ist jetzt schon klar, resümiert die Studie: „In jedem Fall hat die Enkelbetreuung durch Großeltern für eine alternde Gesellschaft, wie die deutsche eine ist, einen hohen Stellenwert für Familien.”
Mara Barschkett / Ludovica Gambaro / C. Katharina Spieß u.a.,
Oma und Opa gefragt? Veränderungen in der Enkelbetreuung ‐ Wohlbefinden von Eltern ‐ Wohlergehen von Kindern
Hg.: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, DIW Berlin, Stiftung Ravensburger Verlag, BiB.Bevölkerungs.Studien 1/2022, Wiesbaden 2022, 96 Seiten (2022)
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