Freunde alter Menschen e.V. ist eine Freiwilligenorganisation, die sich für ein generationenübergreifendes Miteinander einsetzt und der Vereinsamung alter Menschen entgegenwirken möchte. Der Verein ist Teil der Internationalen Föderation „Les Petits Frères des Pauvres“ mit Sitz in Paris, der sich im Laufe der Jahre verschiedene national selbstständige Vereine mit einer ähnlichen Mission angeschlossen haben. Ihr gemeinsamer Auftrag ist es, Einsamkeit im Alter zu lindern und ältere Menschen vor sozialer Isolation zu bewahren. Zu den Schwerpunkten der Vereinsarbeit zählen die Vermittlung von Besuchspartnerschaften zwischen Jung und Alt sowie die präventive Stadtteilarbeit im Rahmen des Projektes “Generation Nachbarschaft”.
1991 (Berlin)
Berlin, Hamburg, Köln, München und Frankfurt
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Ria Ostwald ist seit über 10 Jahren als Koordinatorin bei Freunde alter Menschen e.V. in Köln aktiv. Sie ist gelernte Diplom-Volkswirtin und war viele Jahre als Kundenberaterin und Außendienstleiterin in der freien Wirtschaft tätig. Über ihr Engagement im Quäker Nachbarschaftsheim e.V. ist sie schließlich zu Freunde alter Menschen gekommen. Ria Ostwald ist seit über 10 Jahren als Koordinatorin bei Freunde alter Menschen e.V. in Köln aktiv.
Homepage Freunde alter Menschen e.V.
„Ein Miteinander gegen Vereinsamung“
Der Verein Freunde alter Menschen e.V. wurde 1991 in Berlin-Kreuzberg gegründet und ist die erste deutsche Niederlassung der internationalen Föderation „Les Petits Frères des Pauvres“. Die Bewegung hat ihren Ursprung in Paris, wo Armand Marquiset in den 80er Jahren begann, älteren Menschen, deren Söhne im Krieg gefallen waren, Essen sowie kleine Geschenke zu bringen und ihnen seine Gesellschaft und Freundschaft anzubieten. Daraus entstand die Mission, sozial isolierte ältere Menschen wieder mehr in das gesellschaftliche Leben einzubinden.
Dieser Mission haben sich seitdem zahlreiche national selbstständige Vereine angeschlossen – so auch Freunde alter Menschen e.V. Mit vielfältigen Initiativen, die das soziale Netzwerk älterer Menschen stärken sollen, unterstützt der Verein an mittlerweile 5 Standorten bundesweit das übergeordnete Ziel, Einsamkeit im Alter zu bekämpfen und ein generationenübergreifendes Miteinander zu fördern.
Frau Ostwald, was ist das Besondere an der Arbeit von Freunde alter Menschen?
Die Besonderheit unseres Vereins liegt im gelebten Miteinander der Generationen. Es geht nicht darum, Einsamkeit direkt zu benennen – sondern darum, Abwechslung in den Alltag zu bringen und einander zuzuhören. Das Herzstück unserer Vereinsarbeit sind unsere Besuchspartnerschaften, im Rahmen derer unsere Freiwilligen regelmäßig einen älteren Menschen besuchen. Wir vermeiden explizit das Wort „Besuchspatenschaften“, weil da direkt ein zwischenmenschliches „Beziehungsgefälle“ mitschwingt. Das Ziel ist eher, dass sich Freiwillige und ältere Menschen auf Augenhöhe begegnen, sich zu Erfahrungen austauschen und eine persönliche Bindung schaffen. Aus den Besuchspartnerschaften entwickeln sich häufig echte Freundschaften, woraus auch der Name unseres Vereins entstanden ist. Gerade der Austausch zwischen Jung und Alt bietet die Möglichkeit, ein tieferes Verständnis füreinander zu entwickeln – für individuelle Lebensgeschichten, Herausforderungen und Prägungen.
Neben den Besuchspartnerschaften fördern wir das generationenübergreifende Miteinander auch in Form von verschiedenen Veranstaltungen, an denen unsere Besuchspaare gemeinsam teilnehmen und andere ältere Menschen und Freiwillige kennenlernen können. Unser Projekt „Generation Nachbarschaft“, das an einigen Standorten bereits erfolgreich gestartet ist, verfolgt hingegen eher einen präventiven Ansatz. Im Rahmen des Projektes bieten wir offene Veranstaltungen wie gemeinsame Museumsbesuche, Basteln oder Kochen an, die unabhängig von den Besuchspartnerschaften sind. Alle Angebote haben eines gemeinsam: Sie bringen Menschen von Jung bis Alt zusammen und schaffen Raum für wertvolle Begegnung. Das macht die Arbeit unseres Vereins so besonders.
