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Je länger die Corona-Pandemie anhält, desto mehr private Haushalte dürften in eine Schuldenkrise abrutschen, warnen die Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen etwa von AWO, DRK und Caritas. Der Einkommensverlust infolge von Kurzarbeit und Jobverlust zwingt viele Bürger zu scharfen Einschnitten – die Raten für das Haus oder die neue Küche sind dann nicht mehr finanzierbar. Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) untersucht die Auswirkungen der Pandemie auf die private Überschuldung und formuliert politische Empfehlungen.
Die Forscher*innen untersuchten vor allem die finanzielle Situation von bereits gefährdeten Gruppen und von neuerdings vom Verschuldungsrisiko bedrohten Gruppen. Mit sieben Millionen Menschen war die Verschuldung bereits vor der Pandemie kein Randproblem mehr, dennoch fehlte es der FES-Studie zufolge bislang an präziseren empirischen Daten zum Thema. Diese Lücke soll ein weiterentwickeltes Indikatorenmodell schließen: Es verbindet Variablen wie die Kündigung von Kreditverträgen, die Zahl der Lohn- und Gehaltspfändungen und Energiesperrungen mit einer repräsentativen Umfrage und zwei regionalen Fallstudien.
Infolge der Pandemie nimmt die Zahl überschuldeter Privathaushalte weiter zu, werden bestehende soziale Ungleichheiten verschärft. Einige Eckpunkte der FES-Studie:
Schuldenmachen geht häufig mit psychischen Belastungen einher. Wie reagieren die Nachbarn, wie sage ich es den Kindern, werde ich zum Sozialfall? Umgekehrt können psychische Belastungen, etwa durch Krankheit, Trennung und Arbeitslosigkeit, zu finanzieller Not bis hin zur Überschuldung führen. „Finanzielle und psychosoziale Destabilisierung verstärken sich oft gegenseitig (Schuldenspirale).“ Geldnot und Schulden greifen also tief in die psychosoziale Befindlichkeit des Menschen ein, ein Aspekt, der auch den Alltag der Schuldnerberatung prägt.
Um die drohende Zunahme der Überschuldungszahlen abzuwenden, geben die Studienautor*innen vor dem Hintergrund der Erkenntnisse der ersten Covid-19-Welle folgende zentrale Empfehlungen:
Die Covid-19-Pandemie lässt die Bevölkerung finanziell auseinanderdriften, so ein Fazit der Forscher*innen. Zwar kann nur eine effektive Wirtschafts- und Sozialpolitik diese Fehlentwicklung grundsätzlich korrigieren, zugleich bedarf es einer leistungsfähigen Schuldner- und Insolvenzberatung, um Betroffenen einen Weg aus der Krise zu weisen. Hier hat jedoch die Pandemie – wie bereits beim Digitalisierungsstand von Wirtschaft und Bildungssystem – ein erhebliches Modernisierungsdefizit aufgedeckt. Es zeigt sich, dass die Leistungsfähigkeit der Beratungsstellen von ihrer personellen, technischen und finanziellen Ausstattung abhängt. Eine Stärkung der Schuldnerberatung, wie sie von freien Trägern, Kommunen, Wohlfahrtsverbänden und Verbraucherzentralen geleistet wird, ist deshalb dringend nötig. Die Autor*innen sind überzeugt, dass Investitionen in die Schuldner- und Insolvenzberatung gesellschaftlich sinnvoll sind und sich auch finanziell für den Staat auszahlen.
Dieter Korczak / Sally Peters / Hanne Roggemann,
Private Überschuldung in Deutschland. Auswirkungen der Corona-Pandemie und die Zukunft der Schuldnerberatung, WISO-Diskurs 07/2021, Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.), Berlin , 61 Seiten
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Ines Moers, Private Verschuldung in der Corona-Krise –
Wie kann die Schuldner- und Insolvenzberatung gestärkt werden? WISO-Direkt, Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.), Berlin, 4 Seiten,
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