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Ein Ruck geht durch die Pflege: Nach Industrie und Medizin ist die Digitalisierung auch in der Pflegewirtschaft angekommen. Hightech-Innovationen wie Pflegeroboter und Tele-Monitoring sollen die Probleme von Personalnot und wachsendem Pflegebedarf lösen helfen. Doch mit mehr Technik alleine ist es nicht getan. Die Beschäftigten müssen in die Implementierung moderner Technologien partizipativ eingebunden werden, fordern die Pflegewissenschaftler Michaela Evans, Volker Hielscher und Dorothea Voss. Die Branche habe großen Nachholbedarf: „Die Debatte um ,Arbeit 4.0’ ist in der Pflege noch nicht angekommen, weil sie einen blinden Fleck für personennahe Dienstleistungen hat.“ Abhilfe soll das eigens entwickelte „Leitbild Pflege 4.0“ schaffen, ein Wegweiser zu guter Arbeit, damit das Potenzial moderner Technologie ausgeschöpft werden kann.
In der Altenpflege und im Krankenhaus werde die Arbeit 4.0 nur selten als strategisches und integrierendes Modernisierungsprojekt berücksichtigt, bedauern die Autoren in ihrer bei der Hans Böckler Stiftung erschienenen Publikation. Ein echtes Manko: „Dass der Technikeinsatz unter seinen Möglichkeiten bleibt, liegt nicht an einer mangelnden Technikaffinität der Beschäftigten. Aber Beschäftigte haben Ansprüche an Technikgestaltung, die bisher zu wenig Beachtung gefunden haben.“ Stattdessen beherrschten zwei unzureichende Szenarien die Diskussion, merken die Wissenschaftler kritisch an.
Im Fortschrittsszenarioerfährt die Pflegetätigkeit demnach eine Aufwertung durch Technologie, indem sie Routinetätigkeiten übernimmt und den Beschäftigten so mehr Zeit für das Wesentliche verschafft. Im technikzentrierten Szenariohingegen wirkt Technologie als eigenständiger Akteur, der die Pflegearbeit eher reduziert und ersetzt. Dem halten die Autoren eine humanzentrierte Perspektiveentgegen: „Technik muss in die interaktive Arbeitssituation, also in den Austausch und die Beziehung zwischen Professionellen und Hilfsbedürftigen hineinpassen und von dort aus entwickelt und gestaltet werden.“
Höchste Zeit also für einen Maßnahmenkatalog, der die besondere Situation der Pflegearbeit im Kontext technischer Innovationen in den Blick rückt. Fünf Aspekte sollen Orientierung auf dem Weg zu guter Arbeit und patientenfreundlicher Versorgung geben:
Das „Leitbild Pflege 4.0“ vermag den Weg in eine moderne Versorgung aufzuzeigen. Den Verfassern ist aber bewusst, dass die Pflegebranche daran arbeiten muss, ihre kleinteilige Vertretungs- und Verbändestruktur zu bündeln, um sich gegenüber einer schlagkräftigen Industrie und dem behäbigen Gesetzgeber Gehör zu verschaffen.
Michaela Evans / Volker Hielscher / Dorothea Voss, Damit Arbeit 4.0 in der Pflege ankommt - wie Technik die Pflege stärken kann. Policy Brief der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 4, März 2018, 11 Seiten
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Einen umfassenden Überblick zum Thema gibt es hier:
Pflege 4.0 – Einsatz moderner Technologien aus der Sicht professionell Pflegender, Forschungsbericht der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), Hamburg 2017, 191 Seiten
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Siehe dazu auch:
BFS-Trendinfo 2/18: Ambulante Pflege 4.0: Digitalisierung im Schneckentempo
BFS-Trendinfo 3/18: „Wir brauchen eine Interessenvertretung Pflege 4.0“
Digitalisierung
Die Jobs gehen nicht aus – sie werden nur anders
Pflege
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