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Alles Mögliche steht derzeit auf dem Prüfstand: politische Entscheidungen, Konzernstrukturen, ganze Gesellschaften. Die Pandemie stellt vieles in Frage und schärft das Bewusstsein für den akuten Veränderungsdruck. Auch viele Beschäftigte überdenken ihre berufliche Situation. Sie haben ihre Arbeit über Monate hinweg unter außergewöhnlichen Bedingungen erlebt, bewerten manches neu oder sorgen sich, wie es für sie weitergeht. Die Jobplattform StepStone ging diesem Unbehagen in einer Umfrage nach und kam zu dem Ergebnis: Viele Berufstätige wollen nicht einfach so weitermachen wie bisher.
Das Leben ist zu kurz, um es im falschen Job zu verbringen – dieser Ansicht sind auffallend viele Menschen ausgerechnet in der aktuellen Situation. Mehr als jede vierte Person (28 %) möchte angesichts der Corona-Krise den Job wechseln, ergab die Befragung. Sie wurde bei 28.000 Beschäftigten, darunter 2.700 Führungskräften und Personalverantwortlichen, im Herbst 2020 durchgeführt. Häufigste Gründe für die Wechselstimmung: ein höheres Bedürfnis nach Sicherheit und Sinn, Unzufriedenheit mit dem Krisenmanagement der Führungsetage und das Gefühl der Überforderung durch die Vielzahl neuer digitaler Anwendungen. Hier die Motivlagen im Einzelnen.
Die coronabedingte Wirtschaftskrise beutelt manche Geschäftsfelder mehr als andere. Beschäftigte etwa in Touristik, Gastronomie und Kultur erlebten den brutalen Einbruch ihrer Branche. 13 Prozent aller Befragten empfanden folglich, dass ihre aktuelle Tätigkeit nicht ihrem Sicherheitsbedürfnis gerecht wird, zehn Prozent der Beschäftigten in den genannten Branchen sind zu einer beruflichen Neuorientierung entschlossen. Eine Auswertung der Bewerbungen über StepStone belegt den Trend: Das Interesse an Stellen im öffentlichen Dienst nahm in den vergangenen zwölf Monaten im Vorjahresvergleich um zwölf Prozent zu, Suchbegriffe wie „Verwaltung“ (+31 %) und „Verwaltungsfachangestellte*r“ (+14 %) wurden auffallend häufiger eingegeben.
Corona bringt überkommene Gewissheiten ins Wanken, die großen Themen wie Klimakrise und Migration machen viele Menschen nachdenklich. „Wer seine Art zu leben in Frage stellt, überdenkt früher oder später auch seinen Job“, sagt die StepStone-Studie zu Jobsuche und Bewerbung. Bleiben oder gehen? Sechs von zehn Personen begründeten ihren Wunsch, die Arbeitsstelle zu wechseln, mit der fehlenden Sinnhaftigkeit ihrer Beschäftigung. Der persönliche Beitrag zu einer besseren Welt wird zu einem wichtigen Kriterium.
Die Pandemie fordert Führungskräfte in zuvor unbekanntem Maße als Krisenmanager heraus – für Beschäftigte sensibilisiert das die Wahrnehmung von Wertschätzung am Arbeitsplatz. Wieviel Umsicht, Rücksicht und Flexibilität zeigen der Chef oder die Chefin angesichts der besonderen Belastungen der Belegschaft, wie gehen sie mit familiären Schwierigkeiten und gesundheitlichen Sorgen einzelner Mitarbeiter*innen um? Hier liegt wohl einiges im Argen: Rund ein Fünftel (21 %) der Befragten, die eine berufliche Veränderung anstreben, zeigen sich vom Krisenmanagement ihres Arbeitgebers enttäuscht.
Homeoffice statt Büro-Präsenz, Videokonferenz statt Flurfunk: Die abrupten Veränderungen am Arbeitsplatz zwingen viele Arbeitnehmer*innen in eine steile Lernkurve, mitunter auch mit dem Gefühl der Überforderung. Sie sehen sich oder ihr Unternehmen schlecht für die Zukunft aufgestellt und wollen an ihrer digitalen Qualifikation arbeiten. 30 Prozent bezweifeln, dass sie ihren Job in der bestehenden Form bis zur Rente ausüben können und 21 Prozent sind überzeugt, diesen Wunsch nur dann verwirklichen zu können, wenn sie sich ständig weiterbilden.
„Unsere Studie zeigt, dass nicht ausschließlich das Gehalt oder fehlende Aufstiegsmöglichkeiten Grund dafür sind, wenn Beschäftigte ihren Job auf den Prüfstand stellen. Immer wichtiger werden vermeintlich ‚weiche‘ Faktoren wie Sicherheit, Sinnhaftigkeit und Wertschätzung durch den Chef“, stellt Lea Schröder fest, Karriere-Expertin bei StepStone. Damit sagen die Ergebnisse einiges über den Wert der Arbeit für die Menschen aus. „Die Situation um die Corona-Pandemie hat vielen Menschen noch einmal deutlicher vor Augen geführt, wie wichtig ihnen ein Arbeitgeber ist, der zu ihnen passt, krisenfest ist und ihnen eine langfristige Perspektive aufzeigen kann“, erklärt Schröder. Nicht verwunderlich: Im Schnitt investieren Beschäftigte ein Drittel des Tages in die Arbeit und verbringen damit mehr Zeit mit Arbeitskolleg*innen als mit der eigenen Familie.
Bei Unternehmen rückt das Thema Mitarbeiterzufriedenheit zunehmend in den Fokus – und das liegt nicht nur an der Corona-Pandemie. Denn die richtigen Mitarbeiter*innen für sich zu gewinnen und auch zu halten wird im Zuge der demografischen Entwicklung und dem steigendenden Bedarf an Fachkräften immer wichtiger. Zwei Drittel der befragten Unternehmen planen laut StepStone-Umfrage, sich stärker auf Themen wie Mitarbeiterzufriedenheit und -motivation zu konzentrieren. Auch flexible Arbeitszeitmodelle oder Homeoffice-Maßnahmen (47 Prozent) sowie bessere Weiterbildungsmöglichkeiten (44 Prozent) sehen Unternehmen als Maßnahmen, um ihre Arbeitgeberattraktivität zu steigern – neben der Anpassung des Gehaltsniveaus (50 Prozent).
Weitere Informationen:
Studie der Jobplattform StepStone vom 26.04.2021
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