
Der Bedarf an Pflegeplätzen steigt im Zuge des demografischen Wandels weiter, aber der Arbeitsmarkt ist bereits jetzt schon leergefegt. Die Zukunft der stationären Pflege ist wegen des Fachkräftemangels ungewiss. Sie kann den Versorgungsbedarf der zunehmenden Anzahl Pflegebedürftiger nicht decken. Daher braucht es alternative Lösungen.
Ein wichtiger Baustein in der Versorgung älterer Menschen ist und bleibt das Betreute Wohnen. Die Nachfrage nach Angeboten des Betreuten Wohnens ist weiterhin ungebrochen hoch, aber die Kostenentwicklung könnte den Ausbau gefährden. Dies sind Ergebnisse der Studie „Betreutes Seniorenwohnen“, die die BFS Service GmbH 2022 bereits zum zweiten Mal durchgeführt hat. Die Studie gibt einen Einblick in die aktuellen Strukturen und Entwicklungen in diesem Marktsegment. An der neuen Umfrage haben sich rund 500 Akteure aus dem Betreuten Seniorenwohnen beteiligt.
Starke Nachfrage, hohe Auslastung
Über die Hälfte der Befragten hat angegeben, dass die Nachfrage nach ihrem Wohnangebot in den vergangenen 5 Jahren stark zugenommen habe, und rund drei Viertel schätzen, dass die Bedarfe nach Betreuten Wohnangeboten oder altersgerechten Wohnangeboten mit Betreuung in Zukunft weiter steigen werden. Die hohe Nachfrage zeigt sich in guten Auslastungsquoten und längeren Wartelisten. Zwar konstatierte über die Hälfte der Befragten, dass in ihrer Region mehr Angebote des Betreutem Wohnens benötigt werden, aber fast jede*r Zehnte (9 %) ist der Auffassung, dass der regionale Bedarf bereits gedeckt sei. Weitere Investitionen in dieses Marktsegment bedürfen daher differenzierter Markt- und Regionalanalysen.
Sanierungs- und Renovierungsstau
Die befragten Wohneinrichtungen verfügen über ein differenziertes Angebot mit Ein-, Zwei- und Mehrzimmerwohnungen. Die Zweizimmerwohnung ist der dominante Wohnungstyp, der nach Meinung der Befragten auch am häufigsten nachgefragt wird. Die Wohnungsgrößen schwanken beträchtlich. Die Gebäude des Betreuten Wohnens sind in die Jahre gekommen. 57 % der Immobilien sind älter als 20 Jahre und werden in den nächsten Jahren sanierungsbedürftig. In 30 % der Fälle liegt die letzte Renovierung bereits mehr als zehn Jahre zurück. Dies wird einen hohen Investitionsbedarf nach sich ziehen, welcher sich in steigenden Mieten niederschlagen wird.
Bewohnerschaft unterstützungsbedürftiger
Die Betreiber haben mit der Schaffung von mehr Versorgungssicherheit auf die Veränderungen bei ihrer Bewohnerschaft reagiert. Die Bewohnerschaft des Betreuten Wohnens ist in den vergangenen Jahren älter und pflegebedürftiger geworden. Mehr als die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner ist 80 Jahre und älter, jede*r Zehnte ist älter als 90 Jahre.
Etwa ein Fünftel der Betreuten Wohneinrichtungen fungiert als „Verbund-Modell“, das für seine Bewohnerschaft eine hohe Versorgungssicherheit ermöglicht. In diesen Betreuten Wohneinrichtungen werden neben dem Grundservice (Beratung, Freizeitangebote und niederschwellige Alltagshilfen) und den Betreuungsleistungen (Notrufsicherung und zeitlich begrenzte Pflegeleistungen) zusätzlich vom Einrichtungsträger selbst umfassende Pflege-Wahlleistungen vorgehalten – wie Tages- oder Nachtpflege, eine 24-Stunden-Betreuung und teilweise auch eine ambulant betreute Pflegewohngemeinschaft.
Die Anteile der Pflegebedürftigen in den betreuten Wohnanlagen variieren beträchtlich. Ein Zehntel hat einen Anteil von unter 25 % Pflegebedürftigen (Bewohnerschaft aus n=123), ungefähr ein Viertel (27 %) hat einen Anteil von 75 % und mehr Pflegebedürftigen. Zudem wird Betreutes Wohnen immer noch mehrheitlich von älteren Menschen mit einem leichteren Pflegebedarf genutzt. Jedoch wächst der Anteil an Bewohnerinnen und Bewohnern mit höherem Pflegebedarf. Die Befragten, die Angaben zum Pflegebedarf ihrer Bewohnerschaft gemacht haben, meldeten mehr als ein Viertel (27 %) Pflegebedürftige mit einem schwereren Pflegebedarf, entsprechend den Einstufungen in die Pflegegrade 3, 4 oder 5.
Betreutes Wohnen wird teurer
Die Kosten für die Wohnung (Miet- und Nebenkosten) variieren aufgrund der unterschiedlichen Situationen auf den Wohnungsmärkten sowie verschiedener Ausstattungsstandards beträchtlich. Die maximale Kaltmiete rangiert nach Angaben der Befragten (n=94) zwischen 4,79 Euro/qm und 25 Euro/qm. Knapp die Hälfte aller Befragten hat einen Kaltmietpreis von unter 10 Euro/qm, bei der anderen Hälfte variiert der Kaltmietpreis zwischen 10 und 20 Euro/qm. Nur 4,3 % der Befragten erheben einen Kaltmietpreis von über 20 Euro/qm. Die Nebenkosten variieren von 1,30 Euro/qm bis 11 Euro/qm. Durch gestiegene Kreditzinsen, teurere Baustoffe und den Fachkraftmangel im Bauwesen steigen auch die Baukosten und infolge dessen die Mietpreise.
Herausforderungen
Entsprechend der Preissteigerungen stuften rund drei Viertel der Befragten die Kostenentwicklung als die größte Herausforderung für das Betreute Seniorenwohnen in Zukunft ein. Weitere Herausforderungen sind, genügend Versorgungssicherheit für die zunehmend hilfebedürftige Klientel (z. B. mit Demenzerkrankung) zu gewährleisten und ausreichend Personal für die Versorgung der älteren Menschen im Betreuten Seniorenwohnen bereitstellen zu können. Jeder Dritte stuft darüber hinaus die rechtlichen Vorgaben als Herausforderungen ein, die unter Umständen die Planungssicherheit gefährden können.
Autorin
Britta Klemm
Leitung Kompetenzzentrum Sozialwirtschaft & Research
BFS Service GmbH
Kundenberatung Factoring
Telefon 0221 98816-894
b.klemm@bfs-service.de
www.bfs-service.de
Studienergebnisse
Die Studie „Betreutes Seniorenwohnen“ gibt Branchenakteuren eine valide Planungsgrundlage, um dieses bevorzugte Wohn- und Versorgungsangebot auf die zukünftigen Anforderungen auszurichten. Sie basiert auf einer Befragung von rund 500 Anbietern des Betreuten Seniorenwohnens im Zeitraum von März bis Mai 2022. Sie verfügen zusammen über ca. 1.600 Standorte mit rund 60.000 Wohneinheiten und repräsentieren knapp ein Viertel der einschlägigen Wohnanlagen. Die neue Studie schreibt die erste Studie von BFS Service und KDA zum Betreuten Seniorenwohnen von 2018 fort. Die Ergebnisse sind kostenfrei abrufbar unter: