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Non-Profit boomt: Der Dritte Sektor – Vereine, Stiftungen, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften – ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. „Die organisierte Zivilgesellschaft stellt einen relevanten Faktor im deutschen Arbeitsmarkt dar, der in seiner quantitativen Bedeutung häufig unterschätzt wird“, heißt es im jetzt veröffentlichten „Datenreport Zivilgesellschaft“. Das fast 200 Seiten starke Kompendium bietet erstmals einen Überblick aus verschiedenen Datenerhebungen über Stand und Entwicklung von Zivilgesellschaft und bürgerschaftlichem Engagement in Deutschland – und birgt jede Menge interessantes Zahlenmaterial.
2016 gab es mehr als 600.000 eingetragene Vereine in Deutschland, und mit aktuell 30.000 Stiftungen hat sich der Stiftungsbestand seit dem Jahr 2000 fast verdreifacht. Auch die Zahl der als gemeinnützig eingestuften GmbHs ist zwischen 2007 bis 2016 von rund 16.000 auf 25.000 Einrichtungen deutlich gestiegen.
Ehrenamt steht hoch im Kurs. Laut Freiwilligensurvey (2014) sind rund 44 Prozent der deutschen Bevölkerung ab 14 Jahren freiwillig engagiert (1999: 34 %). Die meisten Menschen (ca. 16 %) engagieren sich im Bereich Sport und Bewegung. Rund neun Prozent arbeiten ehrenamtlich im Bereich Schule/Kindergarten, ebenso viele in Kultur und Musik. Im sozialen Bereich sind 8,5 Prozent der Menschen freiwillig engagiert, im kirchlichen oder religiösen Bereich 7,6 Prozent.
Am stärksten vertreten sind übrigens junge Menschen im Alter von 14 bis 19 Jahren – mehr als die Hälfte dieser Altersgruppe ist ehrenamtlich aktiv, gefolgt von der Altersgruppe der 35-49jährigen (knapp 50 %). Danach sinkt die Quote – obwohl sich immerhin noch ein Viertel der Menschen über 75 Jahren freiwillig engagiert.
Ehrenamt unterscheidet sich auch geographisch: Am aktivsten sind die Menschen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg (jeweils rund 48 %), am niedrigsten ist die Engagementquote in Hamburg (36%) und Sachsen-Anhalt (37%).
Neben den größtenteils ehrenamtlich getragenen Organisationen hat sich ein professionell aufgestelltes Segment von Organisationen entwickelt, dessen Bedeutung auch für den Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren rasant zugenommen hat. So werden nach Angaben des IAB-Betriebspanels heute deutlich mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihre Tätigkeit bezahlt (sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigte) als früher: Ihre Zahl stieg von 2,9 Millionen im Jahr 2007 auf 3,7 Millionen im Jahr 2016. „Die Entwicklung übertraf damit das allgemeine Beschäftigungswachstum und der Dritte Sektor konnte seinen Anteil an der Gesamtbeschäftigung leicht ausbauen“, so der Report.
Der größte Teil der Beschäftigten (61 %) arbeitet im Sozial- und Gesundheitswesen. Im Bereich der Freien Wohlfahrtspflege ist die Altenhilfe mit 26,5 Prozent (445.000) aller Beschäftigten das größte Arbeitsfeld, an zweiter Stelle steht die Gesundheitshilfe mit 392.000 Beschäftigten (23,3 Prozent). Drittgrößter Bereich ist die Kinder- und Jugendhilfe mit 363.000 Mitarbeitenden (21,6 Prozent), gefolgt von der Behindertenhilfe mit 317.000 Personen (18,9 Prozent) und den weiteren Hilfen mit 61 000 Beschäftigten (3,6 Prozent). Die Familienhilfe und die Hilfen für Personen in besonderen sozialen Situationen sind mit 1,9 bzw. 2,3 Prozent vertreten.
Zwischen 2004 und 2012 stiegen die Beschäftigungszahlen bei der Jugendhilfe um 32 Prozent, bei der Behindertenhilfe um rund 30 Prozent und der Altenhilfe um 21 Prozent.
Etwa die Hälfte der im Dritten Sektor beschäftigten Personen arbeitet in Teilzeit. Der Teilzeitanteil liegt damit rund 20 Prozent höher als in der Gesamtwirtschaft – was vermutlich auch damit zusammenhängt, dass hier besonders viele Frauen tätig sind (70 %). Auch befristete Arbeitsverhältnisse und freie Mitarbeiterschaft mit Werk- oder Dienstverträgen spielen in einigen Bereichen eine große Rolle. Der Anteil der Befristungen ist mit 15,5 Prozent doppelt so hoch wie in der Gesamtwirtschaft. „Eine Erklärung für die im Vergleich zur Gesamtwirtschaft überproportionale Bedeutung von Teilzeit, Befristung und freier Mitarbeiter dürften begrenzte Ressourcen, der hohe Kostendruck sowie die Abhängigkeit von staatlichen und privaten Zuwendungen sein, die eine langfristige Personalplanung erschweren“, schreiben die Datenreport-Autoren.
Stichwort „begrenzte Ressourcen“: Die meisten Organisationen im Non-Profit-Sektor haben nicht viel Geld. So hat rund die Hälfte der Vereine maximal 10.000 Euro pro Jahr zur Verfügung, ein Teil von ihnen noch viel weniger. Einnahmen in Millionenhöhe haben nur 4,5 Prozent der Organisationen. Besser sieht es bei gemeinnützigen GmbHs aus: 42 Prozent verfügen über Einnahmen im Millionenbereich.
Ihre Gelder beziehen die Vereine vor allem aus den Mitgliedsbeiträgen (ca. 40 %). Weitere Einnahmequellen sind erwirtschaftete Mittel, zum Beispiel durch Getränke- und Speisenverkauf bei Veranstaltungen (knapp 20 %) und Spenden (ca. 20 %). Öffentliche Mittel spielen bei Vereinen kaum eine Rolle – anders als bei den gemeinnützigen GmbHs.
Zwar ging die Anzahl der SpenderInnen über die Jahre deutlich zurück, es wird aber häufiger gespendet. 2016 lag eine Spende im Schnitt bei 35 Euro – bei durchschnittlich knapp sieben Spenden pro Person und Jahr. Die zahlenmäßig größte Gruppe der SpenderInnen ist übrigens die Altersgruppe der Über-70-Jährigen: 2016 lag der Anteil der SpenderInnen dort bei 57 Prozent. Mit durchschnittlich 290 Euro pro Jahr waren sie auch die spendierfreudigsten.
Der Datenreport Zivilgesellschaft gibt einen Überblick über Stand und Entwicklung von Zivilgesellschaft und bürgerschaftlichem Engagement auf der Grundlage vielfältiger bereits vorliegender Erhebungsdaten zu diesen Themen. Entstanden ist er durch das Zusammenwirken verschiedener Akteure des Forums Zivilgesellschaftsdaten (FZD), das von Mai 2016 bis Juli 2018 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert und von ZiviZ im Stifterverband organisiert wurde. Das Forum will Synergien zwischen den unterschiedlichen Erhebungen und Akteuren schaffen und damit einen Mehrwert für alle stiften.
Datenreport Zivilgesellschaft 2019, Hrsg. Holger Krimmer, Springer-Verlag
Kostenloser Download
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