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Dietmar Bühler ist Stiftungsdirektor der Caritas Stiftung Deutschland. Von 2019 bis Juni 2023 war er Mitglied des Aufsichtsrats der Bank für Sozialwirtschaft, zuvor seit 2001 Mitglied ihres Zentralbeirats. Seit 30 Jahren ist er beim Deutschen Caritasverband für die Vermögensverwaltung und die Steuerung von Beteiligungen und Stiftungen verantwortlich. Im Zeitzeugen-Interview blickt er auf vielfältige Erfahrungen mit der Sozialbank zurück, insbesondere im Spendenbereich und bei der Vermögensanlage.
Ich bin Diplom-Betriebswirt. Zunächst war ich bei der Handwerkskammer in Freiburg als Finanzverwalter tätig und bin mittlerweile seit 30 Jahren beim Deutschen Caritasverband in leitender Funktion für den Bereich der Vermögensverwaltung, für die Steuerung von Beteiligungen, die Steuerung von Stiftungen und des Immobilien- und Finanzvermögens verantwortlich. Ich bin Vorstand in den Stiftungen des Deutschen Caritasverbandes und übernehme verschiedene Mandate als Geschäftsführer sowie als Gesellschafter und Aufsichtsrat für den DCV.
Die Caritas-Stiftung Deutschland hat den Zweck, Vermögenserträge zu erwirtschaften, d.h. Kapital anzulegen, um daraus die Zwecke der Stiftungen zu verwirklichen. Als Treuhänder managt sie mittlerweile 107 unselbständige Stiftungen. Die Dachstiftung hat die Aufgabe, die soziale Arbeit der Caritas im In- und Ausland finanziell zu unterstützen.
Mit der BFS hatte ich zum ersten Mal 1993 zu tun, als ich zum Deutschen Caritasverband kam und eine SAP-Finanzbuchhaltung einführen sollte. Ich war erstaunt, welche Vielzahl von Bankverbindungen mit der BFS bestanden. Im Jahr 1997 haben wir den elektronischen Kontoauszug eingeführt und die Bank für Sozialwirtschaft hat uns aufgrund ihres Know-hows, was das Spendenwesen betrifft, in allen Prozessen unterstützt. Durch Einlesen der Bankdaten konnten 70 bis 80 Prozent der Spendeneingänge automatisch verbucht werden. Das war für uns eine erhebliche Erleichterung bei der Bearbeitung der Spendeneingänge.
Mit der BFS sind wir zu diesem Zeitpunkt übereingekommen, die Spendeneingänge für Caritas international über die Bank für Sozialwirtschaft als Spendenbank zu führen. So wurde das Spendenkonto „202 bei allen Banken und Sparkassen“ auf die Bank für Sozialwirtschaft überführt und bei Katastrophen für die Spendenaufrufe im Fernsehen das Konto 202 bei der Bank für Sozialwirtschaft eingeblendet. Damit haben wir unsere Prozesse optimiert.
Die Bank für Sozialwirtschaft war zu diesem Zeitpunkt sicherlich Vorreiter in der Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Von daher war die BFS die Bank, die uns unterstützend zur Seite stand.
Es gibt eine Vielzahl von Caritasverbänden und die Caritas besteht aus dem Zusammenschluss von rund 6.200 rechtlich eigenständigen Trägern in Deutschland. Als Gesamtverband der Caritas können wir von einer Spezialbank, die genau auf den Sozialbereich ausgerichtet ist, profitieren. Über die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, in der die Caritas als Spitzenverband vertreten ist, werden über die BFS bundesweit günstige Kredite an die Sozialwirtschaft vergeben und damit auch an die Einrichtungen der Caritas. Und so gesehen hatte der Deutsche Caritasverband als Gründungsmitglied der BFS 1923 die Idee, eine Bank zu schaffen, die genau die Sozialwirtschaft und die Einrichtungen, die Träger, versteht, und das ist heute noch so. Auch wenn die Bankenlandschaft sich verbreitert hat und auch im sozialen Bereich unterwegs ist; der Konkurrenzdruck zwischen den Banken ist deutlich größer geworden. Aber ich sehe nach wie vor, dass die Bank einen Vorsprung hat, was die Sozialwirtschaft betrifft. Wir, der Deutsche Caritasverband e.V. und seine Stiftungen, arbeiten mit der BFS im Bereich Zahlungsverkehr, Kreditfinanzierung von Investitionen sowie im Anlagebereich von kurzfristigen Geldern und Rentendepots zusammen.
