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Der vorherige Beitrag zeigt am Beispiel des Messengerdienstes WhatsApp, dass es sich für Klinken durchaus lohnen kann, neue – digitale – Wege der Personalsuche und Imagebildung zu gehen. Im folgenden Interview mit der Redaktion von BFS-Trendinfo gibt Prof. Dr. Anja Lüthy von der TH Brandenburg Auskunft über Anwendungsbereiche, Methoden und Nutzen von Social Media in deutschen Kliniken.
Anja Lüthy: Derzeit haben Krankenhäuser aufgrund des demographischen Wandels Schwierigkeiten, rasch gutes Personal zu finden. Hier können Social-Media-Kanäle bei der Suche nach neuen Mitarbeitern helfen. Auf der Webseite www.whatchado.com stellen sich heute schon Krankenhäuser als attraktive Arbeitgeber vor und lassen ihre Mitarbeiter verschiedener Berufsgruppen in kurzen Viodeoclips, die auch bei YouTube, bei Facebook oder auf der eigenen Website abgerufen werden können, von ihren Arbeitsplätzen erzählen. Interessierte erhalten über diese authentischen Berichte einen realistischen Eindruck von der Arbeitswelt im Krankenhaus.
Erst wenige deutsche Krankenhäuser nutzen Social Media für externes Marketing und Personalmarketing effizient und effektiv. Schätzungsweise maximal 20 Prozent aller rund 2.000 bundesdeutschen Krankenhäuser kommunizieren über Social-Media-Kanäle, manche besser, manche noch recht rudimentär. Einige machen das aber bereits ziemlich gut.
Diese Häuser präsentieren auf ihrer Facebook-Seite regelmäßig Informationen zum Haus und zu ihrer Arbeitgeberattraktivität. Außerdem verbreiten sie ihre News sogar in Echtzeit, also „live“. Volkmar Falk, Ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin, führte beispielsweise am Weltherztag im September 2017 ein 30-minütiges Live-Interview mit einem Kunstherzpatienten, das bei Facebook gepostet wurde. Nach wenigen Tagen hatte der Beitrag viele tausend Likes.
Deutsche Krankenhäuser kommunizieren bisher vor allem nur über Facebook und stellen kurze Clips, in der Regel Imagefilme zum eigenen Haus, bei YouTube ein. Die Kommunikation über Twitter, Instagram oder gar Snapchat ist für Krankenhäuser noch absolut unüblich, obwohl sich diese Kanäle gerade für die Suche von jungen Mitarbeitern hervorragend eigenen. Amerikanische Krankenhäuser sind hier schon viel weiter.
Das Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York City beispielsweise belegt, wie gelungen man auch über Social Media Kanäle seine Zielgruppen – potenzielle Mitarbeiter, Patienten, Angehörige, die Öffentlichkeit – mit Kurznachrichten, Filmclips oder Bildern ansprechen kann. Unter www.mskcc.com sieht man, wie professionelles Social Media Management aussieht.
Immer mehr deutsche Kliniken erkennen, dass sie in naher Zukunft personelle Ressourcen für die Kommunikation via Social Media zur Verfügung stellen müssen. Ein „Social Media Manager“ sollte sich jeden Tag einige Stunden nur um das Generieren von Inhalten kümmern. Täglich aktuelle Posts oder Fotos sollten die Regel sein. Facebook, Twitter und Instagram eignen sich sehr gut dafür, Zielgruppen tagesaktuell zu informieren. Das Krankenhaus sollte darüber hinaus ein Profil auf XING und LinkedIn angelegen, um sich dort als attraktiver Arbeitgeber mit aktuellen Stellenausschreibungen vorzustellen.
Jede Einrichtung sollte außerdem regelmäßig bei Arbeitgeber-Bewertungsportalen wie Kununu und Glassdoor checken, wie die eigenen Mitarbeiter, Azubis und Bewerber das Unternehmen anonym bewerten. Damit können sie auch dafür sorgen, dass negative Kommentare nicht unkommentiert stehenbleiben. Bei Kununu und Glassdoor können Unternehmen übrigens auch offene Stellen posten, was einige Krankenhäuser bereits tun.
Zukünftig werden deutsche Krankenhäuser ähnlich wie US-amerikanische Kliniken zunächst den Angehörigen anbieten, ihnen auch aus dem OP WhatsApps oder Nachrichten über Twitter zu senden, um ihnen mitzuteilen, wie die OP des Verwandten verlaufen ist. Kliniken werden ihre neuen Mitarbeiter zukünftig auch mehr und mehr mit Hilfe spezieller Recruiting-Apps suchen und auswählen.
Da bietet sich zum Beispiel die App „Truffls“ an, die nach dem Prinzip der Tinder-Partnerbörse funktioniert. Die erste Kommunikation zwischen Bewerbern und Arbeitgebern läuft dann über WhatsApp. Für ein erstes Vorstellungsgespräch können passende Kandidaten zukünftig mehr und mehr unter Verwendung der App namens „Talentcube“ ausgewählt werden. Diese ermöglicht es, Bewerber über drei 30 Sekunden lange Videoclips (Antworten der Bewerber auf drei vom Krankenhaus gestellte Fragen) unkompliziert kennenzulernen.
Dank der Apps wird eine Menge Zeit gespart, wenn es um die Suche und die Einstellung neuer Mitarbeiter geht. Das Bewerbungsschreiben hat ausgedient. Ziel ist ein schlankes und digitales Bewerbungsmanagement, das sich meiner Meinung nach rasch durchsetzen wird. Es ist kostengünstig und wird den Kliniken dabei helfen, den „war of talents“ zu gewinnen.
Selbstverständlich. Nur kenne ich kein Krankenhaus, das seiner Belegschaft eine richtig gute Mitarbeiter-App zur Verfügung stellt. So ein Programm könnte beispielsweise den Dienstplan, das Fortbildungsangebot, den Speiseplan der Kantine und alle offenen Stellen – die Mitarbeiter ja an Freunde und Bekannte weiterleiten könnten – beinhalten. Das Unternehmen Daimler zeigt übrigens mit seiner Daimler4You-App, wie eine gute App für Mitarbeiter aussehen kann.
Dr. Anja Lüthy, 56, ist Professorin für Dienstleistungsmanagement und -marketing am Fachbereich Wirtschaft der TH Brandenburg. Nebenberuflich ist sie Speakerin auf Veranstaltungen in der Gesundheitswirtschaft und trainiert Führungskräfte in Krankenhäusern und Universitätskliniken.
Lüthy verfasste zusammen mit Christian Stoffers das Buch
Social Media und Online-Kommunikation für das Krankenhaus,
Berlin 2014, 368 Seiten, ISBN 978-3-95466-009-4
Siehe dazu BFS-Trendinfo 4/15:
Social Media: Heilsam auch fürs Krankenhaus
Arbeitswelt
Krankenhaus digital: Tue Gutes und whatsappe darüber!
Krankenhaus
Social Media: Das kommt auf Kliniken zu
Pflege
CareSlam: Wenn Pflege-Profis auf die Bühne gehen
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