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„Mit der Reife wird man immer jünger“, lässt uns Hermann Hesse in seinen Betrachtungen über das Altern und das Alter wissen. Kluge Einsichten und solide Studien zu diesem unerschöpflichen Thema gibt es viele. Das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) stellt dazu eine repräsentative Erhebung vor: Was denken Menschen in der zweiten Lebenshälfte tatsächlich, was treibt sie an? Wie stehen sie zu zentralen Aspekten wie Beruf und Bildung, Pflege, Einkommen und Wertewandel? Die Untersuchung „50plus: Übergänge zum Altern“ rückt die reiferen Jahrgänge in den Blick und vergleicht deren Lebensauffassung mit der von jüngeren Generationen.
Gegenwärtig sind bereits 51 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland über 50 Jahre alt. Sie stellen 56 Prozent der Wahlberechtigten und rund 60 Prozent der Wähler. „Die Altersgruppen der zweiten Lebenshälfte gewinnen an Umfang und damit auch an Einfluss auf Gesellschaft und Wirtschaft“, heißt es in der Untersuchung des DIA, das von Unternehmen der Finanzwirtschaft getragen wird. Die Herausgeber legen Wert darauf, im Gegensatz zu herkömmlichen Altersstudien eine Generationenbefragung zu liefern, die alle Altersgruppen einschließt und damit sowohl die gegenseitige Sicht der Generationen als auch die Veränderung von Einstellungen im Lebenszyklus abbilden soll.
So zeigt die Befragung von 3030 Teilnehmern ab 18 Jahren unter anderem, dass sich die Sorgen junger Menschen vor finanziellen Einbußen, vor Langeweile und Einsamkeit im Rentenalter längst nicht so negativ einstellen, wie sie es häufig erwarten. Was die Generationen hingegen gemeinsam haben, ist die Erfahrung häufiger persönlicher Veränderungen der Arbeitswelt. Sie teilen auch die wachsende Vorfreude auf den Ruhestand – zugleich hat ein Drittel der Ruheständler über das Renteneintrittsalter hinaus gearbeitet oder hätte das gern getan, wenn die Gelegenheit vorhanden gewesen wäre.
Ein Viertel der befragten Ruheständler bekannte sich zu gesundheitlichen Nöten, die Erwartung aller Befragten lag bei nur 21 Prozent. Auch hinsichtlich der Finanzen wird ein Unterschied sichtbar: 22 Prozent der älteren Umfrageteilnehmer nannten Geldprobleme, von allen Befragten erwarteten das 27 Prozent für ihr Alter. Neben Gesundheit und Finanzen bewegen weitere Alltagsprobleme die Generationen: fehlende Sozialkontakte (Ruheständler: 10 %; Erwartung aller Befragten: 12 %) und Langeweile (8 %; bzw. 16 %). Immerhin freuten sich 64 Prozent aller Erwerbstätigen auf den Ruhestand.
Für den Fall ihrer eigenen späteren Pflegebedürftigkeit rechnen viele Teilnehmer mit einer positiven Lösung. Kinderlose gehen zu 40 Prozent davon aus, Eltern setzten oft auf ihre Kinder – je mehr desto optimistischer. Bei einem Kind sind es 53 Prozent, bei zwei Kindern 55 Prozent, bei drei Kindern 60 Prozent und bei vier Kindern 64 Prozent. „Auch das Einkommen spielt bei den Annahmen zur eigenen möglichen Pflegesituation eine erhebliche Rolle. Je höher es aktuell ist, desto optimistischer sind die Befragten“, stellt die Untersuchung fest. Unter den Personen mit einem Monatseinkommen unter 1.000 Euro gehen nur 28 Prozent von einer guten Alterspflege aus. In der Einkommensklasse 4.000 Euro und mehr sind es dagegen 61 Prozent.
„Haben Sie das Gefühl, dass die Gesellschaft dem Alter gegenüber heute mehr oder weniger Respekt entgegenbringt als Sie es früher erlebt haben?“ Diese Frage verneinten 57 Prozent der Befragten ab 50 Jahren. Knapp ein Drittel sah keine Veränderung, nur fünf Prozent nahm sogar mehr Respekt wahr. Ältere zeigten sich auch hinsichtlich weiterer sozialer Werte ernüchtert: 51 Prozent hatten das Gefühl, dass heutzutage weniger soziale Sicherheit herrsche als früher, 59 Prozent verspürten weniger Solidarität zwischen den Generationen.
Erwartungsgemäß bewerten ältere und jüngere Menschen zentrale Lebensaspekte unterschiedlich. Interessant wird die DIA-Expertise, wo sie sich auf die Befindlichkeit Älterer in der zweiten Lebenshälfte fokussiert: Gesundheit und Finanzen stellen die relativ größten Sorgen dar, Respekt, soziale Sicherheit und Solidarität sehen sie schwinden.
Die aktuelle Erhebung stammt von Juni/Juli 2020 und erscheint in vierter Folge. Die drei früheren Publikationen widmen sich den Themen „Einzigartigkeit des Alterns“ (2017), „Bewusster leben (2014) und „Vielfalt des Alterns (2011). Zusammen genommen ergeben die Beiträge ein vielfältiges Bild von Erwartungen, Realität und Lebensstil von Menschen hierzulande in der zweiten Lebenshälfte.
Klaus Morgenstern, Ältere erleben weniger Respekt, Hg.: Deutsches Institut für Altersvorsorge (DIA) in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut INSA Consulere, Berlin 2020
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