Das Verhältnis zwischen Deutscher Caritasverband und Bank für Sozialwirtschaft hat sich über die Jahre hinweg nicht verändert. Das Einzige, was sich geändert hat, ist das Umfeld und damit die Prozesse. Beispielsweise haben wir die Vermögensverwaltung ab 2015 grundlegend angepasst, weil wir aufgrund des Niedrigzinsumfeldes aktiver werden mussten, natürlich auch mit gewissen Vorgaben, gerade was Nachhaltigkeit betrifft.
Bei der Anlage in Stiftungen ist wichtig, dass die Stifter Vertrauen haben. Die Stifter legen immer mehr Wert auf Nachhaltigkeit. Sie kennen sich auch aufgrund der wachsenden Aufmerksamkeit der Medien mit diesen Themen immer besser aus.
Wir haben schon seit vielen Jahren ein Nachhaltigkeitskonzept und eine Positivliste generiert. Diese Positivliste bekommen all diejenigen, die für uns Geld anlegen, als Vorgabe. Auch in der Direktanlage haben wir konkrete Vorgaben. Es gibt komplette Ausschlusskriterien und es gibt Kriterien, bei denen Schwellenwerte, z.B. Umsatzvorgaben vorgegeben werden. Also ein sehr komplexes System. Ich stelle fest, dass der Markt noch nicht in der Lage ist, die Kriterien und Begrifflichkeiten für Nachhaltigkeit eindeutig vorzugeben. Ich stelle fest, dass zwar alle von nachhaltigen Fonds reden, aber wenn man dahinter schaut, stellt sich die Frage, wie will man das vergleichen? Aber klar ist: Kapitalanlage geht nicht mehr ohne Nachhaltigkeit.
Das Besondere an der Bank für Sozialwirtschaft für mich ist, dass sie im sozialen Bereich die Bank ist, die unser Geschäft versteht. Im operativen Geschäft bietet sie alles an, was von unserer Seite notwendig ist. Durch meine Rolle im Aufsichtsrat habe ich miterlebt, wie schwierig das Geschäft ist, und es ist für mich sehr positiv zu sehen, dass man sich nach vorne entwickelt. Mit dem Migrations- und Transformationsprozess auf das neue Bankensystem sowie mit der Umsetzung einer Konzernstruktur ist die BFS für die Zukunft und für neue Herausforderungen gut aufgestellt.
Das eine ist die Wirtschaftlichkeit der Einrichtungen der Träger. Die Bank kann dabei bei der Festlegung der Prozesse, der zu tätigenden Investitionen sowie im Aufbau der Projektstruktur beraten und in der Umsetzung begleiten. Das geht eigentlich über das reine Bankgeschäft mit Geldanlagen und Krediten hinaus, es geht auch in die Richtung, Partner zu sein in geldnahen Themen und die Unternehmen und Einrichtungen mittel- und langfristig zu begleiten.
Wir brauchen immer mehr Alters- und Pflegeheime. Wir haben eine große Entwicklung im Krankenhausbereich hin zu Fusionen und Spezialkliniken. Das heißt, da sind riesige Investitionsbedarfe im Bereich der Sozialwirtschaft.
Als ich beim Deutschen Caritasverband anfing, war die BFS als Sozialbank für mich der Partner, der uns im Spendenbereich unterstützt hat. Man muss sich vorstellen, dass bei Caritas international, unserer weltweit tätigen Not- und Katastrophenhilfe, die Spenden überwiegend aus Kleinspenden bestehen – also Massengeschäft. Kistenweise sind damals die Überweisungsträger durch die Post zu uns herangeschafft worden, und es erforderte eine Vielzahl von Aushilfskräften um die Belege zu verarbeiten. Von daher war es für mich wichtig, die IT-Prozesse der BFS im Zahlungsverkehr zu haben, um die Daten elektronisch verarbeiten zu können.
Des Weiteren hat die BFS im Wohlfahrtsbereich über den Revolvingfonds, die Weitergabe von Bundesmitteln, die Struktur einer Kreditvergabe zur Verfügung gestellt. Weitere wichtige Punkte für mich waren die Rolle im Beirat, der Austausch und die Themen, die man da besprochen hat. Und dann natürlich auch eine Bereicherung für mich persönlich: die Tätigkeit im Aufsichtsrat.
Ja, absolut. Die Geschichte ist eine Fortsetzung von 1923 bis heute und ich hoffe, auch noch in der Zukunft. Ich bin gewiss, dass es auch künftig so sein wird. Die BFS hatte und hat eine wichtige Rolle in der Sozialwirtschaft.
Weitere Informationen zur Caritas Stiftung Deutschland:
www.menschlichkeit-stiften.de
Das Zeitzeugen-Interview mit Dietmar Bühler ist abrufbar auf der Jubiläumswebsite der Bank für Sozialwirtschaft:
www.gemeinsam-sozial-wirksam.de
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