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Die Deutschen sind träge geworden. Gerade erst machte eine große Studie der DKV Deutsche Krankenversicherung auf die wachsende Zahl von Bewegungsmuffeln hierzulande aufmerksam. Jetzt legt die aktuelle AOK-Familienstudie nach. Ein Drittel aller Familien rafft sich in der Freizeit nie körperlich auf, Kinder bewegen sich generell viel zu wenig. Doch mit dem Nachweis von Defiziten lässt es die Untersuchung nicht bewenden: Was können Kommunen leisten, um Familien auf Trab zu bringen? Die Rede ist von Spielplätzen, Radwegen, Sportstätten und Parks, kurzum, von einer familienfreundlichen Wohnumgebung.
Wie steht es um die Gesundheit von Eltern und Kindern, wie sieht es mit deren Fitness und Bewegung aus? Das untersuchte die vom IGES-Institut angefertigte Studie unter rund 5.000 Müttern und Vätern im Auftrag des AOK-Bundesverbandes. Es handelt sich um die nach 2014 vierte Studie dieser Art.
Die gute Nachricht zuerst: „Im Großen und Ganzen geht es den Familien in Deutschland gut.“ Etwas mehr als drei Viertel der Eltern (76%) beurteilten den eigenen Gesundheitszustand als gut oder sehr gut, Väter häufiger als Mütter (82 vs. 73 %), Paare mit Kindern häufiger als Alleinerziehende (77 vs. 69 %). Gegenüber 2014 gab es sogar eine Verbesserung. Damals schätzten nur 69 Prozent der befragten Eltern ihren Allgemeinzustand als gut bis sehr gut ein.
Größter Belastungsfaktor für Familien ist die Zeitknappheit (40 %), gefolgt von Geldsorgen (27 %) und psychischen Problemen (27 %). Merklich zugenommen haben Beziehungsschwierigkeiten (17 vs.14 %) – jeder Fünfte klagte über Stress mit dem Partner. Alleierziehende fühlen sich stärker unter Druck als Paare mit Kindern.
Mehr als die Hälfte der Eltern sind übergewichtig (36 %) oder adipös (22 %). Bei den Vätern waren es fast drei Viertel (72 %), bei den Müttern die Hälfte (50 %). Dabei hängt Übergewicht stark vom Bildungsstand ab, stellt die AOK-Studie fest. Doppelt so viele Eltern mit Hauptschulabschluss waren adipös wie Eltern mit Abitur oder Hochabschluss (33 vs.17 %).
Rund 16 Prozent der Kinder hatten fast jede Woche oder häufiger Kopf-, Bauch- oder Rückenschmerzen. Noch schlechter sieht es bei psychischen Beschwerden aus: 39 Prozent der Eltern sagen, dass ihr Kind über einen Zeitraum von sechs Monaten häufig gereizt oder schlecht gelaunt war. Jedes fünfte Kind hatte Einschlafprobleme.
Die Studie sieht den hohen Medienkonsum vieler Kinder kritisch. 59 Prozent der 4- bis 6-Jährigen und 44 Prozent der 7- bis 10-Jährigen sitzen die Woche über mehr als eine halbe Stunde bzw. mehr als eine Stunde täglich vor dem Bildschirm – am Wochenende noch mehr. Experten empfehlen für Kinder bis 6 Jahren eine Mediennutzung von höchstens einer halben Stunde pro Tag, für 7- bis 10-Jährige von maximal 60 Minuten. „Bewegungsmangel bei Kindern war noch nie zuvor ein so großes Problem wie heute“, bringt es die Studie auf den Punkt. Nur zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen bringen es auf die von der WHO geforderte Mindestdauer von 60 Minuten täglicher Bewegung.
Je älter das Kind, desto seltener sind gemeinsame körperliche Aktivitäten in der Familie. Der Anteil der Eltern, die mit ihren Kindern täglich gemeinsam zu Fuß gehen, Rad fahren, Sport treiben oder spielen, sinkt von 57 Prozent bei den 4- bis 6-Jährigen auf 27 Prozent bei den 11- bis 14-jährigen Teenagern. „Je höher die Bildung, desto seltener bewegen sich Familien gemeinsam.“ Auch das positive Vorbild der Eltern ist klar belegt: „In Familien mit positiver Einstellung zur Bewegung haben Kinder seltener Beschwerden.“
Zwar organisieren Vereine und Schulen vielfältige Sportangebote. Das Problem aber sind die heute so rar gewordenen Bewegungsräume im Alltag: das Kicken auf der Straße, das ungestörte Spielen in Wald, Wiese und Park. Zudem schränken Ganztagsschulen, Elterntaxis und der Ausfall von Sportunterricht die Alltagsbewegung ein. Die Studie fordert von den Städten und Gemeinden daher gute Rahmenbedingungen, damit sich Familien in Bewegung setzen.
Eine große Mehrheit der Studienteilnehmer nimmt bewegungsfördernde Gegebenheiten im eigenen Wohnumfeld durchaus wahr, zum Beispiel gute Gehweg-Beleuchtung sowie fußläufige und verkehrssichere Einkaufsmöglichkeiten.
Deutlich wurde, wo der Sportschuh drückt: 84 Prozent der Eltern wünschen sich mehr Grünflächen und gute Spielplätze nahe der eigenen Wohnung, viele Eltern würden sich über Alternativen zu teuren Indoorspielplätzen freuen. Solange Sportplätze und Hallen nicht von Vereinen genutzt werden, sollten sie Familien zugänglich sein, so eine häufig geäußerte Meinung. Gut erreichbare Sportplätze, Turnhallen und Schwimmbäder stehen ganz oben auf der Wunschliste für mehr Bewegungsfreundlichkeit. Familien auf dem Land votieren für eine Aufwertung des öffentlichen Personennahverkehrs und bessere Ausschilderung von Straßen. Für Stadtbewohner ist das Gefühl von Sicherheit vor Gewalt und Verbrechen ein wichtiges Kriterium für eine bewegungsfreundliche Wohnumgebung.
„Nicht nur Familien insgesamt, sondern auch Kinder sind für gute kommunale Angebote empfänglich“, zeigt sich die AOK-Untersuchung optimistisch. So sei der Nachwuchs öfter mindestens eine Stunde pro Tag aktiv, wenn er in einem attraktiven Wohnumfeld lebe und erfülle damit die 60-Minuten-Empfehlung der WHO. Sichere und nutzerfreundliche Radwege, gepflegte Spielplätze und gut erreichbare Sportplätze leisteten ebenfalls einen messbaren Beitrag zu mehr Bewegung von Eltern mit ihren Kindern.
Monika Sander / Richard Ochmann / Jörg Marschall | Guido Schiffhorst / Martin Albrecht, AOK-Familienstudie. Eine quantitative und qualitative Befragung von Eltern mit Kinder im Alter von 4 bis 14 Jahre, IGES-Institut, Juni 2018, 179 Seiten
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Zusammenfassung unter:
https://www.aok.de/pk/rh/inhalt/aok-familienstudie-2018-11/
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