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Impfung immunisiert gegen das Coronavirus, nicht aber gegen Stress, Angst und körperliche Beschwerden infolge der Pandemie. Anders als jeder Impfstoff kann persönliche innere Stärke diesen Leiden vorbeugen, legt der Fehlzeiten-Report 2021 der AOK nahe. Darin geht es um Resilienz, die Fähigkeit, Schwierigkeiten als Herausforderungen und nicht als Bedrohung anzunehmen und gestärkt zu bewältigen. Beschäftigte kamen demnach gesünder durch die Pandemie, wenn sie sich selbst und ihr Unternehmen als belastbar, anpassungsfähig und problemlösend wahrnahmen.
„Kann Resilienz bei der Bewältigung der Krise helfen und welche Zusammenhänge ergeben sich mit der Gesundheit der Beschäftigten?“ fragt Mitherausgeber Helmut Schröder zu Beginn der Untersuchung. Grundlage ist die Befragung von mehr als 2.500 Beschäftigten für das Wissenschaftliche Institut der AOK (WidO) im Frühjahr 2021. Die Antwort: Beschäftigte mit niedriger Resilienz hatten gegenüber Beschäftigten mit hoher Resilienz im Vergleich zum Vorjahr mehr als doppelt so häufig Zweifel an den eigenen Fähigkeiten (69 vs. 27 %) und litten unter Angstgefühlen (52 vs. 11 %). Deutliche Unterschiede zeigten sich auch bei Magen-Darm-Beschwerden (38 vs. 13 %) und Herz-Kreislauf-Problemen (36 vs. 12 %).
Der allgemeine Krankenstand stieg im beobachteten Pandemie-Zeitraum nicht an: Weniger Krankmeldungen standen längere Ausfallzeiten gegenüber. Allerdings kam es zu einem Anstieg der psychosomatischen Beschwerden. Den erklärenden Hintergrund liefert die tiefgreifende Veränderung der Arbeitswelt mit Homeoffice und abrupten Disbalancen im Verhältnis von Arbeits- und Privatleben. 2021 nahmen gegenüber dem Vorjahr emotionale Schwierigkeiten wie Lustlosigkeit, Nervosität und Niedergeschlagenheit (88 vs. 69 %) sowie psychosomatische Beeinträchtigungen (84 vs. 80 %) zu. Hohen Zuwachs erfuhren Konzentrations- und Schlafstörungen, Erkrankungen der Atemwege und Infektionskrankheiten gingen zurück.
Die Studienautor*innen weisen auf einen interessanten Zusammenhang hin: Das Selbstvertrauen in die eigene Widerstandsfähigkeit korrespondiert eng mit dem Vertrauen in die Krisenfestigkeit des Unternehmens. „Beschäftigte, die ihr Unternehmen in der Krise als besonders anpassungsfähig, die Führungskraft als Unterstützung und den Zusammenhalt im Betrieb als gut erleben, berichten seltener von gesundheitlichen Beschwerden.“ Immerhin
mehr als vier Fünftel der Befragten (83 %) bewerteten ihr Unternehmen bei der Corona-Krisenbewältigung als gut aufgestellt. Beschäftigte mit einer guten Bewertung der Resilienz ihres Unternehmens waren in den zurückliegenden zwölf Monaten durchschnittlich 7,7 Tage krank, bei den Beschäftigten mit schlechter Bewertung waren es hingegen 11,9 Fehltage.
Ein Kapitel des vorliegenden Fehlzeigen-Reports geht eigens den coronabedingten Herausforderungen in der Altenpflege nach. Dazu wurden mehr als 500 Führungskräfte aus Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten in der ersten Pandemiewelle befragt. Zentrale Aussage: Diese ohnehin unter erheblichem Druck stehende Berufsgruppe erfuhr weitere Belastungen – mit vergleichsweise hohen Fehlzeiten: Bei den knapp 660.000 AOK-versicherten Pflegekräften fielen 2020 im Durchschnitt 25,4 AU-Tage an, 6,1 Fehltage mehr als im Durchschnitt aller AOK-Mitglieder.
Größter Belastungsfaktor bei Mitarbeitenden im Pflegebereich war die Sorge um das psychische Wohlergehen der Pflegebedürftigen, insbesondere bei demenzkranken Menschen, besagt die AOK-Studie. Weitere Erschwernisse resultierten aus Hygienevorschriften, Tests und Personalausfällen. Der Gesundheitszustand der Pflegekräfte hat sich nach Einschätzung der Befragten während der Pandemie verschlechtert, die Tendenz, krank zur Arbeit zu gehen, verstärkt.
Überhaupt macht die Studie die starke Betroffenheit sozialer Berufe durch Covid-19-Infektionen deutlich. Am meisten trifft das auf Berufe in der Betreuung und Erziehung von Kindern (6.609 Krankschreibungen je 100.000 AOK-Mitglieder) zu, noch vor Berufen der Ergotherapie (5.867 Krankschreibungen). Danach folgen Berufe in der Gesundheits- und Krankenpflege, der Altenpflege sowie der Haus- und Familienpflege.
Der Fehlzeiten-Report zeigt das Zusammenspiel von Resilienz auf persönlicher und unternehmensbezogener Ebene auf. „Eine gut gemeisterte Pandemie, die eine Art ,Stresstest‘ für die Stabilität der beiderseitigen Beziehung zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden darstellt, kann dazu führen, dass beide Seiten mit einer gestärkten Beziehung aus dieser Krise hervorgehen“, so Schröder. Vor dem Hintergrund der großen pandemiebedingten Veränderungen der Arbeitswelt komme der Betrieblichen Gesundheitsförderung eine Schlüsselstellung zu. Angesprochen sind Bereiche wie flexible Arbeitszeitregelung, Stressmanagement und die Förderung von Fitness- und Gesundheitskursen.
Bernhard Badura / Antje Ducki / Helmut Schröder / Markus Meyer (Hg.), Fehlzeiten-Report 2021 - Betriebliche Prävention stärken – Lehren aus der Pandemie, Wissenschaftliches Institut der AOK, Springer-Verlag Berlin, Heidelberg 2021, 866 Seiten
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