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43 Prozent der Menschen können sich vorstellen, ehrenamtlich soziale Arbeit zu leisten, nur 5 Prozent üben eine solche Tätigkeit aus. Das ergab 1985 eine repräsentative Allensbach-Studie zur Stellung der Freien Wohlfahrtspflege. In unser Jubiläumsrubrik zum 100-jähringe Bestehen der Bank für Sozialwirtschaft werfen wir in dieser Ausgabe einen Blick auf die Anfänge der systematischen Vermittlung von Freiwilligenarbeit und Rolle der Sozialbank als Impulsgeber.
Ende der 1980er Jahre wurde es für soziale Einrichtungen immer schwieriger, genügend ehrenamtliche Helfer zu finden. Die Bank für Sozialwirtschaft hatte die Vermutung, dass interessierte Menschen kaum einen Überblick über mögliche Einsatzgebiete haben. Zentrale Informations- und Vermittlungsstellen wie heute die Freiwilligenzentralen gab es zu dieser Zeit nur in Berlin und München, das Internet noch gar nicht.
Die Idee der Sozialbank: Die lokalen Tageszeitungen in die Vermittlung von Helfern einbinden! Hilfsbereite Menschen und soziale Organisationen, die Helfer suchen, könnten über „Stellenanzeigen für Ehrenamtliche“ zusammengeführt werden – und die Zeitung kann sich als sozial engagiertes Medium profilieren. Ein Partner für das Pilotprojekt war schnell gefunden: Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ startet Anfang Februar 1992 eine „Kontaktbörse für ehrenamtliche Sozialarbeit“. Die ersten Gesuche kommen von Kunden der Bank – danach können sich alle interessierten Organisationen direkt bei der Redaktion melden. Alle ein bis zwei Wochen wird in der Wochenendausgabe des „Kölner Stadt-Anzeigers“ eine Kontaktbörse veröffentlicht. Die Resonanz ist durchgängig positiv: bei den Wohlfahrtsverbänden und anderen sozialen Gruppen ebenso wie in der Bevölkerung. Bald schon veröffentlicht der „Kölner Stadt-Anzeiger“ die Kontaktbörse auch in seinen Regionalausgaben z.B. im Bergischen Land und im Rhein-Sieg-Kreis.
Die Initiative der Sozialbank geht weiter: Sie berichtet u.a. in ihrer Kundenzeitschrift „BFS-Info“ regelmäßig über die Kontaktbörse und animiert ihre Kunden, in ihrer Region selbst aktiv zu werden. Alle Argumente und Unterlagen, die in Köln zum Erfolg geführt haben, bekommen Interessierte von der Bank. Das Interesse ist groß. So werden nach und nach in verschiedenen deutschen Städten erfolgreich Helferbörsen über die lokale Tageszeitung realisiert. Allerdings gibt es immer wieder auch Interessierte, die die Idee nicht weiterverfolgen, weil nicht nur der eigene Verband von der Vermittlung profitiert, sondern alle gemeinnützigen Organisationen vor Ort.
Die Vision der Sozialbank, dass über die Helferbörsen der Tageszeitungen langfristig ein Netz von Kontaktstellen für ehrenamtliche soziale Arbeit entstehen könnte, erfüllt sich leider nicht. Auch der „Kölner Stadt-Anzeiger“ stellt nach etwa anderthalb Jahren seine „Kontaktbörse“ ein, denn soziale Einrichtungen schicken immer weniger Gesuche an die Redaktion. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Frage, wie man genügend ehrenamtliche Mitarbeiter*innen findet, gelöst ist.
Die Bank startet daher neue Initiativen, um ihre Kunden zu unterstützen: Sie veranstaltet u.a. Workshops rund um das Thema „Zukunft des Ehrenamtes“ und veröffentlicht mit dem „Konzeptheft Ehrenamt“ eine Hilfestellung für die systematische Akquisition und Integration ehrenamtlicher Mitarbeiter*innen. Über Vorträge und Publikationen macht sie ihre Kunden mit den internationalen Erfahrungen in der Freiwilligenarbeit und dem in den Niederlanden bereits etablierten System der national organisierten Freiwilligenzentralen vertraut.
Mitte der neunziger Jahre nimmt die Sozialbank die besonderen Herausforderungen in den Blick, die mit der Bestellung ehrenamtlicher Vorstände verbunden sind: Diese treffen in den Vereinen die Entscheidungen, sind aber z. B. mit rechtlichen und steuerlichen Fragen oft nicht vertraut. Auch die Zusammenarbeit zwischen hauptamtlicher Geschäftsführung und ehrenamtlichem Vorstand ist nicht immer einfach. Vor diesem Hintergrund veröffentlicht die Bank in ihrem Verlag eine Arbeitshilfen-Serie für ehrenamtliche Vorstände, die bis weit in die 2000er Jahre immer wieder aktualisiert und neu aufgelegt wird. Vereinzelte Nachfragen nach einer Neuauflage kommen bis heute.
Insgesamt mehr als zehn Jahre begleitet die Sozialbank die Wohlfahrtsverbände so mit immer neuen Impulsen – bis es so viele professionelle Akteure auf dem Feld des Freiwilligenmanagements gibt, dass sie sich anderen Themen zuwendet. Erst viele Jahre später wird die Bank erneut aktiv: Sie kooperiert Mitte der 2010-erJahre mit der Kölner Freiwilligenagentur im Rahmen des „Marktplatz für gute Geschäfte“ und erweitert 2020 ihr Spendenportal www.sozialspende.de um die Vermittlung ehrenamtlicher Mitarbeiter*innen: www.sozialspende.de/ehrenamt.
Weitere Geschichten aus der 100-jährigen Geschichte der Bank für Sozialwirtschaft, Zeitzeugenvideos, eine Chronik und vieles mehr finden Sie auf der Jubiläumswebsite:
www.gemeinsam-sozial-wirksam.de
Lesen Sie auch die Geschichte „Die BFS als Spendenbank“:
www.gemeinsam-sozial-wirksam.de/geschichte/die-bfs-als-spendenbank
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Senior Referentin Unternehmenskommunikation
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