Suche
Buchung von Bahntickets, Produktbestellungen im Onlinehandel, Formular-Download: An die vielen Schnittstellen unseres Alltags mit dem Internet haben wir uns längst gewöhnt. Nicht immer zustimmend, manchmal fluchend, insgesamt aber doch mit der Einsicht erheblichen Zugewinns an Komfort und Teilhabe. Davon können insbesondere ältere Menschen mit ihrer eingeschränkten Mobilität profitieren. Allerdings ist deren Haltung zu Smartphone, Tablet & Co. oft von Berührungsängsten geprägt. Hier setzt das kürzlich abgeschlossene Verbundprojekt KommmiT in Stuttgart unter Federführung des Wohlfahrtswerks für Baden-Württemberg an. Es zeigt beispielhaft, wie es Kommunen gelingt, Senior*innen an digitale Anwendungen heranzuführen und soziale Teilhabe zu erleichtern.
KommmiT steht für „Kommunikation mit intelligenter Technik“ und zielt auf niedrigschwellige Maßnahmen zur Vernetzung älterer Menschen im eigenen Stadtviertel. Das vom Bundesbildungsministerium mit 3,3 Mio. Euro geförderte Vorhaben führte neun Verbundpartner zusammen: Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Altenhilfe, ehrenamtlich tätiger Bürgerschaft und öffentlicher Hand.* „Digitale Kompetenz ist ein Schlüssel zu mehr gesellschaftlicher Teilhabe und unterstützt beim Wunsch, lange in der eigenen Häuslichkeit wohnen zu bleiben. Das Projekt KommmiT widmete sich daher einer wichtigen gesellschaftlichen Aufgabe“, erklärt dazu Ingrid Hastedt, Vorstandsvorsitzende des Wohlfahrtswerks.
Am Anfang des 2015 gestarteten Projekts stand die Entwicklung einer übersichtlichen Benutzeroberfläche für Tablets, die auf häufig genutzte Anwendungen beschränkt ist: Email, Schwarzes Brett, Memorino, Angebote, App-Verwaltung und Einstellungen. Mit der Spiele-App Memorino etwa wird die Fähigkeit des Wischens trainiert, die Angebote- App zeigt u. a. Angebote von Pflege- und Lieferdiensten im Stadtviertel.
Die nächsten Schritte galten der Rekrutierung und Schulung ehrenamtlicher Helfer. Zeitgleich wurde das Projektanliegen durch lokale Medien und Info-Veranstaltungen in Stuttgart öffentlich bekannt gemacht. Als „Technikbegleiter“ waren die Helfer bereit, interessierte Senior*innen in die Bedienung von Tablets bis zu vier Monate lang einzuweisen. Die Geräte waren ihnen zuvor zur Verfügung gestellt worden. Den Teilnehmenden kam zugute, dass die lehrenden Begleiter*innen einen vergleichbaren Erfahrungshorizont mitbrachten und sich erst selbst in die Thematik eingearbeitet hatten. Sprache und Tempo der Erklärungen passten dadurch gut zum Bedarf. Die mehr als 120 Ehrenamtlichen waren im Durchschnitt 68 Jahre alt, die rund 230 Teilnehmer 76 Jahre.
Projektmitarbeiter*innen ergänzten die persönliche Beratung im lokalen „ServiceBüro“, im Bürgerzentrum „treffpunkt 50plus“ und im mobilen „Beratungshäusle“ des Wohlfahrtswerks, das an wechselnden Standorten in der Stadt unterwegs war. „Für die Teilnehmer war insbesondere die ,Techniksprechstunde‘ ein gern genutztes Angebot: Hier wurde beispielweise erklärt, wie man eine App auf das Gerät lädt und nutzt“, berichtet Mareike Drescher, Projektkoordinatorin beim Wohlfahrtswerk.
Entscheidend für die hohe Akzeptanz dürfte der niedrigschwellige Ansatz gewesen sein, die Hardware gemäß individuellen Bedürfnissen konfigurieren zu können: Für die Teilnehmenden waren vor allem Kommunikationsmöglichkeiten per E-Mail und Video-Chat interessant, erläutert Drescher. Gefragt waren auch Informationsangebote zu Wetter, Fahrplan und Einkauf. „Sehr gut angenommen wurden zum Beispiel Rezept- und Garten-Portale, die Tipps für die eigenen Interessensgebiete liefern.“
Die Teilnehmenden lernten das Projekt in der Corona-Krise besonders schätzen. Die Angebote-App zählt zu den ersten KommmiT-Anwendungen auf dem Tablet. Sie bot laut Wohlfahrtswerk auf Seriosität geprüfte, regionale gewerbliche Angebote, die für Senioren interessant sind, beispielsweise vom Modegeschäft oder Friseur. In der ersten Corona-Welle wurde daraus eine neue Hilfeplattform abgeleitet und Stuttgarter Bürgern als Website zugänglich gemacht. Seitdem können dort nur Ehrenamtliche ihre kostenfreien Hilfsangebote und Senioren ihren Bedarf einstellen (z.B. Bring- und Holdienste).
Für die Verbundpartner besonders wichtig: „KommmiT hat die Berührungsängste älterer Menschen vor technischen Angeboten verringert und das Zutrauen in die eigenen digitalen Kompetenzen gestärkt“, fasst Koordinatorin Drescher zusammen. Mit seiner Alltagsnähe, der Nutzerfreundlichkeit und den vielfältigen Möglichkeiten zur Kooperation auf lokaler Ebene eignet sich das Projekt auch als Best-Practice-Ansatz für andere Kommunen: „Die Ergebnisse stehen der Öffentlichkeit – insbesondere natürlich interessierten Fachkreisen oder Kommunen – kostenfrei zur Verfügung.“ Im so genannten „Transferkoffer“ werden Materialien im Internet bereitgestellt, mit denen vergleichbare Projekte umgesetzt werden können. Darin sind beispielsweise auch die Lerneinheiten enthalten, mit denen die Begleiter die Teilnehmenden angeleitet haben.
* Die Verbundpartner:
Ausführlicher Überblick zum Projekt „KommmiT“, Video zur Abschlußveranstaltung im September 2020 sowie Download von Transferkoffer und Lehrmaterialien: www.kommmit.info
Gesundheit
Gute Vorsätze für 2021: Mit der Fünf-Punkte-Formel werden sie wahr
Digitalisierung
Start-up trifft Traditionsunternehmen – zwei Welten, ein Miteinander
Arbeitswelt
BKK-Gesundheitsreport 2020: Gesund mobil arbeiten
Digitalisierung
Projekt KommmiT in Stuttgart: Ältere helfen Älteren
Fundraising
Spenden in Coronazeiten: Mehr Geld, aber nicht für alle
Soziales
„Corona-Helden“ drohen Einkommensverluste: Außer Beifall nichts gewesen
Buchempfehlung
Riane Eisler: Die Verkannten Grundlagen der Ökonomie
Susanne Bauer
Senior Referentin Unternehmenskommunikation
Konrad-Adenauer-Ufer 85
50668 Köln
T 0221 97356-237
F 0221 97356-477
E-Mail