Welche Motivation haben Freiwillige, sich auf diese Weise zu engagieren?
Die meisten unserer Freiwilligen sind zwischen 22 und 40 Jahre alt und studieren oder sind voll berufstätig. Die Motivation, sich bei uns zu engagieren, ist ganz unterschiedlich. Einige möchten „etwas zurückgeben“ und suchen nach einer sinnstiftenden Ergänzung zum Berufsalltag, andere hatten enge Bindungen zu ihren Großeltern, die nun fehlen. Oft spielen persönliche Motive eine Rolle – wie das Wissen, dass niemand sich im Alter zu 100 % vor Einsamkeit schützen kann. Die Bereicherung der Besuchspartnerschaften für beide Seiten sehe ich immer dann, wenn Freiwillige berichten, dass sie nicht nur geben, sondern auch viel zurückbekommen: neue Perspektiven, wertvolle Gespräche und bereichernde Begegnungen.
Als Koordinatorin versuchen Sie Besuchspaare zu finden, die gut zusammenpassen. Was macht eine Besuchspartnerschaft für Sie „erfolgreich“?
Eine gelingende Besuchspartnerschaft lebt von gegenseitigem Interesse und Verständnis. Wichtig ist meiner Meinung nach ein ausgewogenes Verhältnis von Nähe und Distanz. Dazu zählt auch, persönliche Grenzen setzen zu können. Es geht nicht darum, eine Ersatz-Enkelin oder -Tochter zu sein. Erfolgreiche Partnerschaften entstehen, wenn beide Seiten echtes Interesse aneinander zeigen, Sorgen ernst nehmen, auch mal Meinungsverschiedenheiten aushalten können und einander auf Augenhöhe begegnen.
Gibt es Momente, die Sie besonders prägen?
Die Arbeit mit Menschen hat mir persönlich schon immer große Freude bereitet. Als ich gehört habe, dass eine neue Koordinatorin bei Freunde Alter Menschen in Köln gesucht wird, habe ich direkt gedacht: das könnte was für mich sein. Der zwischenmenschliche Kontakt, die Lebenslinien verschiedener Menschen und Besuchspartnerschaften, die fast schon einen familiären Charakter haben – all das prägt und berührt mich jeden Tag.
Ein besonders prägender Moment war das Erstgespräch mit einer alten Dame, die nachts Angst hatte – allein im Bett mit Herzschmerzen und ohne jemanden zum Reden. Dieser einfache, ehrliche Satz: „Ich konnte mit niemandem über meine Sorgen sprechen“, bringt die ganze Dringlichkeit des Themas auf den Punkt. Einsamkeit ist oft unsichtbar, aber spürbar. Jeder Mensch, der sich einsam fühlt, verdient Aufmerksamkeit, Zuwendung und Präsenz.
Wie sollten wir dem Thema „Einsamkeit im Alter“ in Zukunft als Gesellschaft begegnen?
In erster Linie sollten wir dem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken – gerade weil sich niemand zu 100 % vor Einsamkeit schützen kann. Auch wenn es sich in der öffentlichen Wahrnehmung schon verändert hat, ist das Thema „Einsamkeit“ für die Personen, die es betrifft, nach wie vor ein Tabuthema. Selbst wenn von Einsamkeit betroffene ältere Menschen das Angebot unseres Vereins kennen, bedeutet das noch lange nicht, dass sie es auch wahrnehmen und den Schritt auf uns zugehen. Meiner Meinung nach ist es wichtig, betroffenen Personen ein gutes Gefühl zu vermitteln – in den Erstgesprächen rede ich daher auch nie von „Einsamkeit“, sondern vielmehr von „Abwechslung im Alltag“.
Unsere Vision eines flächendeckenden Generationen-Miteinanders ist eine Möglichkeit, mehr Bewusstsein für Einsamkeit im Alter zu schaffen. Um das Thema langfristig zu enttabuisieren und Hemmschwellen zu senken, bedarf es meiner Meinung nach aber einer besseren Vernetzung von Pflegediensten, Kommunen und gemeinnützigen Organisationen, die sich der Sache widmen. Eine konkrete Idee: Pflegedienste könnten bei ersten Anzeichen von Einsamkeit niederschwellige Kontakte zu Initiativen wie unserer vermitteln – idealerweise finanziell gefördert und entbürokratisiert. Denn: Einsamkeit darf kein Tabu mehr sein. Nur durch Aufklärung, Offenheit und mehr Vernetzung kann langfristig etwas verändert werden.