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In einer aktuellen Studie greift die Körber-Stiftung zwei als Megatrends bezeichnete Phänomene auf: die Alterung der Gesellschaft und die Digitalisierung. Dort lässt sich nachlesen, was sich Menschen ab 50 Jahren vom digitalen Fortschritt erhoffen. Befürchtungen und Ängste kommen ebenfalls zur Sprache. Die Grundlage bilden 1.118 repräsentative Interviews, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Dezember 2023 und Januar 2024 geführt hat. Eine grundsätzliche Erkenntnis: Die Babyboomer-Generation ist im Alter keineswegs per se technikfeindlich. Doch sie erwartet, dass ihre Bedürfnisse bei der Entwicklung neuer Anwendungen angemessen berücksichtigt werden.
Das positive Potenzial der Digitalisierung ist der Studie zufolge kein Selbstläufer. Es könnten zukünftig immer mehr Menschen von der digitalen Teilhabe und somit von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen werden, befürchten die Autor*innen. Als Einflussfaktoren gelten neben dem sozio-ökonomische Status auch das konkrete Alter der Befragten. Denn es macht in der Regel einen Unterschied, ob es sich um 50-Jährige oder 80-Jährige handelt.
Derzeit ist die Mehrheit derjenigen, die an der Untersuchung teilnahmen, mit ihren Leben insgesamt zufrieden bis völlig zufrieden. Ganz oben auf der Wunschliste steht die Hoffnung, möglichst lange eigenständig zu leben (96 Prozent) sowie körperlich und geistig fit zu sein (93 Prozent). Erst mit einigem Abstand folgt eine gute medizinische Versorgung mit Ärzt*innen und Krankenhäusern in der Nähe des eigenen Wohnorts (70 Prozent) sowie eine gute Infrastruktur (69 Prozent).
Und wie sieht es im Bereich der Technik aus? Was bietet sie aus Sicht älterer Verbraucher*innen, um ihnen das Leben zu erleichtern?
Von diesem Ergebnis ist Prof. Dr. Hans-Werner Wahl, Psychologe, Seniorprofessor und Direktor beim „Netzwerk Alternsforschung“ an der Universität Heidelberg, überrascht: „Eigentlich von der Technik- und Alternsforschung erwartete Potenziale digitaler Lösungen gerade bei kränkeren Älteren scheinen bei diesen noch wenig angekommen zu sein.“
Für die Altersgruppe 50plus identifiziert die Studie vier Nutzergruppen:
Insbesondere am Potenzial der Künstlichen Intelligenz scheiden sich offenbar die Geister, wie die Untersuchungsergebnisse zeigen. Zwar weiß die Bevölkerung ab 50 Jahren, dass KI schon heute in zahlreichen Geräten und anderen Anwendungsbereichen eingesetzt wird. Trotzdem kann sich die große Mehrheit der Generation 50plus nicht vorstellen, dass sich KI nennenswert auf ihr Leben im Alter auswirkt bzw. von Nutzen sein wird. Die Gruppe der technikaffinen Älteren sieht dies erwartungsgemäß anders.
Zu den unterschiedlichen Expert*innen, die im Rahmen der Studie einen begleitenden Blick auf die Möglichkeiten der digitalen Entwicklung werfen, gehört auch Dr. Nataliya Kosmyna. Sie forscht am Massachusetts Institute of Technology zu Gehirn-Computer-Schnittstellen. Als ein Praxisbeispiel nennt sie sogenannte Gehirn-Computer-Schnittstellen (Brain-Computer-Interfaces: BCI). Diese Technologie ermögliche es Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen wie ALS, etwa Haushaltsgeräte mit ihren Gehirnsignalen zu steuern, schreibt sie in ihrem Beitrag. Ein weiteres Anwendungsfeld ist ihrer Ansicht nach das kontinuierliche Monitoring von Gesundheits- und Vitaldaten zum Zwecke der Früherkennung von Erkrankungen.
Es gibt jedoch auch warnende Stimmen. Da in diesem Jahr weltweit bedeutsame Wahlen anstehen, macht Mina Saidze, KI-Expertin, Autorin und Gründerin, auf das wachsende Risiko einer Verbreitung von Desinformationen aufmerksam. Sie befürchtet, dass gerade ältere Menschen aufgrund einer oft geringeren Erfahrung mit digitalen Plattformen Opfer von Fake News werden könnten. Deshalb sei es notwendig, die digitale Teilhabe von Älteren durch spezifische Bildungsprogramme sowie durch digitale Barrierefreiheit zu fördern. Für wegweisend hält Saidze eine Regelung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG): Danach müssen Websites, die elektronische Dienstleistungen beinhalten, wie etwa Kontaktaufnahme für Kundengespräche, ab Juni 2025 barrierefrei gestaltet sein. „Indem wir Programme zur digitalen Bildung priorisieren und inklusive Designpraktiken fördern, können wir die Weisheit und Erfahrung älterer Menschen nutzen und die digitale Kluft überwinden“, so ihre Empfehlung.
Jonathan Petzold, Programmleiter Alter und Digitalisierung in der Körber-Stiftung, ist überzeugt, dass Technologie durch KI „zugänglicher und inklusiver“ wird. Zugleich räumt er ein: „Unsere Utopie eines Lebens, in dem Technologie dem Menschen angepasst ist, muss sich erst noch entwickeln.“ Zu diesem Zweck hat er eine To-Do-Liste erstellt, die sich an die eigentliche Zielgruppe ebenso wendet wie an Politik und Wirtschaft.
„Uncover: Smart Ageing. Gut alt werden im digitalen Wandel", Herausgeber: Körber-Stiftung, Hamburg, erstellt von Körber-Stiftung und Institut für Demoskopie Allensbach, Mai 2024, Download
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