
Der zweite Band der BFS-Fachserie „Erfolgsfaktor Nachhaltigkeit in der Sozialwirtschaft“ zeigt den Handlungsbedarf sozialer Organisationen im Bereich der Nachhaltigkeit auf. Auf der Basis einer empirischen Erhebung untersucht er die Umsetzung von Nachhaltigkeitsaspekten in der betrieblichen Praxis und im Immobilienbestand. Die Ergebnisse zeigen: Auch wenn die steigenden Anforderungen bezüglich Nachhaltigkeit weitgehend bekannt sind, mangelt es vielen sozialen Organisationen an Personal und Eigenmitteln, um Nachhaltigkeitsmaßnahmen umzusetzen.
Der neue Band „Nachhaltigkeit als Wegweiser für die Unternehmensentwicklung“ basiert auf der Umfrage zu Chancen und Herausforderungen von Nachhaltigkeit in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft. Die Erhebung haben die Bank für Sozialwirtschaft und die BFS Service GmbH Ende 2022 zusammen mit den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege, dem Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB) und der Universität zu Köln durchgeführt. Befragt wurden rund 470 Vertreter*innen aus Pflege, Eingliederungshilfe, Kinder- und Jugendhilfe, Schulen, Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie aus sonstigen Arbeitsfeldern.
Zentrale Ergebnisse der Umfrage
- Je nach Geschäftsfeld können zwischen 80 und 90 % der Unternehmen erforderliche Nachhaltigkeitsinvestitionen in naher Zukunft nicht oder nur teilweise tätigen.
- In über 70 % der Fälle ist die Refinanzierung von Investitionskosten für Nachhaltigkeitsmaßnahmen durch die Kostenträger nicht auskömmlich und vorhandene Nachhaltigkeitsstrategien sind nicht mit Budgets für deren Umsetzung unterlegt. Fördermittel können die Lücken nicht schließen.
- Für über 40 % der Organisationen stellen Eigenmittel die wichtigste Finanzierungsquelle für Nachhaltigkeitsinvestitionen dar – fehlende Eigenkapitalreserven lassen Nachhaltigkeitsmaßnahmen scheitern.
- 20 bis 60 % der Befragten sind bei der Steigerung der ökologischen Nachhaltigkeit ihres Immobilienbestands bisher noch nicht aktiv geworden. Hinzu kommt ein vielfältiger
- immaterieller Investitionsbedarf insbesondere für prozessuale, digitale und personelle Voraussetzungen.
- Unzureichende Personalkapazitäten und mangelndes Know-how stellen in bis zu 20 % der Fälle maßgebliche Hürden für die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen dar. Bis zu 60 % der Organisationen sehen sich nicht in der Lage, einen Nachhaltigkeitsbeauftragten zu benennen.
Die derzeitigen Aktivitäten und Rahmenbedingungen reichen nicht ansatzweise aus, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und die Potenziale für die eigene Unternehmensentwicklung auszuschöpfen. Selbst wenn bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie implementiert wurde, existiert häufig kein Budget für deren konkrete Umsetzung. Der Investitionsstau droht sich zu verschlimmern. Zentrale Handlungsfelder für die Steigerung von Nachhaltigkeit auf betrieblicher Ebene sind demnach:
- qualifiziertes Personal
- ein hinreichender finanzieller Unterbau
- Erhebung von Nachhaltigkeitsdaten
Nachhaltigkeit gehört in die Geschäftsstrategie
Die Auseinandersetzung mit dem Themenfeld Nachhaltigkeit bietet die Chance, die Geschäftsstrategie zu überprüfen und zu optimieren. Es ergeben sich zahlreiche Unternehmensvorteile, wie ein geringerer Energieverbrauch, die Zufriedenheit von Kunden oder Mitarbeitenden sowie Verbesserungen im Dialog mit Lieferanten, Kostenträgern, Angehörigen und Ehrenamtlichen. Die Nachhaltigkeitsstrategie und Dokumentation der nachhaltigen Unternehmensführung beeinflussen in Zukunft Finanzierungsbedingungen und den Zugang zum Kredit- und Kapitalmarkt. „Der neue Report schafft Transparenz darüber, inwieweit soziale Organisationen auf diese Aufgaben vorbereitet sind, und zeigt auf, was zu tun ist“, sagt Susanne Leciejewski, Geschäftsleiterin Beratung der BFS Service GmbH. „Nicht nur die Organisationen selbst sind gefordert. Es müssen auch die Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit sie ihr riesiges Nachhaltigkeitspotenzial ausschöpfen können.“
Die Sozial- und Gesundheitswirtschaft ist ein maßgeblicher Hebel für das Gelingen der sozial-ökologischen Wende. Die Verantwortung für eine uneingeschränkte Entfaltung dieser Hebelkraft liegt nicht zuletzt bei der Politik. Neben zentralen Handlungsfeldern auf betrieblicher Ebene benennt die Publikation auch politische Maßnahmen zur Schaffung angemessener Rahmenbedingungen.