Suche
Obgleich die Folgen des demografischen Wandels inzwischen allgemein bekannt sind, bereiten sich zu wenige Menschen angemessen auf das Leben im Alter vor. Eine Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung sowie der Bertelsmann Stiftung analysiert die Ursachen und bietet Lösungen an.
Für vier Lebensbereiche, die für die demografische Entwicklung besonders relevant sind, wurden individuelle Strategien entwickelt. Diese dienten als Grundlage für 1.234 repräsentative Interviews, die das Institut für Demoskopie Allensbach mit Personen im Alter von 16 bis 70 Jahren geführt hat.
Dabei zeigte sich im Bereich der „Finanziellen Altersvorsorge“, dass die Mehrheit der Befragten das sinkende Rentenniveau als Risiko erachtet. 41 Prozent der erwerbstätigen Personen sehen ihre zukünftige Rente lediglich als eine Form der Grundsicherung, und zwar unabhängig von der Höhe ihrer Rentenbeiträge. Nur 27 Prozent der Frauen halten ihre bisherige Altersvorsorge für auskömmlich. Bei den Männern sind es hingegen 34 Prozent.
Es scheint daher geboten, sich frühzeitig zu informieren, durch welche Maßnahmen die gesetzliche Rente ergänzt werden kann. Ein wesentlicher Knackpunkt: Personen, denen das Geld fehlt, um sich zusätzlich abzusichern, haben von einer Beratung meist wenig, konstatieren die Autor*innen. Entsprechend hat in dieser Gruppe der Befragten nur jede*r Zwölfte ein Beratungsangebot genutzt.
Eine naheliegende Alternative wäre es, länger zu arbeiten, um eine niedrige Rente aufzustocken. Dem steht jedoch entgegen, dass die Betroffenen meist in körperlich bzw. gesundheitlich belastenden Berufen tätig sind, gibt die Studie zu Bedenken.
Ein weiteres Themenfeld, das auch medial immer höhere Wellen schlägt, ist der Bereich „Pflege und soziale Vorsorge“. Denn die Zahl der Menschen in der Altersgruppe von 85 und mehr Jahren hat sich seit 1990 mehr als verdoppelt. Zwar bleiben Ältere immer länger gesund und aktiv. Aber das Risiko von Beeinträchtigungen und Pflegebedürftigkeit steigt bekanntlich im hohen Alter.
Vor dem Hintergrund, dass die Zahl der sozialen Kontakte sukzessive abnimmt und 58 Prozent der über 85-Jährigen allein leben, erscheint die Vorsorge in diesem Bereich besonders dringend. Eine wichtige Strategie besteht beispielsweise darin, Angehörigen die eigenen Bedürfnisse mitzuteilen und sich über die gesundheitliche und pflegerische Infrastruktur rechtzeitig zu informieren.
Bislang hat jedoch nur eine Minderheit konkrete Schritte unternommen, um sich auf den Pflegefall im Alter vorzubereiten. In der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen ist es lediglich jede*r Vierte, unter den 60- bis 70-Jährigen jede*r Dritte, nehmen die Autor*innen zur Kenntnis.
Gleichzeitig fällt auf: Je höher die sozio-ökonomische Schicht ist, desto mehr Vorsorge wurde getroffen. Dagegen ist nicht einmal jede*r Vierte mit einem niedrigen sozio-ökonomischen Status in diesem Bereich der Vorsorge bereits aktiv geworden.
Von denjenigen, deren finanzielle Mittel gering sind, rechnen 22 Prozent damit, einmal in einem Pflegeheim versorgt zu werden. In der Gruppe der finanziell besser Gestellten sind es 14 Prozent.
Darüber hinaus hat die Studie untersucht, wie das lokale Angebot an Pflege- und Betreuungsdiensten sowie Hilfsangeboten wahrgenommen wird. Danach ist nur etwas mehr als die Hälfte der 50- bis 70-Jährigen der Ansicht, dass ihr derzeitiger Wohnort für Ältere gut geeignet sei. Vor allem in Ostdeutschland ist ein größerer Anteil der Befragten mit der Versorgung unzufrieden und rechnet sogar mit einer Verschärfung der Lage.
Interessanterweise bewerten Menschen unabhängig davon, ob sie in der Stadt oder auf dem Land wohnen, die Pflegesituation vor Ort ähnlich. Dennoch weisen die Autor*innen auf drohende Versorgungslücken in einigen ländlichen Regionen hin, wo die Zahl der älteren Menschen besonders rasch ansteigt. Oft gebe es ausgerechnet dort einen Mangel an erreichbaren Angeboten sowie an Pflegekräften. Zwar ist die Engagementbereitschaft in ländlichen Gegenden meist ausgeprägter als in großen Städten. Allerdings eignen sich laut der Studie weder die Nachbarschaftshilfe noch ehrenamtliche Unterstützung dazu, Fachpersonal aus den Gesundheits- und Pflegeberufen zu ersetzen.
Unübersehbar verändert die demografische Entwicklung auch die Berufswelt in Gestalt einer längeren Arbeitszeit und eines späteren Rentenbeginns. Während Ende der 1990er Jahre Männer und Frauen im Durchschnitt mit etwa 62 Jahren in Rente gingen, liegt das durchschnittliche Alter beim Renteneintritt inzwischen bei über 64 Jahren. Viele Menschen arbeiten zudem über das gesetzliche Rentenalter hinaus – der Studie zufolge ist über ein Viertel in den ersten drei Jahren nach dem Renteneintritt erwerbstätig.
Daher plädieren die Autor*innen dafür, sich für bessere alter(n)sgerechte Arbeitsbedingungen einzusetzen. Zugleich räumen sie ein, dass Beschäftigte dabei meist auf eine entsprechende Bereitschaft ihrer Vorgesetzten angewiesen sind.
Thomas Nice, Frederick Sixtus, Catherina Hinz: VorSORGE – Wie die Bevölkerung auf den demografischen Wandel vorbereitet ist. Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung/Bertelsmann Stiftung, 2023.
www.berlin-institut.org/studien-analysen/detail/vorsorge
Alle abgerufen am 08.08.2023
Gemeinsam sozial wirksam
Freiwillige finden mit System
Nachhaltigkeit
Lebensmittelverschwendung: Warum vor allem gesunde Kost in der Tonne landet
Demografie
Vorsorgeaktivitäten für den demografischen Wandel
Sozialmanagement
Ausländliche Arbeitskräfte im Niedriglohnsektor – nur wenig Chancen auf Teilhabe
Buchbesprechung
Hanns-Christian Gunga: Tödliche Hitze. Was extreme Temperaturen im Körper bewirken und wie wir uns schützen können
Susanne Bauer
Senior Referentin Unternehmenskommunikation
Konrad-Adenauer-Ufer 85
50668 Köln
T 0221 97356-237
F 0221 97356-477
E-Mail