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Lehrkräfte, die mit Beamer & Co auf Kriegsfuß stehen, zu wenig Lerncomputer, schwaches oder nicht vorhandenes WLAN, weitgehendes Smartphone-Verbot im Klassenraum – bei der Digitalisierung des Lernens liegt in Deutschlands Schulen noch vieles im Argen. Das belegt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung im Rahmen des „Monitors Digitale Bildung“. Befragt wurden Schüler, Lehrer, Schulleiter und Experten, in wie weit digitalisiertes Lernen an weiterführenden Schulen praktiziert wird. Zentrales Ergebnis: Es fehlt nicht nur an Geräten und Internet-Anschlüssen, sondern vor allem an Ideen und Konzepten, wie digitale Medien sinnvoll im Unterricht genutzt werden können. Bislang hängt der Einsatz digitaler Medien hauptsächlich vom Engagement einzelner Lehrkräfte ab.
Befragt wurden 1.235 Schüler, 542 Lehrkräfte, 242 Schulleitungen und 30 Fachleute aus Ministerien, von Schulträgern und Verbänden. Dabei erhoffen sich Schulleiter und Lehrer von digitalen Medien vor allem administrative Hilfe – und weniger im Unterricht. So glauben beispielsweise nur knapp ein Viertel (23 %) der Lehrer, dass digitale Medien die Lernergebnisse der Schüler verbessern können. Dagegen geben 80 Prozent der Schüler an, dass sie motivierter seien, wenn Lehrer Lernvideos oder Präsentationen einsetzten. 88 Prozent sprechen sich dafür aus, dass Lehrer häufiger etwas Neues mit digitalen Medien ausprobieren sollten.
Weitere Einsatzfelder für digitale Medien sehen Lehrer und Schulleiter im Fremdsprachenunterricht oder bei der Förderung leistungsstarker Schüler. Nur rund 40 Prozent der Lehrer sind der Meinung, dass digitale Medien bei der Förderung leistungsschwacher Schüler helfen können, lediglich 30 Prozent glauben, dass ein Einsatz im inklusiven Unterricht sinnvoll sei.
Am häufigsten verwenden die Lehrkräfte Präsentationsprogramme wie Powerpoint (76 %), Office-Programme (Word, Excel, 73 %) und Videos (z.B. Youtube, 72 %) im Unterricht. Mehr als die Hälfte (56 %) nutzt Chatdienste wie Whatsapp oder Snapchat, um mit Kollegen und Schülern zu kommunizieren. Videos sind auch bei Schülern beliebt: 76 Prozent lernen in ihrer Freizeit mit Hilfe von Videos, 59 Prozent nutzen Wikipedia oder andere Wikis, 58 Prozent Chat-Dienste, 38 Prozent sind in sozialen Netzwerken unterwegs.
Die Initiative zum Einsatz digitaler Medien an deutschen Schulen geht vor allem von den Lehrern aus: So geben 87 Prozent an, dass der Impuls von ihnen selbst ausgegangen sei, 59 Prozent von Kollegen. Nur rund ein Drittel der Lehrkräfte sieht die Schulleitung in der Initiative. Hier besteht eine deutliche Diskrepanz zur Wahrnehmung der Schulleiter – diese bezeichneten sich zu 81 Prozent als Impulsgeber für den Einsatz digitaler Medien an ihrer Einrichtung.
Eine nur marginale Rolle spielen Schulbehörde und Landesregierung. Dabei ist der Umfang des Einsatzes stark abhängig vom individuellen Know-how und Engagement der Pädagogen: So nutzen nur 15 Prozent der Lehrerschaft digitale Medien in größerem Umfang, 37 Prozent gelegentlich und fast die Hälfte selten.
Als einen wichtigen Grund für ihr eher verhaltenes Engagement führen Lehrer die schlechte technische Ausstattung der Schulen an: 74 Prozent bemängeln eine unzuverlässige Medientechnik (z.B. gar kein oder schlechtes WLAN), vielen fehlt außerdem ein qualifizierter IT-Support. Auch die Kosten für Hard- und Software werden häufig ins Feld geführt.
„Es herrscht eine sehr heterogene Ausstattung vor. Pflege und Wartung liegt in den Kommunen, dementsprechend unterschiedlich sind die Schulen ausgestattet, je nach Finanzkraft der Kommune“, zitieren die Studienautoren eine Expertin.
Als Hürde empfinden die Lehrkräfte auch die zeitraubende Suche nach geeigneten digitalen Lehr- und Lernmedien, auch sei es nicht immer einfach, deren Qualität beurteilen zu können.
Aus den gewonnenen Erkenntnissen leiten die Studienautoren fünf Handlungsempfehlungen ab:
Bei der Digitalisierung der Schulen ist noch viel Luft nach oben: Neben einer vernünftigen technischen Grundausstattung und funktionierendem WLAN brauchen die Schulen hierzulande vor allem ein schlüssiges Digitalisierungs-Konzept. Denn allein eine gute Ausstattung macht noch keine digitale Revolution, wie die im Frühjahr 2017 erschienene Untersuchung der Bertelsmann Stiftung zu digitalen Medien an den Hochschulen zeigt: 80 Prozent der Lehrenden waren hier zwar mit der technischen Ausstattung zufrieden, wendeten digitale Medien aber nicht in entsprechendem Umfang an. Ausgerechnet Lehramtsstudierende nutzen digitale Medien seltener als Studierende anderer Fächer. Hier müssen die Hochschulen dringend an ihren Curricula für die Lehramtsausbildung arbeiten.
Nicht thematisiert wird in der Studie die Finanzierung der vorgeschlagenen Maßnahmen – obgleich die befürchteten Kosten für die Mehrheit der Lehrkräfte und Schulleiter ein großes Problem darstellen.
Ulrich Schmid / Lutz Goertz / Julia Behrens, Monitor Digitale Bildung: Die Schulen im digitalen Zeitalter, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh, September 2017, 64 Seiten
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Susanne Bauer
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