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Mit dem novellierten Klimaschutzgesetz will die Bundesregierung dafür sorgen, dass Deutschland bis zum Jahre 2045 klimaneutral wird. Bis 2030 sollen die Emissionen bereits um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken. Doch wie bewerten die Bürger*innen die Ziele und die Maßnahmen des Klimaschutzes in den Bereichen der Energie- und der Verkehrswende? Wie hoch ist ihre Bereitschaft, aktiv daran mitzuwirken? Und wie gerecht geht es nach dabei zu? Antworten darauf gibt das „Soziale Nachhaltigkeitsbarometer (SNB) 2023“.
Als Datengrundlage dient eine seit 2017 jährlich stattfindende Befragung von 6.500 repräsentativ ausgesuchten Personen in Deutschland. Durchgeführt wird sie durch das Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS) im Rahmen des Kopernikus-Projekts Ariadne, das seit 2021 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.
Für 41 Prozent der Bürger*innen ist Klimaschutz aufgrund der Energiekrise bedeutsamer geworden, während sich für 47 Prozent nichts verändert hat. 11 Prozent gaben an, dass das Thema für sie inzwischen weniger wichtig sei.
Auf die Frage, wie die Regierung auf gleichzeitig ablaufende Krisen reagieren sollte, plädierten 48 Prozent für Maßnahmen, mit denen sich höhere Energiekosten finanziell ausgleichen lassen und die in gleichem Maße den Klimaschutz fördern. 25 Prozent vertraten die Meinung, dass die Erreichung der Klimaschutzziele im Vordergrund stehen müssten, auch wenn dies aufgrund höherer Preise mit Einschränkungen verbunden wäre. Im Gegensatz dazu sprachen sich 25 Prozent für den Vorrang der finanziellen Entlastungen aus, selbst dann, wenn dies zur Folge hätte, dass die Klimaschutzziele vorerst zurückgestellt werden müssten.
Trotz der mehrheitlichen Zustimmung zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen stoßen die Proteste der Klimaaktivist*innen offenbar auf wenig Gegenliebe. 59 Prozent der Befragten zeigten für die Aktionen (eher) kein Verständnis. Rund zwei der Drittel (64 Prozent) befürchteten negative Folgen für die gesellschaftliche Unterstützung des Klimaschutzes.
Darüber hinaus wurden die befragten Personen gebeten, sich zu den drei Entlastungspaketen zu äußern, die die Bundesregierung aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise beschlossen hat. Dazu zählen Maßnahmen wie etwa direkte (Einmal-)Zahlungen (z.B. die Energiepreispauschale), die Senkung von Verbraucherpreisen sowie Preisbremsen für Strom, Wärme und Gas. Zusätzlich wurde die geplante Erhöhung des CO²-Preises um ein Jahr verschoben.
Doch die im vergangenen Jahr umgesetzten Maßnahmen haben bei 62 Prozent der Befragten zu keiner bzw. zu einer geringen persönlichen finanziellen Entlastung beigetragen. 37 Prozent gaben an, mittelmäßig bis sehr stark finanziell entlastet worden zu sein. Die im März 2023 rückwirkend in Kraft getretenen Preisbremsen erhalten eine ähnliche Bewertung: 59 Prozent rechneten (eher) nicht damit, ausreichend entlastet zu werden. 31 Prozent hielten eine ausreichende Entlastung für wahrscheinlich, für 6 Prozent galt diese als sicher.
Zudem hat eine Mehrheit der befragten Bürger*innen (58 Prozent) erklärt, im eigenen Haushalt über keine weiteren Einsparpotenziale für Energie mehr zu verfügen. Lediglich ein Fünftel (19 Prozent) kam zu einer anderen Einschätzung.
