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Dr. Christoph Mecking: In Deutschland haben wir ein sehr lebendiges Stiftungswesen, in dem überwiegend gemeinnützige Zwecksetzungen verfolgt werden. Zum Ende letzten Jahres wurden 25.254 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts gezählt und 693 Stiftungen neu errichtet. Diese rechtsfähige Stiftung gilt als Prototyp für die Verselbständigung nachhaltiger Vermögenswidmungen. Sie war indes nur in Grundzügen im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Daneben gab es höchst unterschiedliche Bestimmungen in den Ländern.
Ziel der Neuregelung war die Vereinheitlichung des materiellen Stiftungsrechts für ganz Deutschland. Dabei sollte der Stand der Rechtsentwicklung rechtssicher kodifiziert und die Grundlage für eine verallgemeinerungsfähige Praxis geschaffen werden. Änderungen von Satzung und Status einer Stiftung sollten klarer geregelt und notleidende Stiftungen leichter umgestaltet oder aufgelöst werden. Ein Stiftungsregister soll Transparenz und Publizität verbessern.
Der Stiftung wurde die Verbrauchsstiftung als weitgehend eigenständiger Typus hinzugefügt. Es ist eine einheitliche Begriffsbestimmung für das Stiftungsvermögen vorgesehen: Das Grundstockvermögen ist ungeschmälert zu erhalten, sonstiges Vermögen kann verbraucht werden; in Ausnahmefällen darf die Stiftung sogar einen Teil des Grundstockvermögens verbrauchen. Umschichtungsgewinne können auch für gemeinnützige Zwecke verwendet werden. Eingeführt wurde die aus dem Aktienrecht bekannte Business Judgement Rule, die bei risikobehafteten Entscheidungen geeignet ist, die Haftung der Vorstände zu reduzieren. Für Satzungsänderungen wird ein einheitliches Verfahren mit Voraussetzungen eingeführt, die nach der Intensität der Veränderungen gestuft sind. Und die Voraussetzungen, Verfahren und Folgen für Zulegung, Zusammenlegung, Auflösung und Aufhebung einer Stiftung werden umfassend geregelt.
Da das neue Stiftungsrecht mehr oder weniger den herkömmlichen Rechtsbestand abbildet, sind in der Regel keine unmittelbaren Aktivitäten erforderlich. Selbstverständlich sollte gelegentlich eine Anpassung der Satzung an die neuen Begrifflichkeiten - auch aus dem Gemeinnützigkeitssteuerrecht - erfolgen, etwa im Bereich der Vermögensbewirtschaftung. Soweit der Zweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann, ist die Umgestaltung in eine Verbrauchsstiftung oder eine andere Änderung des Status zu erwägen. Mittelfristig sollten Stiftungen die Anmeldung zum Stiftungsregister im Blick haben, das 2026 eingeführt wird. Sie haben dann auch einen Namenszusatz zu führen, „e. S.“ für die Stiftung, „e. VS.“ für die Verbrauchsstiftung.
Neben der Stärkung der Stifterfreiheit im Gesetz wäre eine hilfreichere Verwaltungspraxis wünschenswert. Nicht selten versuchen die Behörden, auf uniforme Statuten hinzuwirken, um sich selbst die Aufsicht zu erleichtern. Viel zu oft hat sich der Stifter mit kleinlichen Vorgaben auseinanderzusetzen. Und seit Längerem ist eine Bearbeitungszeit festzustellen, die die Grenze der Zumutbarkeit erreicht.
Zusammen mit zwei Anwaltskollegen habe ich eine Stiftung mit dem Namen „Fundatio“ konzipiert, deren Stiftungsgeschäft und Satzung sich unmittelbar an dem neuen materiellen Stiftungsrecht orientiert. Mit den Formulierungen adressieren wir offene stiftungsrechtliche Fragen und streben dazu eine einheitliche behördliche Haltung an. Dazu haben wir Vorprüfungsverfahren in allen 16 Bundesländern eröffnet.
Sie sprechen das sog. Forum-Shopping an, das es „unter der Hand“ seit jeher gibt. Wenn ein Stifter seine Vorstellungen in einem Bundesland abgelehnt sah oder mit der Sachbehandlung nicht einverstanden war, hat er nicht selten sein Vorhaben in einem anderen Land umgesetzt, mitunter sogar im Ausland. Sicher wird es je nach Ansprechpartner immer Unterschiede geben; wir haben ja mit Menschen zu tun und nicht mit Maschinen. Was es aber nicht geben darf, sind willkürliche Entscheidungen oder Vorgaben, die sich nicht aus dem Gesetz herleiten lassen. Hier wollen wir mit „Fundatio“ ansetzen.
Dazu wage ich keine klare Antwort. Aus interessierten Kreisen der Stifter, Stiftungen und Berater bekommen wir positive Rückmeldungen. Die Behörden verhalten sich reserviert. Noch ist keine Stiftungsbehörde zur Prüfung des eigentlichen Satzungsentwurfs vorgedrungen. Mit unterschiedlichen Begründungen, denen aus unserer Sicht durchweg eine Verankerung im Gesetz fehlt, hält man die Absicht für nicht ernsthaft oder sich selbst nicht für zuständig. Wir werden daher zu gegebener Zeit förmliche Anträge auf Anerkennung der Stiftung stellen und bei deren Versagung eine gerichtliche Überprüfung einleiten.
Das ist jedenfalls zu wünschen. Hilfreich ist sicher, dass das Stiften über die Diskussion des Gesetzes wieder deutlicher ins Bewusstsein gerückt ist. Leider dürfte die Regelungsdichte für Interessierte eher abschreckend wirken. Immerhin sehen wir jetzt 36 statt 7 Paragraphen. Es fehlen Ansätze zu Dynamisierung und Flexibilisierung der Stiftungsform und Impulse für Stifter- und Stiftungsautonomie. Insofern bleibt zu hoffen, dass trotz dieses Gesetzes weiter gestiftet und in den nächsten Jahren Verbesserungen diskutiert und dann auch umgesetzt werden. Mit unserer Initiative „Fundatio“ wollen wir dazu einen Beitrag leisten.
Über Fundatio:
Die Rechtsanwälte Dr. Christoph Mecking (Institut für Stiftungsberatung), Dr. Erich Theodor Barzen (Solidaris) und Dr. Stefan Fritz (Geschäftsführer mehrerer großer Stiftungen) haben Anfragen zur Anerkennungsfähigkeit ihrer Stiftungsinitiative „Fundatio“ nach dem neuen Stiftungsrecht an jeweils eine Aufsichtsbehörde in den 16 Bundesländern gestellt. Die Stiftungsseite www.fundatio.info stellt den Satzungsentwurf mit Erläuterungen vor und dokumentiert die Stellungnahmen der angeschriebenen Behörden.
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