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Unpolitisch, selbstverliebt und smartphonesüchtig – schon hart, wie so mancherorts über die junge Generation geurteilt wird. Eine Studie der Vodafone-Stiftung rückt das Bild von der angepassten „Generation Selfie“ zurecht. Demnach informiert sich ein Großteil der jungen Menschen hierzulande regelmäßig über das politische Geschehen und wählt dabei themenbezogen unterschiedliche Medienkanäle. Aber auch eine alarmierende Erkenntnis tritt zutage: Jugendliche mit niedrigem Bildungsniveau laufen Gefahr, vom politischen Diskurs abgehängt zu werden.
Für die Studie wurden 2.140 Internetnutzer im Alter zwischen 14 und 24 Jahren im Mai/Juni 2019 befragt. Die Frage war, wie sich junge Leute über das politische Geschehen informieren: über Politik generell und über jeweils aktuelle Themen. Im Umfragezeitraum standen die Streitthemen Fridays for Future, Brexit, Reform des Urheberrechts und Europawahl hoch im Kurs. Zwar unterliegt die Aktualität öffentlicher Themen naturgemäß einem raschen Wandel, das in der vorliegenden Studie untersuchte Medienverhalten junger Menschen und die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen folgen jedoch langfristig wirkmächtigen Präferenzen.
„Darüber, was in Deutschland und der Welt passiert“, also im weitesten Sinne über Politik, informiert sich eine große Mehrheit der befragten jungen Leute: 36 Prozent täglich und weitere 36 Prozent wöchentlich. Die Studie bezeichnet diese Personen als „reflektierte Informationsverarbeiter*innen“. Allerdings mit erheblichen Unterschieden bei Geschlecht, Alter und Bildung: Junge Männer halten sich mehr über das Polit-Geschehen auf dem Laufenden als Frauen (44 vs. 27 %), junge Erwachsene zwischen 20 und 24 Jahren mehr als Jugendliche von 14 bis 19 (42 vs. 30 %), Befragte mit formal höherer Bildung mehr als solche mit niedrigerer Bildung (47 vs. 26 %). Immerhin 15 Prozent der jungen Menschen informieren sich selten oder nie.
Auch wenn die Umfrageteilnehmer mit dem Smartphone aufgewachsen sind, so nimmt das persönliche Umfeld eine Spitzenstellung ein:
Ein zentraler Aspekt der Medienkompetenz junger Leute ist die themenorientierte Nutzung. So dominieren bei der Debatte um das Urheberrecht die sozialen Medien (YouTube, Facebook, Instagram, Twitter: 52 %), beim Brexit die klassischen Medien (TV, Radio, gedruckte Zeitungen: 70 %). Bei der Berichterstattung rund im „Fridays for Future“ überraschen die hohen Werte für Nutzung und Vertrauen in die klassischen Medien (60 und. 51 %). Erst danach kommen Online-Nachrichtenanbieter (41 und 32 %) und soziale Medien (44 und 20 %). Das bedeutet: Greta und ihre Follower informieren sich über Politik gerne bei den sozialen Medien, bringen ihnen aber nur wenig Vertrauen entgegen. Dann sind eher Zeitung, Fernsehen und Radio am Zug.
„Falschnachrichten sind allgegenwärtig und verunsichern“, fasst die Studie die Befragung zusammen. Zwei Drittel der Teilnehmer (64 %) geben zu Protokoll, mindestens einmal wöchentlich an Fake News im Sinne einer absichtlich falschen Darstellung zu geraten, jedem Achten (12 %) wiederfährt das mehrmals täglich. Facebook wird am häufigsten als Quelle von Falschnachrichten genannt.
60 Prozent der Befragten sucht nach Alternativquellen. Wer sich häufiger politisch informiert, stößt öfter auf Fake News und steuert auch öfter alternative Quellen an. Wobei Letzteres nicht selbstverständlich ist: 42 Prozent der Umfrageteilnehmer geben Unsicherheiten im Erkennen von Fake News an, Jugendliche eher als junge Erwachsene (46 bzw. 37 %).
Unzufriedenheit herrscht über die öffentliche Kommunikation von Politikern und Parteien mit Themen, die jungen Leuten ein besonderes Anliegen sind. „Dabei beklagen die Befragten vor allem die Verharmlosung gravierender gesellschaftlicher Herausforderungen, wie des Klimawandels, und die Delegitimierung junger Expertise und jugendlichen Engagements, wie im Fall des EU-Urheberrechts und der ,Fridays for Future‘-Proteste.“ Drei Viertel der Freitextantworten im Themenbereich „Fridays for Future" und knapp die Hälfte aller Antworten zum Urheberrecht gehen in diese Richtung.
Die Studie wertet die Ergebnisse zum politischen Medienverhalten junger Leute überwiegend positiv: „Sie zeigen, wie souverän und aufgeklärt sich viele 14- bis 24-Jährige in Deutschland durch den politischen Nachrichtendschungel bewegen.“ Kritisch stimmt hingegen, „dass gut jeder Siebte kaum Anteil am politischen Geschehen nimmt und fast die Hälfte der jungen Menschen sich unsicher ist, Falschnachrichten als solche erkennen zu können.“
Daraus resultiere der klare Bildungsauftrag, jungen Menschen politische Themen näher zu bringen und ihre Medienkompetenz zu fördern. Wie das geschehen soll, wird nicht beschrieben. Ein weiterer wichtiger Punkt der Auswertung betrifft das getrübte Vertrauensverhältnis zu Politiker*innen und Parteien: „Hier ist die Politik gefordert, den Dialog mit jungen Menschen intensiver auf Augenhöhe und in den Medien zu suchen, in denen sich junge Menschen bewegen.“
Alles auf dem Schirm? Wie sich junge Menschen in Deutschland zu politischen Themen informieren. Eine Befragung im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland, 2019, 48 Seiten, Download
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