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Die Kampagne "Pflege braucht Helden" des Thüringer Pflegepakts erreichte den 10. Platz im 9. Wettbewerb Sozialkampagne
Als der Thüringer Pflegepakt gegründet wurde, war den beteiligten Vertretern der Landesregierung, der Pflegekassen und der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege schnell klar, dass sie etwas unternehmen mussten. „Wir steuerten dem Fachkräftemangel entgegen. Dazu kam die schlechte Presseberichterstattung über die Pflege: lauter Skandale. Dies trägt nicht dazu bei, dem Personalmangel entgegenzuwirken", berichtet Hanns-Otto Schwiefert, Geschäftsführer der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen. „Deshalb haben wir beschlossen, eine Kampagne für die Pflege zu starten, mit der wir das Berufsbild Pflege in ein positives Licht rücken wollten."
Gesagt getan. 2014 startete die mehrjährige landesweite Kampagne „Pflege braucht Helden", die beim 9. Wettbewerb Sozialkampagne den 10. Platz erreichte. „Die Kampagne steht stellvertretend für all die Low-Budget-Kampagnen, die versuchen, wichtige und herausfordernde Themen wie Wertschätzung des Pflegeberufes zu thematisieren und ins Bewusstsein zu bringen. Authentisch, sympathisch und mutmachend!", sagt Carsten Fuchs, Inhaber der Agentur Fuchs von Morgen und Jury-Mitglied beim Wettbewerb Sozialkampagne. Über das Erfolgsrezept der Kampagne „Pflege braucht Helden" haben wir mit Hanns-Otto Schwiefert gesprochen, der die Kampagne federführend betreut hat.
Allen Beteiligten war wichtig, dass es eine Kampagne für die Mitarbeitenden in der Pflege wird. Das Bild der Pflege sollte einerseits realistisch sein – also mit echten Menschen, die authentisch aus ihren Beruf berichten. Andererseits sollte sie auch positiv sein und die Pflege als einen sinnstiftenden und anspruchsvollen Beruf zeigen. Also suchte man in den angeschlossenen Einrichtungen nach Pflegekräften, die an der Kampagne mitwirken wollten. Die Resonanz war so groß, dass Castings veranstaltet wurden, um die Darsteller für die Kampagne auszuwählen. Am Ende standen sieben Männer und Frauen fest, deren Karriere in der Pflege als Heldengeschichte inszeniert wurde. Einer von ihnen war Jürgen Fischer, der im AWO Seniorenpflegeheim „Haus an der Salza" als Wohnbereichsleiter und Praxisanleiter in der vollstationären Pflege arbeitet. Sein Motto: „Echte Helden heißen nicht Batman, sondern Jürgen." Coole Motive auf Postkarten und Plakaten, ein umfangreicher Online-Informationsservice über den Pflegeberuf und Filme, in denen der Berufsalltag sichtbar wird, – all das umfasste die Kampagne.
Das Besondere dabei war: Die Kampagne hatte ein vergleichsweise kleines Budget, rund 110.000 Euro. Nicht viel für eine landesweite Imagekampagne. „Das reichte nicht, um eine Agentur zu beauftragen, aber wir wollten den Auftrag auch gar nicht abgeben. Wichtig war uns, die Kampagne selbst zu gestalten, aus uns heraus für uns zu entwickeln", erzählt Schwiefert. Und einiges hat sich ganz von selbst entwickelt, wie bei Online-Kampagnen mit viralem Effekt üblich, wenn auch nie ganz vorhersehbar. Auf Facebook zum Beispiel posteten Leute Fotos, die sie unterwegs von den witzigen Plakaten gemacht hatten.
Unterstützt wurden die Pflege-Experten aus den Wohlfahrtsverbänden und dem Ministerium von einem Filmteam, das die Testimonials ins rechte Bild rückte, und einem Grafiker. Alles wurde gemeinsam erarbeitet: Die flotten Sprüche, die Heldengeschichten, die Produkte (Postkarten, T-Shirts, Einkaufsbeutel, Anhänger usw.). „Dabei haben wir besonders darauf geachtet, das Bild des Berufsalltags richtig darzustellen", erinnert sich Schwiefert. Dass die Einigungsprozesse in einer so großen Gruppe nicht einfach waren, versteht sich von selbst. „Aber es hat Spaß gemacht", betont der Liga-Chef freudig. „Wir haben um die besten Ideen regelrecht gerungen. Es war ein kreativer Prozess des Miteinanders."
Am 26. Mai 2014 begann die Verbreitung der Kampagne. Thüringenweit startete die großangelegte Plakatierung der Motive. „Einmal war ich sogar selbst überrascht", lacht Schwiefert. „Direkt vor meiner Haustür hing ein Plakat an einer Litfaßsäule." Überrascht und sicher auch ein bisschen stolz – schließlich steckt viel Herzblut in der Sache und die „Helden" sind ihm auch menschlich ans Herz gewachsen.
2016 gab es eine Pressekonferenz, um ein vorläufiges Resümee zu ziehen. Gar nicht so einfach, bei einer Imagekampagne messbare Ergebnisse festzumachen. Aus der Statistik des Bildungsministeriums ließ sich jedoch belegen, dass die Ausbildungszahlen für Pflegeberufe gestiegen waren. Ein anderes Ergebnis, das die Verantwortlichen überrascht hat: „Die Wirkung nach innen." Es war ein Beitrag, dass die Mitarbeitenden in unseren Einrichtungen positiv gewürdigt werden. Bei der Pressekonferenz berichteten verschiedene Einrichtungsleiterinnen und Pflegekräfte, welche Anerkennung sie durch die Kampagne erfahren haben. Und für die Mitarbeiterbindung hatte dies auch positive Effekte. Aber nicht nur das. Auch im politischen Raum tat sich auf einmal etwas. Der Thüringer Pflegepakt konnte erreichen, dass die Vergütung ordentlich erhöht wurde, die Ausbildungszeiten verkürzt und Umschulungen vereinfacht wurden. Auch die Arbeitsbedingungen haben sich verbessert. Ob dies auch mit der Kampagne zu tun hat? Wer weiß das schon genau. Aber klar ist: „Wir haben auch in anderen Fragen Impulse gesetzt."
„Wollen Sie wissen, was das Tollste war? Wir hatten wunderbare Testimonials", erzählt Schwiefert und zeigt sich noch Jahre später begeistert. „Das hatte nichts Verstelltes, das waren echte Menschen." Schade, wenn die Presse dann das Bild verfälscht. Zum Abschluss der Kampagne waren alle Beteiligten in den Thüringer Landtag eingeladen. „Mit welchem Stolz sie über ihren Beruf berichtet haben, das ist mir unter die Haut gegangen." Hier wurde im großen Rahmen klar: Das ist die Mehrheit der Pflegekräfte. Es sind tolle Menschen, die sich jeden Tag aufopferungsvoll um ihre Pflegebedürftigen kümmern.
Bis 2017 wurde die Kampagne immer wieder von Aktionen begleitet. Dass es sich gelohnt hat, da ist sich Schiefert sicher. „Es war anstrengend, aber es hat Spaß gemacht. Und es hat die gewünschte Wirkung erzielt. Deswegen werden wir auch in Zukunft nicht die Finger davon lassen." Für die nächste Sitzung des Thüringer Pflegepaktes plant Schwiefert, an das Thema anzuknüpfen und die erfolgreiche Kampagne weiterzuentwickeln.
Susanne Bauer
Senior Referentin Unternehmenskommunikation
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