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Der Trend zur Ambulantisierung schreitet fort – Chancen für Krankenhäuser
Eine brisante Studie der Bertelsmann Stiftung zur Zukunft der Krankenhausversorgung hat die Debatte um die Neuorganisation der Krankenhauslandschaft zuletzt neu entfacht. Dabei rückte unter anderem die Frage nach dem Verbleib der kleinen Grund- und Regelversorger in den Fokus. Derzeit werden verschiedene Modelle entwickelt und umgesetzt, die eine adäquate Alternative zur akutstationären Versorgung bieten und gleichzeitig eine flächendeckende medizinische Versorgung sicherstellen sollen.
Nach den Ergebnissen der Bertelsmann-Studie sind die Krankenhausstrukturen in vielen Regionen ungünstig, was an der Krankenhausdichte und der Vielzahl kleiner Einrichtungen mit geringfügiger Spezialisierung liegt. Aus diesem Grund – so die Empfehlungen – sollte der Fokus auf dem Erhalt und Ausbau großer Kliniken liegen, die mehr Personal und eine bessere Ausstattung vorhalten könnten. Wir möchten die Ergebnisse an dieser Stelle nicht weiter kommentieren, sondern vielmehr auf die von uns ermittelten strukturellen Entwicklungen in der stationären Versorgung eingehen.
Eine aktuelle Entwicklung ist zum Beispiel die steigende Anzahl drohender und vollzogener Schließungen kleiner Grundversorger in ländlichen Regionen. Gründe hierfür sind unter anderem demografische Faktoren (z. B. rückläufige Bevölkerungsentwicklung). Darüber hinaus stellen mangelnde Selbstfinanzierungskraft, rechtliche Vorgaben und sinkende Fördermittel sowie der zunehmende Fachkräftemangel kleine Akutversorger vor nahezu unüberwindbare Herausforderungen.
In der Praxis zeigt sich jedoch, dass eine Schließung stationärer Standorte zu kurz greift. Die medizinische Versorgung ist in vielen ländlichen Regionen angespannt, und stationäre Versorger federn die zum Teil fehlenden ambulanten Strukturen ab, denn auch ambulante Facharztsitze sind vereinzelt nicht besetzt oder niedergelassene Ärzte suchen erfolglos Praxisnachfolger. Ferner übernehmen die stationären Leistungserbringer die Erstversorgung von Notfallpatienten in der Region. Insbesondere in peripheren Gebieten müssen Strukturen geschaffen werden, um eine flächendeckende medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten.
Bei unserer Marktbeobachtung haben wir einen Transformationstrend insbesondere bei kleinen stationären Klinikstandorten feststellen können. Diese entfernen sich zunehmend von den klassischen, rein stationären Strukturen und wandeln sich zu primär ambulanten Gesundheitszentren. In einigen Fällen wird das medizinische Angebot durch stationäre Leistungen mit kleinen Betteneinheiten zur Sicherstellung der medizinische Überwachung und Erstversorgung ergänzt. Dabei ist die stationäre Einheit vornehmlich auf Patienten mit Grundversorgungsbedarf ausgerichtet.
Auf Basis unserer Analyse nach verschiedenen Kriterien lassen sich Umwandlungen von stationären Versorgern mit ähnlichen Strukturen feststellen. In der Regel weisen die Häuser eine geringe Bettenzahl auf (< 150 Betten). Das Leistungsspektrum liegt in der Grund- und Regelversorgung, geht meist nicht über die Fachabteilungen Innere Medizin und Allgemeinchirurgie hinaus, gegebenenfalls ergänzt um unfallchirurgisch-orthopädische Leistungen. Die Regionen haben tendenziell geringe Einwohnerdichten. Bei einem Wegfall müssten größtenteils weniger als 5.000 Einwohner länger als 30 Minuten Fahrtzeit aufwenden, um ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung zu erreichen (Kriterium Bedarfsnotwendigkeit). Die betroffenen Standorte weisen unterschiedliche Trägerschaften auf, wobei diejenigen in öffentlicher Trägerschaft überwiegen.
An den Beispielen wird eine Entwicklung weg von der klassischen stationären Gesundheitsversorgung hin zu Gesundheitszentren deutlich. Überlegungen zur Ausgestaltung der Gesundheitszentren bedürfen im Vorfeld einer umfassenden Analyse der Bedarfe und der Versorgungssituation. Hierbei spielen die Ergebnisse der Kriterien eine wesentliche Rolle: Sofern die Klinik beispielsweise für eine flächendeckende Versorgung relevant ist (bedarfsnotwendig), müssen zukünftige Strukturen die Grundversorgung im Notfall beinhalten. Die geplanten Leistungen sind daher bei der Konzeption auf die Versorgungssituation abzustimmen und sinnvolle Wechselbeziehungen zwischen den Leistungserbringern zu beachten. Eine frühzeitige Einbindung anderer Akteure aus der ambulanten Versorgung und über das ärztliche Spektrum hinausgehender Leistungserbringer (Physiotherapeuten, Apotheker, Sanitätshäuser etc.) sollte ebenfalls erfolgen.
Jens Dreckmann
Leiter Kompetenzzentrum Gesundheitswirtschaft
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Strukturveränderungen in der stationären Gesundheitsversorgung (in: Sozialus 6/19)