Page 20 - Sozialus 4-2020
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 SO GEHT SOZIALWIRTSCHAFT
 Krankenhaus Rating Report 2020
Krankenhäuser unter Druck
 Die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser hat sich im Jahr 2018 erneut verschlechtert. 13% der Krankenhäuser verzeichnen ein erhöhtes Insolvenzrisiko. Im Jahr zuvor waren es noch 11 %. Fast 30 % der Kliniken haben auf Konzernebene Verlust gemacht. Auch ihre Erträge sind zurückgegangen, vorwiegend aufgrund der Stagnation der stationären Fall- zahlen, bei gleichzeitiger Zunahme ambulanter Behandlun- gen. Bis 2025 droht die Mehrheit der Kliniken in die Verlust- zone abzurutschen. Zu diesen und weiteren Ergebnissen kommt die sechzehnte Ausgabe des „Krankenhaus Rating Report“ des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung, der im Rahmen des digitalen „Hauptstadtkongress 2020 – Medizin und Gesundheit“ am 18. Juni 2020 vorgestellt wurde.
Die meisten defizitären Krankenhäuser befinden sich in Baden- Württemberg, wo 44% der Krankenhäuser 2018 rote Zahlen schrieben. Hessen und Bayern stehen ähnlich schlecht dar. Deutlich besser fällt das Rating in Ostdeutschland aus. „In wirt- schaftlich stärkeren Gegenden besteht weniger Druck auf öffentliche Krankenhäuser, sich wirtschaftlich effizient aufzu- stellen“, erklärt Dr. Dominik Thomas, Berater im Kompetenz- zentrum Gesundheitswirtschaft der BFS Service GmbH, das Phänomen. „Ein alter Lehrsatz, der sich hier wieder einmal be- wahrheitet, lautet: Je besser es der Kommune geht, desto schlechter geht es den kommunalen Gesundheitseinrichtungen. Hinzu kommen selbstverständlich aber immer die begleitenden Rahmenbedingungen, wie Krankenhausträgerschaft und -größe, Spezialisierungsgrad, Tarifbindung oder Investitionsverhalten.“ In Westdeutschland mache sich darüber hinaus die Bau-
substanz aus den 70er Jahren bemerkbar. In Ostdeutschland wurden viele Kliniken nach der Wende generalüberholt.
Die Fördermittel für Investitionen nach dem Krankenhausfinan- zierungsgesetz lagen 2018 bei 3,04 Milliarden Euro. Gegenüber den Vorjahren sind sie leicht gestiegen, im langfristigen Trend aber zurückgegangen. Krankenhäuser schließen diese Lücke zum Teil aus eigener Kraft, was ihnen aufgrund ihrer schwierige- ren Ertragslage jedoch immer schlechter gelingt. Besonders freigemeinnützige Träger haben ein geringes Sachanlagever- mögen. Große Krankenhäuser haben typischerweise ein besseres Rating als kleine. Ein hoher Grad an Spezialisierung beeinflusst das Rating positiv. „Kleinere, breit aufgestellte Häuser haben es nach wie vor schwerer, ein wirtschaftlich ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen. Allerdings werden auch die Quersubven- tionierungsmöglichkeiten für die größeren Häuser und Ketten sukzessive weniger“, erläutert Dr. Dominik Thomas.
Wirtschaftsfaktor Patientenzufriedenheit
Erstmals wurde auch die Zufriedenheit der Patienten mit der ärztlichen und pflegerischen Versorgung untersucht. Die Zu- friedenheitswerte sind grundsätzlich hoch und liegen in Ost- deutschland am höchsten. Die Zufriedenheit mit der ärztlichen Versorgung fällt in städtischen Gebieten besser aus, die pflege- rische Betreuung dagegen schlechter. Kliniken in freigemein- nütziger und privater Trägerschaft schneiden durchschnittlich besser ab als kommunale Kliniken.
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Bildnachweis: Shutterstock
























































































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