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Unternehmen werden bei gesuchten Mitarbeitern vorstellig, landen auf einem Riesenstapel an Bewerbungsunterlagen und warten sehnlichst auf die Zusage: Ein solches Szenario findet man (noch) in keinem Bewerbungsratgeber, dennoch ist es nicht aus der Luft gegriffen. Das zeigen manche Krankenhäuser, die mit sog. Kopfgeldprämien im hohen vierstelligen Bereich auf Personalsuche gehen.* Der Kampf gegen den Fachkräftemangel macht erfinderisch. Eine aktuelle Studie des Deutschen Krankenhaus Instituts (DKI) und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO befragte bundesweit 319 Allgemeinkrankenhäuser ab 100 Betten zu Maßnahmen, die ihre Arbeitgeber-Attraktivität vor allem für Pflegeberufe steigern sollen.
Förderung der Gesundheit und Verhaltensprävention haben in der Diskussion um den Fachkräftemangel eine signifikante Bedeutung. Bei 52 Prozent der befragten Krankenhäuser ist betriebliche Gesundheitsförderung im Leitbild verankert und daher von strategischer Relevanz. 31 Prozent haben Ziele der Gesundheitsförderung messbar formuliert, 57 Prozent verfügen über eine entsprechende Jahresplanung, ebenfalls 57 Prozent über eine Steuerungsgruppe zur Organisation der Gesundheitsförderung. An diesen Merkmalen wird deutlich, dass sich die Kliniken ein echtes Gesundheitsmanagement leisten und nicht nur wohlmeinende Absichten kundtun.
Ein Großteil des Gesundheitsmanagements setzt auf Verhaltensprävention, d. h. eine gesundheitsfördernde Arbeits- und Lebensweise. Dazu zählen sportliche Übungen zum richtigen Umgang mit körperlichen Belastungen. 58 Prozent aller Häuser bieten Kurse zu verschiedenen Sportarten an; daneben ist die Rückenschule mit Beratungen zu schonenden Hebe- und Tragetechniken die häufigste Einzelsportart (57 %; 2017). In 64 Prozent der Kliniken zielt die Verhaltensprävention auf eine gesunde Ernährung. Deutlich seltener sind Maßnahmen zum Umgang mit psychosozialen Arbeitsbelastungen wie etwa Entspannungstraining (37 %) Stressregulierung und Konfliktmanagement (jeweils 33 %). Jeweils 27 Prozent der Kliniken werden vorbeugend gegen Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch aktiv.
Zur Verhaltensprävention zählt auch die mitarbeiterorientierte Verbesserung von Arbeitsprozessen. Schwerpunkte bilden Kooperation und Kommunikation in und zwischen Berufsgruppen (jeweils 90 %) sowie zwischen einzelnen Abteilungen (87 %). Oft werden auch Aspekte veränderten Führungsverhaltens (90 %) oder der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (82 %) aufgegriffen. Knapp zwei Drittel (65 %) der Krankenhäuser führen regelmäßig Arbeitsplatz- und Gefährdungsanalysen für psychische Belastungen (64 %) durch, 75 Prozent setzen notwendige Verbesserungen in Gang.
Die mit Abstand am häufigsten verwendete Kennzahl für Umfang und Schwerpunkte des Gesundheitsmanagements ist der Krankenstand – 92 Prozent der Häuser nutzen laut DKI-Befragung diese Messgröße. Jeweils knapp zwei Drittel der Einrichtungen werten den Anteil älterer Beschäftigter (65 %) und die Fluktuationsquote (62 %) aus. Von hohem Stellenwert für die Arbeitgeberattraktivität speziell in der Pflege ist die Übernahmequote von Schülerinnen mit Ausbildung (67 %).
Tue Gutes und sprich darüber! Nach dieser Devise obliegt dem Personalmarketing die Aufgabe, das Krankenhaus als attraktiven Arbeitgeber bekannt zu machen. Klassiker im Bemühen, Schulabgänger und Berufseinsteiger zu gewinnen, sind Hospitation und Probearbeit (92 %), gefolgt von der Präsenz an Schulen (75 %) und auf Rekrutierungsmessen (67 %). Erst die Hälfte der Krankenhäuser (54 %) tummelt sich in Chatrooms und Online-Jobbörsen, während Stellenanzeigen in der regionalen Presse immer noch wichtigstes Instrument medialer Mitarbeiterakquise sind (82 %).
Eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung gilt unstreitig als Wettbewerbsvorteil für alle Unternehmen. Mitarbeiter können Beruf und Privatleben besser ausbalancieren, Unternehmen profitieren von der schnelleren Rückkehr aus der Elternzeit und von verringerten Fehlzeiten. Jeweils fast ein Viertel der befragten Kliniken trumpft mit einer Kinderkrippe (24 %) und betriebseigenem Kindergarten, rund ein Fünftel bietet Belegplätze in der nahen Umgebung an.
Weitere wichtige Unterstützungsleistungen für die Kinderbetreuung betreffen Sonderurlaub aus familiären Gründen (54 %), eine Verlängerung der Elternzeit, flexible Arbeitszeiten für familiäre Notfallbetreuung und Kinderferienprogramme (27 %). Gefragt sind auch Angebote der Qualifizierung während und nach der Elternzeit sowie Kontakthalteprogramme (65 %).
Krankenhäuser lassen sich einiges einfallen, um ihre Attraktivität als Arbeitgeber hervorzuheben. Das belegt die DKI-Studie, die auch entsprechende Maßnahmen zur Personalentwicklung (Feedback-Prozesse, Weiterbildung, Mentoring, Führungskräftetraining, Vorgesetztenbeurteilung) erfasst. Klar ist: Der Wettstreit um geeignete Fachkräfte wird sich weiter verschärfen. Weiche Faktoren wie eben Gesundheitsmanagement, Mitarbeiterakquise, Familienorientierung und Personalentwicklung spielen nach Auffassung der Autoren dabei eine erhebliche Rolle. Kliniken, die diese Faktoren bislang noch nicht oder nicht nachdrücklich berücksichtigen – immerhin jede zweite –, tun gut dran, sich eines Besseren zu besinnen, die anderen, das zeigt vorliegende Studie, können ihre Maßnahmen noch verbessern.
* Zum Beispiel: Städtisches Klinikum zahlt 8000 Euro für neue Pflegekräfte (München), Süddeutsche Zeitung vom 23.01.2018 (zuletzt abgerufen: 18.01.2019) www.sueddeutsche.de/muenchen/fachkraeftemangel-staedtisches-klinikum-zahlt-euro-fuer-neue-pflegekraefte-1.3836221
Das Krankenhaus als attraktiver Arbeitgeber, Deutsches Krankenhausinstitut (DKI) und Branchencenter Gesundheitswirtschaft der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (BDO), 2018, 28 Seiten, Download
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