Page 22 - Sozialus 3-2021
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 VERANSTALTUNGSHINWEISE
 Kongress der Sozialwirtschaft
Ein Wort zum ökologischen Fußabdruck
 Coronabedingt wurde der 12. Kongress der Sozialwirtschaft von 2021 auf 2022 verschoben. Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, bieten die Veranstalter vier digitale Formate an, bei denen sich die Teilnehmer*innen per Chat austau- schen und mitdiskutieren können. Den Auftakt machte am 29. April 2021 der renommierte Umweltwissenschaftler Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker. Mit knapp 60 zuge- schalteten Personen teilte er sein profundes Wissen und seine Überzeugungen zum Thema „Ökologischer Fußabdruck“.
„Der Natur geht es wahnsinnig schlecht“, sagte von Weizsäcker gleich zu Beginn. „Alle Ressourcen verbraucht der Mensch.“ Ein Beispiel veranschaulicht den besitzergreifenden Wandel: Setzt man das Gewicht aller Menschen und Wirbeltiere in Relation, so bestand vor 2000 Jahren ein Verhältnis von 95% Wildtiere, 3 % Haustiere und 2 % Menschen. Heute sei es genau umgekehrt. „Das darf nicht so weitergehen!“, betont von Weizsäcker. Wenn alle Menschen auf der Erde so viel ver- brauchten wie in Deutschland, dann bräuchte man drei Erd- bälle. Bei den USA seien es bereits sieben und auch China benötige schon fast zwei Erdbälle. Die Entwicklungsländer drängten nach.
Klimaschutz ist immer ein Stück Außenpolitik
Doch was kann man im Großen ernsthaft für den Klimaschutz tun? Man müsse in den Entwicklungsländern ansetzen, meint von Weizsäcker, es ihnen schmackhaft machen, auf klima- freundliche Art zu wachsen statt die Fehler der Industriena- tionen zu wiederholen. Das habe einen viel größeren Effekt, als die Klimapolitik in Deutschland je erreichen könne. Daher sei Klimaschutz immer auch ein Stück Außenpolitik.
Der frühere Bundestagsabgeordnete plädiert für den Budget-
ansatz, den er zusammen mit dem wissenschaftlichen Beirat
der Bundesregierung vorgeschlagen hat. Dieser sieht vor, dass
alle Länder der Welt pro Kopf dasselbe Budget an CO2 in der
Atmosphäre erhalten. Während die Industrieländer ihr Budget
schon verbraucht haben, verfügen die Entwicklungsländer
noch über freie Kapazitäten. Diese können sie in Form von
Lizenzen an die Industrieländer verkaufen. „Dann kommen
vermutlich CO -Preise heraus, die deutlich höher liegen als 2
von der Bundesregierung beschlossen“, erklärt von Weizsäcker. So würden auch die Entwicklungsländer mehr erneuerbare Energien nutzen und ihre Energieeffizienz verbessern. „Es geht nur über den Preis“, bekräftigt der Wissenschaftler und wiederholt den Slogan, den er bereits vor 30 Jahren geprägt hat: „Die Preise müssen die ökologische Wahrheit sagen.“ Erst dann werden Ingenieure und Unternehmen wirklich kreativ und innovativ werden, um CO2 einzusparen.
Sozialverträgliche Energiewende
Die Energiepreise anzuheben ist jedoch sehr unpopulär. Von Weizsäckers Vorschlag: Den Preisanstieg an die Energieeffizi- enz koppeln. Dann werde die Energie jedes Jahr genau um die Summe teurer, die über den geringeren Verbrauch eingespart wurde. Dies wäre eine praktikable Maßnahme, um eine Balance zwischen dem Verbrauch und der Regenerationsfähigkeit der Natur herzustellen. Ein Sozialtarif könne dafür sorgen, dass die Vermögenden die Hauptlast der Kosten tragen. In der Schweiz, in Schweden und Kanada sei die CO -Steuer bereits sozialver-
der ökologischen Nachhaltigkeit müssen in einer vernünftigen Balance sein“, ist von Weizsäcker überzeugt.
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träglich eingeführt. „Das Prinzip Gerechtigkeit und das Prinzip
Bildnachweis: Christiane Frahm











































































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