Suche
Die Zahl der Pflegebedürftigen wird künftig stark zunehmen, der Mangel an Pflegefachkräften ebenso. Der Einsatz digitaler Technik könnte das Problem wirksam angehen, kommt aber nur schleppend in Fahrt. Als ein Grund dafür gilt die mangelnde Akzeptanz bei der Bevölkerung, die Befürchtung, eines Tages von Pflegerobotern abgespeist zu werden. Eine aktuelle Analyse des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) zeichnet ein ganz anderes Stimmungsbild: Danach sind die Menschen hierzulande durchaus für Digitaltechnik im persönlichen Pflegekontext aufgeschlossen – nur finden nicht alle alles gut, was jetzt oder in naher Zukunft praktisch möglich wäre.
Technische und digitale Unterstützungssysteme, die Pflegende entlasten und Pflegebedürftige in ihrer Selbstständigkeit stärken, sind nicht neu. Praktischer Nutzen sowie Fragen des Datenschutzes und der Haftung sind jedoch oft noch nicht hinreichend geklärt. Vielleicht ist auch einfach der Problemdruck noch nicht groß genug. So verwenden laut ZQP-Analyse bereits knapp drei Viertel der ambulanten Pflegedienste ein digitales System für Tourenplanung und Leistungsabrechnung, jedoch nur ein Viertel eine elektronische Pflegedokumentation. Die in Japan entwickelte Therapierobbe „Paro“ ist hierzulande schon seit 2001 zur Versorgung von Demenzkranken im Einsatz, Assistenzroboter („Pepper“, „Annie“) hingegen nur in Pilotprojekten. Bei der Entwicklung von Assistenzsystemen im häuslichen Umfeld (z. B. Sensormatte, Herdabschaltung, Quartiersvernetzung) tut sich zwar einiges, doch nur der Hausnotruf erfreut sich mit geschätzt 750.000 Nutzern großer Beliebtheit.
Mit einer repräsentativen Befragung von 1.000 Teilnehmern ab 18 Jahren gibt die aktuelle ZQP-Studie einen Überblick, was die Deutschen vom Einsatz digitaler Technologien in der Pflege halten. Die Befragung gliedert sich in vier Anwendungsbereiche.
Die Untersuchung belegt eine relativ große Offenheit der Bevölkerung für Maßnahmen und Geräte der digitalen Pflegeunterstützung. „Knapp zwei Drittel (64 %) der Befragten erkennen darin eher Chancen, für ein Viertel (25 %) überwiegen die Risiken“, bringt es die Studie auf den Punkt. Notwendig ist aber auch die altersspezifische Einordung aller Umfrageergebnisse. So stimmen dem Statement „Ich finde schnell Gefallen an technischen Neuentwicklungen“ 59 Prozent der 18- bis 29-Jährigen, aber nur 25 Prozent der über 60-Jährigen zu. Viele Angehörige dieser Altersgruppe geben an, mit der neuen Technik einfach nicht zurecht zu kommen. Die Akzeptanz digitaler Pflegehelfer ist also nicht zuletzt auch eine Generationenfrage.
Ein zentrales Hindernis für Entwicklung, Akzeptanz und Marktreife digitaler Angebote ist der Datenschutz, hält die Studie fest und beruft sich dabei auch auf aktuelle Untersuchungen des Bundesgesundheitsministeriums und der Techniker Krankenkasse (beide von 2017). Demnach fürchten 59 Prozent der Bürger um die Sicherheit ihrer Gesundheitsdaten im digitalen Zeitalter. Ein weiteres Hindernis ist die mangelnde Technikkompetenz bei älteren Pflegebedürftigen.
Das Gute an beiden Problembereichen: Sowohl mangelnde Datensicherheit als auch fehlende Technikkompetenz lassen sich durch gezielte Maßnahmen der Politik aus der Welt schaffen oder zumindest deutlich entschärfen. Mehr Datensicherheit, mehr Information, mehr Aufklärung ist das Gebot der Stunde. Damit steigen auch die Aussichten, dass die positive Einstellung der Bevölkerung technischen Innovationen zum Durchbruch verhilft, die allen Beteiligten Nutzen bringen.
Simon Eggert / Daniela Sulmann / Christian Teubner, Einstellung in der Bevölkerung zu digitaler Unterstützung in der Pflege, Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP), April 2018, 20 Seiten
Download
Siehe auch den Forschungsbericht „Pflege 4.0: Einsatz moderner Technologien aus der Sicht professionell Pflegender“ der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), in: BFS-Trendinfo 3/18: „Wir brauchen eine Interessenorganisation Pflege 4.0“
Zur Diskussion, die Pflegenden aktiv in den Prozess der Digitalisierung der Pflege einzubeziehen und im „Leitbild Pflege 4.0“ zu verankern, siehe BFS-Trendinfo 6/18: „Hightech funktioniert nur mit dem Menschen“
Digitalisierung
Digitale Technik in der Pflege: Die Akzeptanz wächst
Arbeitswelt
Kontrolle ist ungut, Vertrauen ein Wettbewerbsvorteil
Inklusion
5 kommunale Modellprojekte der Aktion Mensch
Pflege
Ausgaben für die „Hilfe zur Pflege“ deutlich gestiegen
Migration
Einwanderung in der Stadt: Erfahrungen mit kultureller Vielfalt
Pflege
Präventive Hausbesuche: Senioren und Kommunen profitieren
Rechtliche Betreuung
Vorhang auf zum Blick in die Praxis!
Buchempfehlung
Alexandra Borchardt: Mensch 4.0. Frei bleiben in einer digitalen Welt
Susanne Bauer
Senior Referentin Unternehmenskommunikation
Konrad-Adenauer-Ufer 85
50668 Köln
T 0221 97356-237
F 0221 97356-477
E-Mail