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Claus Helmert war bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2020 viele Jahre Finanzdirektor des Paritätischen Gesamtverbandes und Mitglied der Finanzkommission der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW). Mitglied des Zentralbeirates der Sozialbank ist er bis heute. Seit 2021 ist er Mitglied des Vorstandes beim Paritätischen Landesverband Rheinland-Pfalz/Saarland. Sein Blick reicht von der Kooperation der Bank mit dem Paritätischen in den 80er Jahren – der Zeit der Selbsthilfegruppen – über die Bedeutung ihrer AG-Umwandlung für den Finanzverantwortlichen eines Gründungsaktionärs bis hin zur Kooperation zwischen der Bank, dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und der Freien Wohlfahrtspflege im Rahmen der Verlängerung des Bundeskreditmittelvertrages bis 2050.
Die Zusammenarbeit zwischen der Sozialbank und dem Gesamtverband würde ich als positiv und gut bezeichnen. Wir hatten von meiner Seite aus in den zurückliegenden Jahrzehnten ein hohes Maß an wechselseitigem Vertrauen, man konnte Dinge auch einfach per Telefon regeln. Kein anderer hätte einer Selbsthilfeorganisation in den 80er Jahren ein Konto gegeben. In dieser Zeit war die Bank für Sozialwirtschaft gerade für die Mitgliedsorganisationen in dem Bereich des Paritätischen sehr, sehr hilfreich und sehr, sehr wichtig. Es ist bedeutend, dass die Menschen, die in der Sozialbank arbeiten, auch nach wie vor zu den Menschen in der Freien Wohlfahrtspflege einen guten Kontakt haben.
Die Umwandlung der Bank von einer GmbH zur Aktiengesellschaft war natürlich für einen Finanzverantwortlichen einer Organisation, die infolge auch zu den Aktionären der Bank gehörte, sehr positiv. Von da an waren Dividendenauszahlungen auf Aktien an die Aktionäre möglich, die in unserem Verband für Projekte in der sozialen Arbeit verwendet wurden. Durch neue Aktionäre und Kunden erweiterten sich die Geschäftsgrundlage und das Geschäftsfeld der Sozialbank. Dies wiederum verbesserte die Ertragslage und die Eigenkapitalsituation der Bank sowie ihre Marktstellung in einem regulatorischen Umfeld.
Insbesondere für den Aufbau Ost wurden sehr viele Förder- und Strukturmittel des Bundes, des Familienministeriums an die Verbände gegeben. Diese wurden, und da war die Bank für Sozialwirtschaft immer ein wichtiges Scharnier, teilweise von der Bank verwaltet und durchgeleitet. Für den Bund, insbesondere für das Familienministerium, waren die Bank für Sozialwirtschaft und die Freie Wohlfahrtspflege auf den Punkt gebracht eins: Seriosität, Planbarkeit und Verlässlichkeit bei der Weitergabe von Mitteln. Zu der Zeit gab es in Ostdeutschland eine ganze Reihe von Investitionen im Rahmen des Aufbaus wohlfahrtspflegerischer Strukturen zu tätigen. Die Bank hat sukzessive Geschäftsstellen in Ostdeutschland errichtet – Dresden, Leipzig, Magdeburg, Rostock, Erfurt – und parallel in der Fläche hat der Paritätische den Aufbau der Landesverbände und der Mitgliedsorganisationen im sozialen Bereich unterstützt und gefördert. Ohne eine Bank geht dieser Prozess nicht. An dieser Stelle hat die Sozialbank das Ganze flankiert und immer gut begleitet.
Da sind natürlich die rechtlichen Rahmenbedingungen. Diese haben sich auch durch Regularien, die den Banken auferlegt worden sind, deutlich verändert. Aber es ist wie überall, wo Menschen arbeiten, es gibt immer wieder Veränderungen. Neue Menschen kommen hinzu und neue Herausforderungen erfordern Veränderungen. Man hat es immer wieder geschafft, mit neuen Akteuren gemeinsam tragfähige und gute Verbindungen zu schaffen.
Die Freie Wohlfahrtspflege kann nach wie vor im Rahmen des sich verändernden Umfeldes darauf bauen, dass es eine Fachbank für den Bereich der sozialen Arbeit gibt. Ich denke, in Anbetracht der ganzen aktuellen Herausforderungen, die wir heute haben, ist es umso wichtiger, dass man eine Anlaufstelle hier in Köln oder vor Ort in den Regionen hat. Die Bank hat nach 100 Jahren nach wie vor ihre ganz wichtige Funktion und Daseinsberechtigung. Die Finanzverantwortlichen des Paritätischen aus den Landesverbänden und Gesamtverband treffen sich regelmäßig zu einem länderübergreifenden Austausch. Zu diesen Treffen konnte sich die Bank zu entsprechenden Fachthemen einbringen.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Bundeskreditmittel, die 1975 für den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg aufgelegt worden sind seitens des Familienministeriums. Diese wurden durch den Aufbau Ost nach 1990 bis 2020 verlängert – ab 2000 aber nur noch für die neuen Bundesländer. Ab 2020 hätten sie nicht mehr für die Organisationen und Einrichtungen zur Verfügung gestanden. Wir, also das Familienministerium, die Bank für Sozialwirtschaft und die Freie Wohlfahrtspflege, haben gemeinsam erreicht, dass der Bundeskreditmittelvertrag ab 2020 für weitere 30 Jahre verlängert worden ist. Jetzt aber nicht mehr nur für die neuen Bundesländer, sondern wieder für die gesamte Bundesrepublik.
Die Bank für Sozialwirtschaft als Spezialbank kümmert sich ausschließlich um die Freie Wohlfahrtspflege und die Sozialwirtschaft. Die gesamten Fortbildungsmaßnahmen, die über die BFS Service GmbH stattfinden, aber auch neue Produkte, die die Bank im Bereich der Vermögensanlage etc. entwickelt hat, sind etwas Besonderes. Als großer Garant für eine ordnungsgemäße Verwaltung der Kreditmittel, aber auch die Gelder auf den Konten, die die Vereine und die Verbände führen, ist sie ein ganz wichtiges Scharnier für soziale Unternehmen.
Spannende Frage. Ich würde sagen, aus meinen 40 Jahren, die ich mit der Bank zusammenarbeiten konnte, unbedingt, weil die Rahmenbedingungen die Sozialwirtschaft immer vor neue Herausforderungen stellt. Es braucht unbedingt jemanden, der sozialen Arbeit, soziale Organisationen über ein ganzes Jahrhundert schon kennt. Damit hat die Bank aus meiner Sicht eine ganz fest verankerte weitere Berechtigung. Sie ist meines Erachtens unerlässlich.
Ich wünsche der Bank für Sozialwirtschaft weiterhin Stabilität, gute und enge Verbindungen in die Freie Wohlfahrtspflege und deren Organisationen. Vor allem einen guten Kontakt zu den Menschen, die vor Ort die Arbeit umsetzen und die für die Finanzen verantwortlich sind.
Das vollständige Zeitzeugen-Interview mit Claus Helmert ist abrufbar auf der Jubiläumswebsite gemeinsam-sozial-wirksam.de.
Lesen Sie hierzu auch die Geschichte „Begleitung durch Fortbildung:
www.gemeinsam-sozial-wirksam.de/geschichte/begleitung-durch-fortbildung
Weitere Informationen zum Fortbildungsprogramm der BFS Service GmbH finden Sie unter:
www.bfs-service.de/Seminare/
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