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Ob Videotelefonie mit der Familie, Online-Termine bei Ämtern oder Videosprechstunden mit der ärztlichen Praxis – digitale Kompetenz wird gerade für die ältere Generation immer wichtiger. Spätestens die Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie haben das vielen unmissverständlich vor Augen geführt. Dennoch sind die Voraussetzungen für die digitale Teilhabe älterer Menschen noch nicht überall gegeben, fand der „Achte Altersbericht“ heraus und kritisiert: „Häufig fehlt es am nötigen Wissen, an ratgebender Unterstützung oder an Geld, um sich digitale Geräte anzuschaffen.“ Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse des Projekts „Digital-Kompass plus: Internetlotsen vor Ort und im Netz stärken“ von besonderem Interesse.
Realisiert wurde das Projekt in der Zeit von 2018 bis 2022 durch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. (BAGSO) und „Deutschland sicher im Netz e.V. (DsiN). Zu diesem Zweck entstanden im gesamten Bundesgebiet 100 Standorte, meist innerhalb von etablierten Einrichtungen. Dort arbeiteten Standortverantwortliche bzw. Koordinierende gemeinsam mit ehrenamtlichen Internetlots*innen daran, niedrigschwellige Angebote für Senior*innen zu entwickeln, zu bewerben und durchzuführen.
Zwei Ziele standen im Zentrum des Vorhabens: Ältere Menschen für die wachsende Bedeutung der digitalen Welt zu sensibilisieren und sie zu einer Nutzung von Endgeräten und Diensten zu befähigen.
Das Institut für Sozialökonomische Strukturanalysen (SÖSTRA) in Berlin übernahm die Evaluation und ging zunächst der Frage nach, ob spezielle Angebote für Senior*innen tatsächlich benötigt werden. Die Auswertung der Interviews spricht dafür. Danach gibt es noch immer viele ältere Menschen, die den Stellenwert digitaler Technologien noch nicht wirklich erkannt haben. In einem ersten Schritt müsse man diesen Personenkreis in angemessener Form ebenso über Chancen wie über Risiken, etwa in Sicherheitsfragen, aufklären, so der Evaluationsbericht.
Die Angebote sollten zudem unterschiedliche Lernbedürfnisse berücksichtigen und auf spezifische (geragogische) Lernformate setzen. Davon könnten beispielsweise diejenigen profitieren, die bereits seit längerem aus dem Arbeitsleben ausgeschieden sind, heißt es.
Bei der Konzeption der Schulungen wurde darauf geachtet, dass diese niedrigschwellig, lebensweltorientiert, altersgerecht wohnortnah sowie kostenlos bzw. kostengünstig sind und somit den Bedarfen älterer Menschen entsprechen. Angebote wie der Digital-Kompass sollten – laut Evaluationsbericht – nicht nur zeitlich befristet, sondern langfristig und kontinuierlich vorgehalten werden, was wie folgt begründet wird:
Wie die Evaluation bestätigt, konnte das Digital-Kompass-Projekt die Erwartungen der älteren Zielgruppe erfüllen. Diese setzte sich zu zwei Dritteln aus weiblichen und einem Drittel aus männlichen Teilnehmenden zusammen. Knapp zwei Drittel waren 70 Jahre und älter, 11 Prozent waren 80 Jahre und älter.
Ein wichtiges Ergebnis des Projekts: Lernformate kamen besonders gut an, wenn sie nicht zu viele Kenntnisse voraussetzen, praxisorientiert ausgerichtet waren, sich auf das Wesentliche konzentrierten und auf (Zeit-)Druck verzichteten.
Eine positive Bilanz zogen auch die befragten Standorte. Vielen gelang es, die Angebote zu verstetigen, deren Anzahl zu erhöhen und mehr Interessierte zu erreichen. „Zusätzlich hat mehr als jeder dritte Standort (rund 38 Prozent) den Aufbau weiterer Standorte im näheren Umfeld erreicht“, heißt es im Evaluationsbericht.
Als „erfolgskritische Faktoren“ gelten ein guter Zugang zu Senior*innen, eine gute Erreichbarkeit, eine hohe Bekanntheit in der Region sowie Erfahrungen in der Projektarbeit. Die Bereitstellung von Materialien, Qualifizierungen und Öffentlichkeitsarbeit durch die BAGSO und die DisN werden als weitere Erfolgsfaktoren genannt.
Zugleich wurden Schwachstellen sichtbar. So erwies es sich beispielsweise als schwierig, die gewünschte Anzahl an Internetlots*innen zu gewinnen. Hinzu kamen unzureichende Personalkapazitäten sowie die technische Ausstattung, die mancherorts zu wünschen übrig ließ.
Dennoch wollen neun von zehn Standorten ihre Arbeit nach der Projektphase fortführen, verbunden mit der Absicht, sich auf der Grundlage bisheriger Erfahrungen neuen Zielen zuzuwenden.
Nach Einschätzung der Verantwortlichen an den Standorten konnten die Trägerorganisationen, wie etwa Seniorenbüros, Mehrgenerationenhäuser und Wohnungsbauträger, auf vielfältige Weise von dem Projekt profitieren. So habe der „Digital-Kompass“ unter anderem dazu geführt, deren Angebotspalette zu erweitern, die Angebotsqualität zu verbessern und die Bekanntheit der Trägereinrichtungen zu erhöhen.
Die Wirksamkeit der Initiative sieht der Evaluationsbericht nicht zuletzt durch einen Blick in den „Achten Altersbericht“ bestätigt: „Bereits bei der Konzipierung und Umsetzung des Projektes Digital Kompass wurden viele der von der Sachverständigenkommission zum Achten Altersbericht entwickelten Empfehlungen vorweggenommen.“
Autorin: Michaela Allgeier
BAGSO Service Gesellschaft mbH, Deutschland sicher im Netz e.V.: Digital-Kompass plus: Seiner Zeit einen Schritt voraus (Abschlussevaluation), 2022, Download
BMFSFJ: Ältere Menschen und Digitalisierung. Erkenntnisse und Empfehlungen des Achten Altersbericht, Download
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