Die Möglichkeiten, Energie durch ein verändertes Mobilitätsverhalten einzusparen, werden – den Forschenden zufolge – von den Befragten besonders kritisch bewertet. 58 Prozent erklärten, diese seien gering bis nicht vorhanden. Dagegen erkannten 41 Prozent in diesem Bereich mittlere bis erhebliche Sparpotenziale.
Was die Verantwortung ebenso wie die Potenziale zur Reduzierung von Energie und Emissionen betrifft, sind nach Auffassung der Befragten vor allem die Industrie und die Wirtschaft gefordert, gefolgt von der Politik.
Zugleich wird deutlich, dass die Bürger*innen immer häufiger bereit sind, in klimafreundliche und effizientere Technologien zu investieren. Entsprechend informiert das Nachhaltigkeitsbarometer darüber, dass der Anteil von installierten Solarstromanlagen unter Eigenheimbesitzer*innen im Vergleich zu 2021 von 17 auf 28 Prozent gestiegen ist. Auf Wärmepumpen setzen inzwischen 13 statt zuvor 9 Prozent. Darüber hinaus hat sich der Anteil derjenigen, die ein E-Auto gekauft haben, gegenüber 2021 von 5 auf 10 Prozent erhöht.
Bei der Bewertung von Maßnahmen zur Energiewende (EW) und Verkehrswende (VW) fällt auf: Sowohl Befürworter*innen als auch Gegner*innen monierten am häufigsten die Art und Weise, wie die Prozesse seitens der Politik gestaltet werden. Bei der Energiewende waren es 53 Prozent, bei der Verkehrswende 38 Prozent. Weitere Kritikpunkte richteten sich auf die hohen Kosten für Staat und Gesellschaft (7 Prozent), das Ausmaß der Bürokratie (6 Prozent) und auf einen öffentlichen Diskurs, der zunehmend durch Ideologie geprägt sei (5 Prozent).
Auf die Frage, was sie sich zukünftig erhoffen, nannten die Befürworter*innen der Energiewende (68 Prozent) am häufigsten einen effektiven Klima- und Umweltschutz (43 Prozent). Konkret bezog sich dies beispielsweise auf Aktivitäten, um die Erderwärmung möglichst gering zu halten und die Folgen zu reduzieren.
Die Unterstützer*innen einer Verkehrswende (54 Prozent) hoffen ihrerseits am häufigsten auf klimafreundliche Verkehrsangebote, z.B. einen Zuwachs an emissionsfreien Fahrzeugen einschließlich der passenden Infrastruktur (40 Prozent).
Trotzdem sehen sich inzwischen weniger Menschen dazu in der Lage, ihre Mobilität künftig umwelt- und klimafreundlicher zu gestalten. War noch in den letzten Jahren eine leichte Steigerung zu verzeichnen (2021: 37 Prozent, 2022: 44 Prozent), so ist diese wieder rückläufig (2023: 37 Prozent). Zugleich hat sich der Anteil derjenigen erhöht, die ein umweltschonendes Mobilitätsverhalten für (sehr) unwahrscheinlich halten (38 Prozent).
Die nach wie vor hohe Bereitschaft der Bürger*innen, den Klimaschutz als einen den wichtigsten Herausforderungen anzuerkennen, sollte nach Ansicht der Autor*innen des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers 2023 durch politische Instrumente weiter unterstützt werden. Unter anderem plädieren sie für Informationskampagnen oder Beratungsangebote, die den Zusatznutzen von Klimaschutzmaßnehmen „zielgruppenspezifisch und effektiv verdeutlichen.“
Wolf, Dr. Ingo; Ebersbach, Benita; Huttarsch, Jean-Henri: Soziales Nachhaltigkeitsbarometer der Energie- und Verkehrswende 2023. Was die Menschen in Deutschland bewegt – Ergebnisse einer Panelstudie zu den Themen Energie und Verkehr, Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS), hrsg. v. Kopernikus-Projekt Ariadne Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) Telegrafenberg A 31 14473 Potsdam, Juli 2023.
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