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Wie Menschen im Alter wohnen, hat einen großen Einfluss auf den Erhalt ihrer Selbstständigkeit und ihrer Lebensqualität. Da die geburtenstarken Jahrgänge inzwischen nach und nach das Rentenalter erreichen, wächst auch in den Kommunen der wohnungspolitische Handlungsdruck. Vor diesem Hintergrund haben die Körber-Stiftung in Hamburg und das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung eine Analyse erarbeitet. Klar wird – hinsichtlich der Wohnverhältnisse gibt es in dieser „Generation der Vielen“ deutliche Unterschiede. Mit einer Ausnahme: Alle wollen im Alter so lange wie möglich in der vertrauten Umgebung leben. Die Publikation „Ageing in Place“ zeigt, was kommunale Akteur*innen zur Umsetzung dieses Wunsches beitragen können.
Wenn man von den Babyboomern in Deutschland spricht, sind die Geburtsjahrgänge 1955 bis 1970 gemeint. Ihr Anteil an der Bevölkerung beträgt 29 Prozent. Vor allem im Westen hat diese Generation im Vergleich zu ihren Eltern höhere Bildungsabschlüsse erworben. Viele konnten Vermögen aufbauen. Im Gegensatz dazu war es den Babyboomern im Osten trotz guter Ausbildung viel seltener möglich, Geld auf die Seite zu legen, erläutern die Autor*innen. Materielle Unterschiede gebe es nicht nur zwischen Ost und West, sondern generell innerhalb dieser Alterskohorte. Ob die Babyboomer im Alter von einem erhöhten Armutsrisiko betroffen sind, bleibt der Broschüre zufolge unklar.
Generell eint die geburtenstarken Jahrgänge, dass sie erheblich gesünder sind als die Generationen vor ihnen. „Somit werden sie tendenziell erst im höheren Alter auf Unterstützung oder Pflege angewiesen sein ‒ und können damit länger in der bisherigen Wohnung verbleiben."
Eine weitere Besonderheit – während der 1980er Jahre waren viele in sozialen Bewegungen aktiv, wie der Friedens- oder Frauenbewegung, und haben neue Formen des Zusammenlebens erprobt. „In jedem Fall dürften sie andere, mitunter neuartige Ansprüche an das Leben und Wohnen im Alter haben als ältere Menschen zuvor.“
Um einen Eindruck von den derzeitigen Wohnverhältnissen der heute 52- bis 67-Jährigen zu vermitteln, verweist die Publikation unter anderem auf Zahlen des „Deutschen Alterssurvey“. Danach leben fast zwei Drittel im Eigentum, was als ein sicherer Wert erachtet wird.
Von denjenigen, die zur Miete wohnen, zahlen zwei Drittel eine Warmmiete von bis zu 750 Euro, ein Viertel höchstens 500 Euro. Dabei fällt auf, dass 5,9 Millionen und somit ein Drittel der über 64-Jährigen Menschen in Ein-Personen-Haushalten leben und somit über viel Platz verfügen. Das ist meist der Fall, wenn die Kinder ausziehen sowie nach Trennungen oder dem Versterben von Lebenspartner*innen.
Die meisten Babyboomer sind offenbar mit ihrer Wohnsituation zufrieden und haben über die Jahre eine enge Bindung an ihr soziales Umfeld entwickelt. Somit ist das Interesse, im Alter nochmal umzuziehen, bislang eher gering ausgeprägt. „Zum Umzug motivieren lassen sie sich eventuell durch ein Angebot an Wohnformen, die an die sich wandelnden Bedürfnisse im Alter anpassbar sind.“
Zwar existieren nur wenige Untersuchungen, die sich explizit mit den Wohnwünschen der Babyboomer befasst haben, stellen die Autor*innen fest. Tendenzen sind dennoch sichtbar. Besonders hoch im Kurs stehen „Unabhängigkeit und Selbstbestimmung“ sowie die Chance auf „anregende soziale Kontakte“. Hinzu kommen eine „zentrale urbane Lage“ und ein „abwechslungsreiches, möglichst grünes Umfeld.“ Allerdings werden das herannahende Alter und seine möglichen Konsequenzen häufig verdrängt. Das betrifft die Reduzierung von Barrieren in der Wohnung ebenso wie eine Risikovorsorge oder die frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema „Pflegebedürftigkeit“.
Ein wichtiges Fazit der Broschüre lautet: Städte und Gemeinde tun gut daran, die Wohnbedürfnisse der Babyboomer zu berücksichtigen, ohne die Generationengerechtigkeit aus den Augen zu verlieren.
Als ein erster Schritt wird empfohlen, den Bestand und die Bedarfe vor Ort einer eingehenden Analyse zu unterziehen. Ein erfolgreiches Praxisbeispiel ist das sauerländische Arnsberg. Dort wandte sich die Verwaltung mit einem Brief an ihre über 50-Jährigen Bürger*innen und wollte von ihnen wissen, wie sie im Alter leben und wohnen möchten.
Zudem können Kommunen im Rahmen eigener Bauvorhaben Einfluss auf die „Barrierefreie Anpassung“ nehmen. Bei privaten Um- und Neubauprojekten sei es sinnvoll, sachkundige Beratung anzubieten, schlagen die Autor*innen vor.
Auch das Umfeld bzw. die Infrastruktur müssten altersfreundlicher gestaltet werden. Das Spektrum reicht von abgesenkten Bürgersteigen über ein bedarfsgerechtes ÖPNV-Angebot bis hin zu öffentlichen Toiletten und Bänken.
Kommunen sollten sich gegenüber Wohnungsunternehmen und Eigentümer*innen dafür stark machen, dass in die Ortskerne investiert wird und leerstehende Bauten umgenutzt werden. Gelungen sei dies etwa in der hessischen Kleinstadt Homberg, wo die Altstadt durch unterschiedliche Initiativen wiederbelebt wurde.
Darüber hinaus wird den Kommunen geraten, die Entstehung von gemeinnützigen und genossenschaftlichen Wohnprojekten gezielt zu unterstützen. „Eine Möglichkeit besteht darin, kommunale Grundstücke im Baurecht nach definierten demografischen Kriterien zu vergeben anstatt nur im Bieterwettbewerb.“
Erfolgversprechend sei es zudem, Bürger*innen ebenso wie die verschiedenen Fachbereiche vor Ort aktiv einzubeziehen und langfristige Entwicklungen im Auge zu behalten.
Ageing in Place. Wohnen in der altersfreundlichen Stadt. Kommunale Strategien für die Babyboomer-Generation, erstellt von Körber-Stiftung und Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, November 2022, Download
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