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In Fragen des Klima- und Umweltschutzes gerät der Gesundheitssektor hierzulande zunehmend unter Druck. 5,2 Prozent der deutschen Treibhausemissionen sowie ein Ressourcenverbrauch von rund fünf Prozent des deutschen Rohstoffkonsums insgesamt gehen auf ihn zurück. Aus diesem Grund ruft der „Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe“ (DBfK) zu mehr Klimasensibilität und nachhaltigerem Handeln in der Pflege auf. Um die größte Berufsgruppe innerhalb des Gesundheitswesens für die Problematik zu sensibilisieren, hat er ein Positionspapier vorgelegt. Eine der zentralen Forderungen: Nachhaltigkeit und Klimaschutz sollen ein verbindlicher Bestandteil der Aus-, Fort- und Weiterbildung beruflich Pflegender werden.
Pflegefachpersonen falle es mittlerweile immer häufiger auf, wie sich die Klimakrise auf die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Patient*innen und Bewohner*innen auswirke, sagt Christel Bienstein, Präsidentin des DBfK. „Die Hitzebelastung macht vor allem älteren, pflegebedürftigen Menschen zu schaffen. Die Notwendigkeit des Handelns ist unübersehbar und bestimmt zunehmend den Alltag in der Pflege.“
„Im häuslichen Umfeld kann man bereits durch einfache Maßnahmen sicherstellen, dass die Betroffenen weniger unter den sommerlichen Temperaturen leiden“, ergänzt Ingo Böing, Referent beim DBfK. Wichtig sei es, richtig zu lüften und frühzeitig die Jalousien runterzuziehen bzw. sich dafür einsetzen, dass Jalousien angebracht werden. Er hält es für die vordringliche Aufgabe von professionell Pflegenden, nach Lösungen zu suchen, die den Betroffenen guttun und die innerhalb des individuellen Lebensumfeldes umsetzbar sind.
Mit seinem Positionspapier – das unterstreicht der DBfK – betritt man in Sachen „Klimaschutz“ keineswegs Neuland. Dass ein pflegerischer Beitrag zum Klimaschutz notwendig ist, geht aus der 2021 überarbeiteten Fassung des internationalen Ethikkodex für Pflegefachpersonen ausdrücklich hervor. Die Autor*innen des Papiers berufen sich außerdem auf den „Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen“ (SVR), der angesichts des Klimawandels „Resilienz stärkende Konzepte im deutschen Gesundheitssystem“ befürwortet.
In der „Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe“ (PflAPrV) wird das Thema „Nachhaltigkeit“ ebenfalls aufgriffen. Der DBfK setzt sich seinerseits dafür ein, die Rahmenrichtlinien zur Ausbildung anzupassen und fordert finanzielle Mittel, um die Bildungsarbeit voranzubringen. Außerdem sollte es nach Ansicht des Verbandes verpflichtende Fort- und Weiterbildungsangebote für examinierte Pflegefachpersonen geben.
Gleichzeitig wirft das Positionspapier ein Schlaglicht auf die vielfältigen Mittel, mit denen professionell Pflegenden das Geschehen positiv beeinflussen können. Denkbar sind beispielsweise Beratungen von Schüler*innen durch School Nurses oder von Menschen mit Pflegebedarf. Als Themen eignen sich u.a. die Ernährung, eine gesunde Lebensweise sowie die Wundversorgung.
Wie eng Gesundheit und nachhaltiges Handeln zusammenhängen, zeigt sich bei der Entsorgung von Arzneimitteln. Gelangen Antibiotika über das Abwasser in die Umwelt, können sie zum einen das Ökosystem schädigen, zum anderen zur Bildung resistenter Bakterien führen – mit gravierenden Folgen. Gefragt sind nicht allein technische Lösungen. Die Aufklärung von Patient*innen und deren Angehörigen zum richtigen Umgang mit Medikamentenresten ist ebenfalls geboten.
Große Sorge bereitet dem Verband die große Menge an Einwegmaterialien und Verpackungen, denn allein die Krankenhäuser verursachen jährlich 4,8 Millionen Tonnen Abfall. Wie es dazu kommt, erläutert Ingo Böing am Beispiel des OP-Bereichs: „War es früher üblich, das OP-Besteck wie Pinzetten, Scheren und Klemmen nach Gebrauch zu sterilisieren, werden heutzutage meist Einwegartikel verwendet.“ Keineswegs selten, so die Kritik, landen sie anschließend im Müll. Dabei könnte man zumindest ein Teil davon recyceln lassen. Auch der „Abfallmanager Medizin“ hält die derzeitige Praxis aus ökologischer Sicht für „äußerst fragwürdig“. Erschwerend kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Die Herstellung dieser Produkte erfolge oftmals in prekären Arbeitsverhältnissen, wendet Böing ein.
Als Gegenstrategie fordert das DBfK-Positionspapier eine „Kreislaufwirtschaft für Verbrauchsmaterialien, Ausstattung, Geräte und Medizinprodukte“. Ein wichtiger Aspekt ist die Auswahl von Lieferanten, die nach umweltschonenden Kriterien produzieren. „Im Krankenhaus sitzen Pflegepersonen gewissermaßen an den Schalthebeln für klimaschonendes Handeln – mehr als alle anderen Gesundheitsberufe im Krankenhaus“, erklärt Böing. „Da sie die Prozesse in allen Abteilungen organisieren, nehmen sie eine Schlüsselrolle ein, etwa bei der Materialbestellung.“
Als nachahmenswertes Praxisbeispiel für die stationären Langzeitpflege nennt Ingo Böing das Projekt „Klimafreundlich Pflegen“ der Arbeiterwohlfahrt (AWO Bundesverband e.V.). 90 Einrichtungen sind an dem Vorhaben beteiligt, das im Rahmen der „Nationalen Klimaschutzinitiative“ des Bundesumweltministeriums für drei Jahre gefördert wird. Wie auf der Projekt-Website zu erfahren ist, werden alle Aktivitäten gemeinsam mit Mitarbeitenden und Bewohner*innen entwickelt. Im Mittelpunkt stehen die Themen „Verpflegung (z.B. die Verwendung regionaler Lebensmittel), Energie und Ressourcen (z.B. der Einsatz von Regentonnen zur Einsparung von Wasser)". Das erklärte Ziel lautet, den Klimaschutz in der Pflege über den Projektzeitraum hinaus zu etablieren.
„Natürlich müssen die Rahmenbedingungen für klimagerechtes Handeln politisch gesetzt und von den Einrichtungsträgern umgesetzt werden“, sagt DBfK-Präsidentin Bienstein. „Aber auch wir Pflegefachpersonen haben einen Handlungsspielraum, mit dem wir verantwortungsbewusst umgehen sollten.“
www.abfallmanager-medizin.de/themen/op-besteck-einweg-oder-mehrwegprodukte-im-klinikum-nutzen/
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