
Die Bank für Sozialwirtschaft feiert ihren 100. Geburtstag. Am 10. März 1923 von den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin als „Hilfskasse gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands“ gegründet, steht die Bank seitdem partnerschaftlich an der Seite der Sozial- und Gesundheitswirtschaft. Die Gründer sind bis heute Hauptanteilseigner. Der Satzungsauftrag ist nahezu unverändert. Die Verbundenheit der Bank für Sozialwirtschaft mit ihren Kund*innen und Gesellschaftern spiegelt sich im Jubiläumsthema „Gemeinsam sozial wirksam“. Wie es zur Errichtung der „Hilfskasse“ kam und welche Menschen dabei eine wichtige Rolle spielten, beschreibt die Gründungsgeschichte.
Deutschland ist nach dem Ersten Weltkrieg ein Land in der Krise. Überall fehlt es am Nötigsten, zudem schreitet die Inflation zügig voran. Auch die Träger der Freien Wohlfahrtspflege leiden unter den desaströsen Umständen und sehen sich gleichzeitig einem „Millionenheer von Hilfsbedürftigen“ gegenüber. Doch mit der Rolle des „hilflosen Helfers“ wollen sie sich nicht abfinden, sondern mit neuen Ideen und geeinten Kräften eine Lösung suchen.
Aus der Sozialwirtschaft für die Sozialwirtschaft
Die Initiative dazu ergreift der „Wirtschaftsbund gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands“ (Wibu), der seit 1920 als genossenschaftlich organisierter Einkäufer für fast 1.300 wohltätige Organisationen fungiert. Am 16. Januar 1923 schreibt er – zusammen mit der „Inneren Mission der deutschen evangelischen Kirche“, dem „Deutschen Caritasverband“, dem „Deutschen Roten Kreuz“, der „Vereinigung der freien privaten gemeinnützigen Kranken- und Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands“ und der „Zentralwohlfahrtsstelle der Deutschen Juden“ – an Reichsarbeitsminister Heinrich Brauns. Angesichts der katastrophalen Verhältnisse stünden die vorhandenen Mittel „in gar keinem Verhältnis zu den Ansprüchen“. Der Wohlfahrtspflege fehle ein Gönner, „der das erforderliche Darlehen gibt“. Um ein solches bittet man deshalb ziemlich direkt. Ein noch besseres Mittel zur Behebung der Notlage wäre allerdings eine Einrichtung, „durch die eine weitgehende Kreditgewährung an diese Anstalten selbst ermöglicht würde“.
Ein zeitloser Auftrag
Beim Minister stößt das Ansinnen auf offene Ohren. Die Initiatoren treffen sich am 2. Februar mit Vertretern des Ministeriums. Eine weitere Sitzung findet genau einen Monat später statt – und dann geht alles ganz schnell: Am 10. März 1923 finden sich Vertreter der Organisationen beim Berliner Notar Dr. Fritz Lamm ein und gründen die „Hilfskasse gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands GmbH“, eine Kreditanstalt für die gesamten Wohlfahrtseinrichtungen. Das Stammkapital in Höhe von 800.000 Mark stammt als zinsgünstiges Darlehen aus der Kasse des Wirtschaftsministeriums. Damit hatte die Freie Wohlfahrtspflege mitten in der Krise von 1923 das erste Sozialunternehmen in Deutschland gegründet.
Aufgabe der „Hilfskasse“ war es – und ist es bis heute –, gemeinnützigen Wohlfahrtseinrichtungen Darlehen zu gewähren und zu vermitteln, ihre Sparguthaben zu verwalten und sie in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht zu beraten. Ziel der „Hilfskasse“ war letztlich die Lösung der gesellschaftlichen Fragestellung, wie sich soziale Arbeit finanziert. An diesem Auftrag hat sich bis heute kaum etwas geändert. Seit einem Jahrhundert begleitet die Bank für Sozialwirtschaft Menschen, die das Gemeinwohl stärken, bei der Realisierung sozialer Vor- haben. „Sozialbanking“ bedeutet für sie, gemeinsam mit ihren Kunden nachhaltig sozialen Nutzen zu stiften – seit 1923 und in Zukunft. „Gemeinsam sozial wirksam“ ist die Leitbotschaft des Jubiläums.
Renommierte Persönlichkeiten bringen sich ein
Die Menschen, die 1923 maßgeblich an der Gründung der „Hilfskasse“ mitwirken, eint eine Gemeinsamkeit: Sie engagieren sich schon länger im Wibu und haben ihr Wirken bereits vorher in den Dienst der Wohlfahrtspflege gestellt. Professor Dr. Martin Faßbender ist Leiter des Berliner Caritasverbandes und Aufsichtsratsvorsitzender des Wirtschaftsbundes (Wibu).
Der Militärarzt Professor Dr. Ludwig Kimmle war von 1903 bis 1920 Generalsekretär des Deutschen Roten Kreuzes. Mit Professor Dr. Leopold Langstein, Mitbegründer des Fünften Wohlfahrtsverbandes und seit 1924 erster Vorsitzender des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, gehört ein weiterer Mediziner zur Gründungskommission. Hinzu kommen Prälat Dr. Benedikt Kreutz, Präsident des Deutschen Caritas- verbandes, und Pastor Johannes Thiel vom Centralausschuss der Inneren Mission der Deutschen Evangelischen Kirche. Die Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden ist durch Syndikusrechtsanwalt Dr. Alexander Philipsborn beteiligt. Aus dem Vorstand des Wibu sind Martin Vietor und Josef Otto Sendker vertreten. Etwas später kommt die Arbeiterwohlfahrt in den Gesellschafterkreis. Die Gründer sind ihrer Bank über ein Jahrhundert voller Höhen und Tiefen treu geblieben. Bis heute stammen mehr als 90 % der Anteilseigner der Bank für Sozialwirtschaft AG aus der Freien Wohlfahrtspflege.
Gemeinsam sozial wirksam
100 Jahre Bank für Sozialwirtschaft. 1923 von den Wohlfahrtsverbänden als „Hilfskasse“ gegründet – 2023 die führende Fachbank für die Sozial- und Gesundheitswirtschaft. Besuchen Sie unsere Jubiläumswebsite mit vielen Informationen und Anekdoten aus unserer Geschichte“.