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Sie kamen, tüftelten und siegten: Mit ihrer „Drotain“-Notfalldrohne räumten drei Teenager den ersten Preis beim „Healthcare Hackathon“ in Kiel ab. Die 16-jährigen Österreicher programmierten ihr Fluggerät so, dass es im Notfall – etwa in den Bergen – Unfallopfer aufspürt, Hilfspakete abwirft und Lagefotos an Rettungskräfte übermittelt. Beim Programmierwettbewerb, den das Universitätsklinikum Schleswig- Holstein (UKSH), IBM Deutschland, Cisco und die Kieler Nachrichten im September abhielten, waren 18 Hacker-Teams mit 150 Teilnehmern angetreten. Gesucht und gefunden wurden innovative Lösungen für medizinische Herausforderungen von morgen. Einige sollen jetzt in der UKSH auf Praxistauglichkeit erprobt werden.
Ein Hackathon (zusammengesetzt aus „Hack“ und „Marathon“) ist ein Programmier-Wettstreit mit vielen IT-Freaks, Laptops und Pizzaschachteln. Gute Ausdauer ist Pflicht – in Kiel zog sich der Event über 30 Stunden hin und war der europaweit größte seiner Art. Die besten Ideen wurden mit Preisgeldern von insgesamt 31.000 Euro prämiert.
Platz 2 ging an das Team „Patientennotiz“. Sprachgesteuerte Assistenzsysteme sollen Dokumentationsabläufe in Krankenhäusern und Pflegeheimen effizienter organisieren. Das Team „Avatar-Challenge“ holte Platz 3. Bei diesem Projekt führt ein Roboter den Patienten mittels digitalem Armband und sprachgesteuerter Künstlicher Intelligenz durch den Anmeldeprozess im Krankenhaus. Den 4. Preis heimste das Team „EmergAssist“ für sein digitales Notrufsystem ein. Der Publikumspreis ging an das Team „Intelligent Health Box“. Eine kleine elektronische Schaltzentrale unterstützt Patienten bei der Medikamenteneinnahme, stellt den Kontakt zu Familie oder Arzt her und verwaltet Gesundheitsdaten. Weitere herausragende Entwürfe:
Diese Beispiele zeigen, dass der Kieler Hackathon nicht einfach nur ein Happening programmierfreudiger Nerds war, sondern eher ein Wettstreit um nachhaltige Problemlösungen für die Gesundheitsbranche. Unter den Bewertungskriterien der Jury standen denn auch Nutzen (Applicability), Nutzerfreundlichkeit (Usability) und das Geschäftspotenzial (Business-Potential) weit oben. Einzelne Projekte sind jetzt schon Impulsgeber für innovative Veränderungen im UKSH, erläutert Dr. Christian Elsner, Kaufmännischer Direktor, gegenüber BFS-Trendinfo: „Wir sehen das ganz konkret. Aktuell werden aus den Bereichen Notfallmedizin und tastaturloses Krankenhaus praxistaugliche Initiativen vorbereitet, die beim Hackathon entstanden sind und mit den Teams und externen Partnern weiterentwickelt werden.“
Der Healthcare Hackathon war in die Publikumsmesse „Gesundheit morgen“ eingebettet. Die Besuchermagneten reichten vom Pflegeroboter „Zora“ (BFS-Trendinfo 11/2017) über den digitalen Seziertisch und das robotergestützte Chirurgie-System „da Vinci“ bis zum Hightech-Bus als mobiler Arztpraxis für unterversorgte Regionen. Wichtig ist den Veranstaltern dass Zusammenspiel beider Veranstaltungen: „Ich glaube, dass wir auf diese Weise bei vielen Besuchern Ängste vor E-Health genommen haben und aufzeigen konnten, dass die Digitalisierung für den Patienten tolle Chancen bietet“, begründet Elsner das Format.
Im Anschluss an den Healthcare Hackathon wollen die Veranstalter ihre Kooperation ausbauen. Zum 1. Oktober 2017 gründeten daher das UKSH und IBM einen Innovation Hub mit Büros in Kiel, Lübeck und Hamburg. „Der Hub fungiert als Marktplatz für digitale Innovationen und verfügt mit eigenen Entwicklern auch über das Potenzial, gezielt Projekte zu realisieren“, heißt es dazu. Ein weiterer Schritt in die digitale Zukunft ist die unter UKSH-Schirmherrschaft entwickelte Notfall-App „Meine Stadt rettet“. Sie alarmiert bei Herzstillstand freiwillige Ersthelfer und leitet sie zum Einsatzort. Die App ist seit April 2017 in Lübeck im Probebetrieb, seit Oktober ist die Leitstelle West angeschlossen (rund 500.000 Menschen). Weitere Leitstellen im Bundesland sollen in den kommenden Monaten folgen.
„Die Digitalisierung schafft die Grundlage für eine bessere Diagnostik und Therapie. Im Gesundheitswesen sind wir jedoch noch nicht da angekommen, wo wir in vielen anderen Bereichen unseres Lebens bereits sind“, moniert UKSH-Vorstandschef Prof. Jens Scholz. „Um die Chancen der Digitalisierung, der künstlichen Intelligenz und der Robotik für unsere Patienten zu nutzen, haben wir uns am UKSH für einen Kulturwandel entschieden. Wir möchten Vorreiter sein, um die Anwendung von Big Data, Apps und Virtual Reality konkret nutzbar zu machen.“ Der Healthcare Hackathon ist ein Schritt auf dem Weg dorthin. Die Veranstaltung solle künftig noch weitentwickelt werden, müsse aber „locker“ bleiben und dürfe aber niemals zu einem „durchgestylten, perfekt geplanten Kongress“ werden, ergänzt UKSH-Kollege Elsner. „Man muss stets improvisieren und agil handeln, denn das liegt nun mal in der Natur des digitalen Wandels.“
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